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Der Bibelvers, der der Wortverkündigung am Sonntag dieser Woche zugrunde liegen soll, ist dem 5. Kapitel des Römerbriefes (zum Hintergrund des Römerbriefes siehe: Klick!) entnommen und wird nachfolgend in seinem Kontext betrachtet:
“Da wir nun gerechtfertigt worden sind aus Glauben, so haben wir Frieden mit Gott durch unseren Herrn Jesus Christus, durch den wir mittels des Glaubens auch den Zugang haben zu dieser Gnade, in der wir stehen, und rühmen uns in der Hoffnung der Herrlichkeit Gottes. Nicht allein aber das, sondern wir rühmen uns auch der Trübsale, da wir wissen, dass die Trübsal Ausharren bewirkt, das Ausharren aber Bewährung, die Bewährung aber Hoffnung; die Hoffnung aber beschämt nicht, denn die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsere Herzen durch den Heiligen Geist, der uns gegeben worden ist. Denn Christus ist, da wir noch kraftlos waren, zur bestimmten Zeit für Gottlose gestorben. Denn kaum wird jemand für einen Gerechten sterben; denn für den Gütigen könnte vielleicht noch jemand zu sterben wagen. Gott aber erweist seine Liebe zu uns darin, dass Christus, da wir noch Sünder waren, für uns gestorben ist. Viel mehr nun, da wir jetzt durch sein Blut gerechtfertigt sind, werden wir durch ihn gerettet werden vom Zorn. Denn wenn wir, da wir Feinde waren, mit Gott versöhnt wurden durch den Tod seines Sohnes, so werden wir viel mehr, da wir versöhnt sind, durch sein Leben gerettet werden. Nicht allein aber das, sondern wir rühmen uns auch Gottes durch unseren Herrn Jesus Christus, durch den wir jetzt die Versöhnung empfangen haben.“
(Römer 5, 1 – 11 ELBEDHÜ; z. Vgl. LUTH’84)
Zum Hintergrund 1: Der Begriff der Rechtfertigung
Was ist unter dem biblischen Begriff der Rechtfertigung zu verstehen? Das griechische Wort “δίκαιος“ (“dikaios“), das wir an zahlreichen Stellen im Römerbrief finden (Römer 2, 13; Römer 3, 4 + 20 + 24 + 26 +28 + 30; Römer 4, 2 + 5 + 25; Römer 5, 1 + 9 + 18; Römer 8, 30 + 33) bedeutet “rechtfertigen“, “für gerecht erklären“, “als gerecht behandeln“, “freilassen“ und kann auch mit “freisprechen“ übersetzt werden.
Der Begriff “Rechtfertigung“ findet sich in Römer 4, 25 und Römer 5, 18. Das griech. Wort “δικαίωσις“ (“dikaiosis“) kann mit “Gerechterklärung“, “Freispruch“ oder “Freilassung“ übersetzt werden. Die Rechtfertigung des Sünders durch Gott schließt die Vergebung der Sünden mit ein, geht aber weit darüber hinaus: Die Rechtfertigung macht den Menschen “passend für Gott“, sie versetzt ihn in eine neue Stellung vor Gott. Der Gerechtfertigte wird von Gott so betrachtet, als habe er niemals gesündigt.
Zum Hintergrund 2: Rechtfertigung im Römerbrief
Im Römerbrief ist die Rechtfertigung aus dem Glauben an Jesus Christus eines der zentralen Themen:
Römer 1, 1 – 17 stellen eine Einleitung dar, in der Paulus den Grund und das Thema seines Briefes beschreibt.
In Römer 1, 18 – Römer 3, 20 erläutert der Apostel, dass alle Menschen der Rechtfertigung von Gott bedürfen, weil jeder Mensch grundsätzlich ohne Beziehung zu Gott lebt.
In Römer 3, 21 – Römer 5, 21 erklärt Paulus, wie dem Menschen die Gerechtigkeit Gottes zugerechnet wird (“aus Gnade, mittels des Glaubens“; Römer 3, 21 ff.; Epheser 2, 8 – 9) und welche Auswirkungen die Rechtfertigung für den Gläubigen in seiner Beziehung zu Gott hat: Er hat Frieden mit Gott, Zutritt zu Gott und Befreiung vom Gericht Gottes (Römer 5, 1 – 21), um nur einige wenige Punkte zu nennen.
Die Kapitel 6, 7 und 8 zeigen die neue Stellung auf, in die der Gläubige durch die Rechtfertigung gebracht ist: seine neue Stellung gegenüber der Sünde (Römer 6), seine neue Stellung gegenüber dem Gesetz (Römer 7) und seine neue Stellung in Gott (Römer 8).
In Römer 9 – 11 macht Paulus deutlich, dass die Lehre, dass alle Menschen (Juden wie Nationen) vor Gott Sünder sind und Rechtfertigung allein durch den Glauben an Jesus Christus empfangen (vgl. Römer 3, 20 – 24), die Israel von Gott gegebenen besonderen Verheißungen nicht ungültig macht.
Von Römer 12, 1 bis Römer 15, 13 folgt dann eine ausführliche Belehrung darüber, wie das Leben des Gerechtfertigten ganz praktisch aussieht. Weil der Gläubige in der Erlösung (Johannes 3, 1 – 6) nicht nur Vergebung seiner Schuld, sondern auch neues Leben aus Gott (ein neues “Wesen“, Römer 7, 6) empfangen hat, kann er jetzt auch anders Leben, ein anderes, neues Verhalten kultivieren (Römer 6, 4).
Anmerkungen zu Römer 5, 1 – 11
* “Da wir nun gerechtfertigt worden sind aus Glauben, so haben wir Frieden mit Gott durch unseren Herrn Jesus Christus, (…)“ – Römer 5, 1 – Paulus hat in den Kapiteln zuvor die Frage beantwortet, ob die Rechtfertigung vor Gott durch den Glauben kommt oder ob sie durch Werke geschieht. Die Antwort des Apostels ist eindeutig: Jeder Mensch kann nur aus Gnade mittels des Glaubens an das stellvertretende, vollbrachte Opfer Jesu Christi gerechtfertigt werden.
Der Mensch, der als Sünder ein Feind Gottes war, lebt nun als Gerechtfertigter in Frieden mit Gott. Der Grund dafür ist das Erlösungswerk Jesu Christi am Kreuz von Golgatha. Denn dort hat Jesus Christus “Frieden gemacht durch das Blut Seines Kreuzes“ (vgl. Kolosser 1, 20). Dieser Friede ist kein Gefühl, sondern eine (juristische) Tatsache: Der Sünder, der bisher unter dem Zorn und Gericht Gottes stand (Römer 1, 18; Epheser 5, 6; Kolosser 3, 6; Römer 2, 5) wird nun aus Gnade mittels des Glaubens an das vollbrachte Werk Christi gerechtfertigt. Der Zustand der Feindschaft wird beendet. Weil Jesus Christus, der Sohn Gottes, das gerechte Gericht, das den Sünder getroffen hätte, auf sich genommen hat, muss der Gerechtfertigte nun nicht mehr das Gericht Gottes fürchten, sondern kann sich an dem Frieden mit Gott erfreuen (Philipper 4, 7). Dieser Friedenszustand ist nur aufgrund des stellvertretenden Todes Jesu Christi möglich (vgl. Epheser 2, 14; Kolosser 2, 14).
* “(…) durch den wir mittels des Glaubens auch den Zugang haben zu dieser Gnade, in der wir stehen, und rühmen uns in der Hoffnung der Herrlichkeit Gottes.“ – Römer 5, 2 – Hier nennt uns der Apostel Paulus die dritte Segnung der Rechtfertigung: Der gerechtfertigte Mensch ist nicht nur in einen neuen Zustand vor Gott versetzt, er hat nicht nur Frieden mit Gott, sondern auch Zugang zu Gott! Durch Jesus Christus erfreuen wir uns einer dauerhaften Beziehung zu Gott unserem Vater und durch Ihn, unseren Erlöser, haben wir auch uneingeschränkten, direkten Zugang zu Gott (Hebräer 4, 16; Epheser 2, 17 – 18; Epheser 3, 12; Hebräer 7, 25; Hebräer 10, 19 + 22; Römer 3, 25; Jesaja 59, 2 i.V.m. Matthäus 27, 51 – 54; vgl. auch: “Durchgehend geöffnet“: Klick!). Wenn Paulus von “der Gnade, in der wir stehen“ spricht, dann meint er damit jene neue Stellung, in die wir durch die Gnade Gottes aufgrund des Erlösungswerkes Christi gebracht wurden. Das Fundament, auf dem wir nun stehen, ist die Gnade Gottes! Und die Gnade Gottes ist das einzige sichere Fundament für einen Gläubigen. Wäre unser Stand vor Gott von unseren Werken abhängig, wie unsicher wäre das! Das wäre kein Fundament, das wäre Treibsand! Doch nun stehen wir auf dem festen Fundament der Gnade Gottes. Wir sind “begnadigt in dem Geliebten“ (Epheser 1, 6). Er hat alles für uns vollbracht und aus Gnade wird uns, die wir glauben, Sein Werk zugerechnet (Römer 4, 24; Epheser 1, 19). Alles, was unsere Beziehung zu Gott ausmacht/beinhaltet, ist von der Gnade bestimmt. Und in diese Gnadenstellung wurden wir durch die Rechtfertigung versetzt.
Darum kann sich der Christ auch zuversichtlich “in der Hoffnung der (zukünftigen) Herrlichkeit Gottes“ rühmen. Schon heute kann sich der Gläubige auf den Zeitpunkt freuen, an dem er endlich für immer in der direkten Gegenwart Gottes stehen wird (vgl. 1. Korinther 13, 12).
* “Nicht allein aber das, sondern wir rühmen uns auch der Trübsale, da wir wissen, dass die Trübsal Ausharren bewirkt, das Ausharren aber Bewährung, die Bewährung aber Hoffnung; (…)“ – Römer 5, 3 – 4 – Doch die Freude des Christen ist nicht nur auf die Zukunft ausgerichtet. Sie ist bereits im gegenwärtigen Leben, jetzt und hier, eine bestimmende, große Kraft des Gläubigen (Nehemia 8, 10; Jesaja 12, 2). Das Evangelium verheißt und garantiert uns zwar Frieden mit Gott, jedoch verheißt es uns nicht zwangsläufig ein friedliches Leben auf dieser Erde. Ganz im Gegenteil. Durch alle Jahrhunderte der 2.000jährigen Geschichte des Christentums wurden die Jünger Jesu um ihres Glaubens willen bedrängt, verfolgt und auch getötet. Die Heilige Schrift spricht an vielen Stellen davon, dass diese Leiden Teil unserer Identifikation mit dem von dieser Welt verworfenen Erlöser Jesus Christus sind (vgl. Apostelgeschichte 14, 22; Hebräer 13, 3; Römer 8, 17; 2. Timotheus 2, 12; 2. Timotheus 3, 12). Doch als gerechtfertigte, in der Gnade Gottes stehende Kinder Gottes, lernen wir diese Bedrängnisse und Leiden aus der Perspektive unseres neuen Lebens mit Gott zu betrachten. Wir können uns inmitten dieser Bedrängnisse und Leiden freuen, weil wir wissen, dass diese Glaubensprüfungen in unserem Leben Glaubensbewährung hervorbringen (Jakobus 2, 1 – 2; vgl. “Glaubensprüfung & Glaubensbewährung“: Klick!), unsere Beziehung zu Gott festigen und vertiefen (1. Petrus 4, 13 + 19; 2. Timotheus 1, 12), sowie uns dem Bildnis Christi ähnlicher werden lassen (Philipper 3, 10; Römer 8, 29).
Durch die Kraft der Gnade (Klick!) und den beständigen Blick auf unseren Erlöser (Hebräer 12, 2 – 3) wird es uns nicht nur möglich sein, in diesen Bedrängnissen auszuharren, vielmehr werden wir uns in diesen Bedrängnissen bewähren können. Gottes Ziel ist es, dass sich unser Glaube in diesen Prüfungen bewährt. Durch die Kraft der Gnade wird der Gläubige befähigt, wachstumshaft die neun Aspekte der einen Frucht des Geistes (Galater 5, 22) hervorzubringen und durch sein umgestaltetes Leben Jesus Christus der Welt zu bezeugen. Diese Bewährung unseres Glaubens führt zur Hoffnung.
Biblische Hoffnung hat nichts mit Optimismus oder positivem Denken zu tun. Hoffnung ist – biblisch gesehen – eine „gewisse Zuversicht“ (nicht: ich hoffe es, aber höchstwahrscheinlich wird es anders kommen, sondern wirkliche Gewissheit). Der Unterschied zwischen dem, was Hoffnung im biblischen Kontext bedeutet und dem, was wir landläufig als „Hoffnung“ bezeichnen, ist so groß, dass es im Grunde zwei Sachen sind:
“Im Gegensatz zum umgangssprachlichen Gebrauch beinhaltet der neutestamentliche Gebrauch des Wortes keinerlei Ungewissheit; es spricht von etwas als gesichert Feststehendem, das nur noch nicht verwirklicht ist. Die endgültige Bestimmung des Gläubigen ist es, an der Herrlichkeit Gottes teilzuhaben (Römer 8, 29 – 30; Johannes 17, 22; 2. Korinther 3, 18; Philipper 3, 20 – 21; 1. Johannes 3, 1 – 2) und diese Hoffnung wird Wirklichkeit werden, weil Christus selbst sich dafür verbürgt (1. Timotheus 1, 1). Ohne die deutlichen und feststehenden Verheißungen des Wortes Gottes hätte der Gläubige keine Grundlage für eine Hoffnung (Römer 15, 4; Psalm 119, 81 + 114; Epheser 2, 12; vgl. Jeremia 14, 8).“¹
Wenn wir sagen, dass wir hoffen, dann gibt es immer die Alternative, dass unsere Hoffnung (auf einen neuen Arbeitsplatz, auf einen Gewinn im Lotto, auf die „große“ Liebe) nie Wirklichkeit wird. Das biblische Verständnis von Hoffnung kennt diese Alternative nicht. Es braucht diese Alternative auch nicht. Denn die biblische Hoffnung gründet sich auf das, was Gott versprochen hat. Er steht zu Seinem Wort und wird es einlösen.
Der bewährte Gläubige hat diese Hoffnung, d.h. diese Gewissheit, weil er in dem Prozess der Bedrängnisse, des Ausharrens und der Bewährung immer wieder die bewahrende, liebevolle Fürsorge Gottes erlebt (2. Timotheus 4, 17; Philipper 4, 12 – 13; Römer 8, 28; 2. Chronika 16, 9; Hiob 36, 7a) und sein Vertrauen in Gott daher auch immer fester wird.
* “(…) die Hoffnung aber beschämt nicht, denn die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsere Herzen durch den Heiligen Geist, der uns gegeben worden ist.“ – Römer 5, 5 – Diese Gewissheit wird durch eine weitere Tatsache bestärkt. Durch den Geist Gottes, der in jedem Christen lebt, wurde die Liebe Gottes in unsere Herzen ausgegossen. Diese Liebe ist die Grundlage unserer Heilssicherheit. Unsere Erlösung ist nicht das Ergebnis unseres Wollens oder Bemühens (Römer 9, 16). Wäre sie das, dann könnten wir uns unserer Erlösung nie sicher und gewiss sein, da unsere Leistungen und Anstrengungen schwankend sind und wir auch immer wieder versagen. Das Neue Testaments belehrt uns, dass unsere Erlösung allein auf der Liebe Gottes gründet. Wie sehr Gott uns liebt, das hat Er eindrücklich und unüberbietbar bewiesen, als Er Seinen Sohn für uns sterben ließ, “als wir noch Feinde waren“ (Römer 5, 10). Dieser Gott, der Seinen einzigen Sohn für uns dahin gab, als wir noch Feinde waren, der sollte uns nun, da wir erlöst sind, wieder fallen lassen, wenn wir noch einmal sündigen? Nein, Sünde belastet zwar unsere Beziehung zu Gott, unserem himmlischen Vater, aber sie versetzt uns niemals wieder in den Zustand vor unserer Erlösung zurück. Der Gott, der uns liebte, als wir noch Feinde waren und Seinen Sohn für unsere Erlösung dahin gab, dieser Gott hat auch Vorsorge getroffen, damit uns geholfen werden kann, wenn wir nach unserer Erlösung sündigen sollten: Sein Sohn ist unser Erlöser und unser himmlischer Sachwalter/Fürsprecher. Als unser Sachwalter/Fürsprecher vertritt und hilft Er uns, wenn wir auf dem Weg des Glaubens fallen/sündigen (vgl. “Der Reichtum Seiner Gnade – Jesus Christus, unser Fürsprecher“: Klick!)
Doch Gottes Liebe ist nicht nur das Fundament unserer Heilssicherheit. Sie ist (auch) in unsere Herzen ausgegossen, damit wir sie beständig genießen, uns beständig an ihr erfreuen können. Durch die neue Geburt sind wir zu Kindern Gottes geworden. Gott ist unser himmlischer Vater. Zwischen Ihm und uns besteht ein untrennbares Band. Sein Geist lebt in uns (1. Korinther 6, 19), wir haben Anteil an Seiner göttlichen Natur empfangen (2. Petrus 1, 4). Dieser wunderbaren Beziehung, auf die hier tiefer einzugehen leider weder Raum noch Zeit ist, können und sollen wir uns täglich erfreuen.
Des Weiteren befähigt uns die in unsere Herzen ausgegossene Liebe Gottes, anderen auf eine Weise zu vergeben und andere in einem Maß zu lieben, wie dies mit unserer kleinen, menschlichen Liebe nie möglich wäre (Kolosser 3, 13). Dieses Leben aus Gott und die Liebe Gottes, die in unsere Herzen ausgegossen ist, befähigen uns, selbst unsere Feinde zu lieben und ihnen zu vergeben. Sie glauben das nicht? Sie halten das für ein frommes Märchen? Nun, dann haben Sie die Kraft dieses neuen Lebens und die ausgegossene Liebe Gottes einfach noch nicht erlebt! Corrie ten Boom und Ursula Link sind nur zwei Beispiele für zahllose Menschen, die durch die Liebe Gottes zu solcher Feindesliebe befähigt wurden. Natürlich – zu einer solchen Feindesliebe sind wir nicht aus uns heraus fähig. Unsere eigene, kleine menschliche Liebe muss da versagen. Aber die Liebe Gottes, die durch den Heiligen Geist in das Herz des von neuem geborenen Menschen ausgegossen wird, sie will und kann auch zu einer solchen Feindesliebe befähigen. Diese Liebe Gottes will uns zu einem Kanal machen, durch den sie zu anderen Menschen gelangt (1. Timotheus 1, 5; Galater 5, 6).
Wie ist das möglich? Durch Gebet und Glaube. Im Gebet bitten wir Gott, dass Er die Liebe, die Er in unser Herz ausgegossen hat, in uns überströmend werden lässt und uns befähig, jeden Menschen so zu lieben, wie Er es möchte. Und im Glauben empfangen wir, um was wir gebeten haben (Markus 11, 24)
* “Denn Christus ist, da wir noch kraftlos waren, zur bestimmten Zeit für Gottlose gestorben.“ – Römer 5, 6 – Paulus führt in diesem und den folgenden Versen noch einmal aus, wodurch uns die Größe der Liebe Gottes deutlich werden kann: Christus starb für uns, als wir noch “kraftlos“ und “gottlos“ waren. D.h. Christus starb für uns, als bzw. weil wir völlig unfähig waren, uns selbst zu erlösen.
Dies geschah “zur bestimmten Zeit“ (vgl. Galater 4, 4). Dass es einen bestimmten Zeitpunkt gab, an dem Christus für uns starb, zeigt, dass der Erlösungstod Christi kein Zufall war. Im Gegenteil: Im Herzen Gottes bestand ein eindeutiger Plan, eine feste Absicht, zu einem ganz bestimmten Zeitpunkt eine Möglichkeit zur Erlösung zu schaffen.
* “Denn kaum wird jemand für einen Gerechten sterben; denn für den Gütigen könnte vielleicht noch jemand zu sterben wagen. Gott aber erweist seine Liebe zu uns darin, dass Christus, da wir noch Sünder waren, für uns gestorben ist.“ – Römer 5, 7 – 8 – Wenn Paulus hier von einem “Gerechten“ spricht, dann benutzt er das Wort “gerecht“ in einem allgemeinen Sinn. Personen, die nach menschlichem Maßstab gerecht sind, werden von anderen respektiert. Für einen solchen Menschen würde vielleicht ein anderer aus Liebe oder Respekt sogar sein Leben geben. Doch Gottes Liebe geht weit darüber hinaus: Er liebte uns, als wir noch Sünder, d.h. Seine Feinde, waren. An uns war – aus Gottes Sicht – zu diesem Zeitpunkt nichts, was liebenswert oder respektabel gewesen wäre. Im Gegenteil – alles an uns war böse, gegen die Person Gottes und Seinen Willen gerichtet. Und doch gab Gott Seinen Sohn zu diesem Zeitpunkt für uns in den Tod. Niemals hat jemand eine größere Liebe unter Beweis gestellt (Johannes 3, 16).
Paulus betont explizit, dass Christus “für uns gestorben“ ist. Damit macht der Apostel deutlich, dass der stellvertretende Sühnetod Christi zu unserer Erlösung notwendig war (Hebräer 9, 14 + 22!)
* “Viel mehr nun, da wir jetzt durch sein Blut gerechtfertigt sind, werden wir durch ihn gerettet werden vom Zorn.“ – Römer 5, 9 – Diese Erlösung, die Jesus Christus durch Seinen Tod am Kreuz erworben hat und durch die aus Sündern Gerechte werden, sie hat nicht nur Auswirkungen auf unser gegenwärtiges Leben, sondern auch auf die Zukunft. Als Sünder und damit als Feinde Gottes waren wir Anwärter auf das gerechte Zorngericht Gottes (Römer 1, 18; Epheser 5, 6; Kolosser 3, 6; Römer 2, 5). Dieses gerechte Zorngericht Gottes, das uns hätte treffen müssen, nahm unser Erlöser am Kreuz von Golgatha auf sich (Matthäus 27, 46). Darum wird dieses gerechte Gericht Gottes nun niemanden mehr treffen, der Ihm glaubt und die durch Ihn vollbrachte Erlösung annimmt (1. Thessalonicher 1, 10; 2. Thessalonicher 1, 10!). Erlöste und Gerechtfertigte können auch deswegen mit freudiger Gewissheit in die Zukunft schauen, weil sie nicht den “Tag des Herrn“, also das Gericht (Klick!), sondern den “Tag Christi“ und damit den Lohn für ihren Dienst (Klick!) erwarten.
* “Denn wenn wir, da wir Feinde waren, mit Gott versöhnt wurden durch den Tod seines Sohnes, so werden wir viel mehr, da wir versöhnt sind, durch sein Leben gerettet werden.“ – Römer 5, 10 – Wie schon zu Vers 6 angemerkt, gab Gott Seinen Sohn für uns, als wir uns noch in einem völlig gottlosen Zustand befanden. Deutlicher als mit dem Begriff “Feind“ kann man die Rebellion des Menschen gegen Gott wohl kaum beschreiben. Wir standen Gott nicht neutral gegenüber, sondern in aktiver Feindschaft. Trotzdem tat Er zu diesem Zeitpunkt bereits alles, damit wir einmal in den Genuss der Erlösung und damit auch in den Genuss der ewigen Gemeinschaft mit Ihm kommen könnten.
Durch den Tod Jesu Christi wurden wir mit Gott versöhnt (2. Korinther 5, 18 – 20; Kolosser 1, 21 – 22; Römer 5, 10 – 11; Römer 11, 15). Was bedeutet es, mit Gott versöhnt zu werden? Versöhnung ist die Wiederherstellung einer Beziehung bzw. der Friedensschluss zwischen verfeindeten Parteien. Es ist zu beachten, dass die Heilige Schrift immer davon spricht, dass der Mensch mit Gott versöhnt werden musste. Niemals ist die Rede davon, dass Gott mit dem Menschen versöhnt werden musste. Das ist auch gut nachvollziehbar, denn Gott war nie der Feind des Menschen, den er geschaffen hatte und den Er immer liebte. Doch der Mensch war seit dem Sündenfall der Feind Gottes und betrachtete Gott als seinen Feind. Versöhnung setzt die Sühnung, d.h. die Wiedergutmachung eines entstandenen Schadens voraus. Ein solcher Schaden war durch den Sündenfall des Menschen eingetreten. Die ganze Schöpfung war und ist durch den Abfall des Menschen von Gott in Mitleidenschaft gezogen worden (Römer 8, 22). Doch der gottlose, sündige Mensch wäre nie in der Lage gewesen, dafür Sühne zu erwirken. Allein durch den Opfertod Jesu Christi am Kreuz konnte den gerechten Forderungen Gottes vollkommen entsprochen werden (Hebräer 2, 17; 1. Johannes 2, 2; 1. Johannes 4, 10). Diese Sühne und die dadurch mögliche Versöhnung, die Christus am Kreuz bewirkt hat, gilt allen Menschen (2. Korinther 5, 19). Durch das Erlösungswerk Christi erhält jeder Mensch die Möglichkeit, mit Gott versöhnt zu werden. In den Genuss dieser Versöhnung kommen jedoch nur die Menschen, die dieses Angebot Gottes auch annehmen (2. Korinther 5, 20). Dieser Verantwortung wird der Mensch nicht enthoben. Es liegt in seiner Verantwortung, die durch das Evangelium ausgestreckte Hand Gottes zu ergreifen. Nur der erlebt völlige Versöhnung mit Gott, der an Seinen Sohn – Jesus Christus – glaubt (Johannes 5, 24!) Einen Heilsautomatismus bzw. eine Allversöhnung kennt die Heilige Schrift nicht.
Jesus Christus starb an unserer statt. Dadurch können wir mit Gott versöhnt werden. Wenn Paulus nun davon spricht, dass wir durch das Leben Jesu Christi “errettet“ werden, dann ist hier nicht die Errettung der Seele gemeint. Das Neue Testament kennt drei Arten der Errettung:
- Die Errettung unserer Seele, die allein von Gott kommt. Sie wurde wirksam, als wir das Erlösungswerk Jesu Christi im Glauben annahmen (Epheser 2, 8; 2. Timotheus 1, 9; Lukas 19, 10; Apostelgeschichte 16, 30 f.). Diese Errettung, die in der Vergangenheit liegt, ist schon jetzt der Besitz eines jeden Erlösten.
- Aber das Neue Testament spricht auch von der Errettung, die wir immer wieder, ja jeden Tag neu benötigen. Es ist die Errettung aus den Bedrängnissen/Nöten/Gefahren, denen wir in unserem irdischen Leben ausgesetzt sind. Diese Bedrängnisse/Nöte/Gefahren können weltlicher oder geistlicher Art sein. Oft sind wir uns ihrer bewusst, manchmal aber auch nicht (vgl. z.B. 2. Korinther 2, 11). Jesus Christus übt gegenwärtig Seinen Dienst als unser Sachwalter und Fürsprecher aus (Römer 8, 34; Hebräer 7, 25; 1. Johannes 2, 1). Nur dadurch ist es möglich, dass wir immer wieder aus den Gefahren, Anfechtungen und Verführungen errettet werden. Diese Errettung ist die gegenwärtige Erfahrung, die jeder Gläubige macht. Es ist diese Art der Errettung, von der Römer 5, 10 spricht: Durch den “immerdar lebenden und für den Gläubigen eintretenden“ Herrn Jesus Christus (Hebräer 7, 25) wird der Gläubige durch die Bedrängnisse der Gegenwart hindurch gerettet.
- Dann aber spricht das Neue Testament auch von der zukünftigen Errettung, die der Gläubige erleben wird, wenn der Herr Jesus Christus wiederkommt, um uns zu sich zu nehmen (1. Thessalonicher 4, 17; 1. Thessalonicher 1, 10; 1. Thessalonicher 5, 9). Wenn unser Herr wiederkommt, dann wird unsere Errettung in dem Sinn vollendet, dass auch unser Körper von den Folgen der Sünde erlöst wird (vgl. Philipper 3, 20 – 21; 2. Korinther 5, 1 – 10). Dann wird unser sterblicher Leib (vgl. Psalm 103, 14) in einen Herrlichkeitsleib umgestaltet (1. Korinther 15, 51 – 53) und nie mehr der Vergänglichkeit unterworfen sein. Diese Art der Errettung liegt gegenwärtig noch in der Zukunft.
* “Nicht allein aber das, sondern wir rühmen uns auch Gottes durch unseren Herrn Jesus Christus, durch den wir jetzt die Versöhnung empfangen haben.“ – Römer 5, 11 – Alle genannten Segnungen, die wir durch die Rechtfertigung und die sie einschließende Versöhnung empfangen, führen bei dem Gläubigen, der sie recht erkannt hat, sie zu schätzen und zu genießen weiß, dazu, dass er Gott, seinen himmlischen Vater, durch Jesus Christus, seinen Herrn und Erlöser, dankbar anbetet.
Zusammenfassend können wir sagen, dass uns in Römer 5, 1 – 11 sieben Segnungen vor Augen gestellt werden, die uns durch die Rechtfertigung zuteil werden:
- Wir wurden gerecht gesprochen und so in einen neuen Stand vor Gott versetzt (Römer 5, 1).
- Wir haben Frieden mit Gott (Römer 5, 1).
- Wir haben uneingeschränkten Zugang zu Gott (Römer 5, 2).
- Wir können uns selbst in Bedrängnissen und Verfolgungen freuen, weil wir wissen, dass uns diese Dinge nicht mehr von Gott zu trennen vermögen. Ja selbst diese Dinge müssen uns zum Guten dienen (Römer 5, 3 – 4; Römer 8, 31 – 37).
- Die Liebe Gottes ist in unsere Herzen ausgegossen worden und der Heilige Geist hat uns zu Seinem Tempel gemacht (Römer 5, 5).
- Wir sind erlöst vor dem kommenden gerechten Zorngericht Gottes (Römer 5, 9).
- Wir sind versöhnt mit Gott und erfahren die Errettung aus den gegenwärtigen Gefahren der Welt (Römer 5, 10), die schlussendlich in unsere endgültige Errettung münden wird.
Verschiedene Kommentatoren verweisen in diesem Zusammenhang auf Römer 14, 17. Dort sagt der Apostel Paulus:
“Denn das Reich Gottes ist nicht Essen und Trinken, sondern Gerechtigkeit und Friede und Freude im Heiligen Geist.“
Wenn aber Gerechtigkeit, Friede und Freude im Heiligen Geist die prägenden Kennzeichen des Reiches Gottes sind, dann hat der Gläubige durch die Rechtfertigung und ihre Segnungen bereits einen Vorgeschmack auf das Reich bekommen, das Gott in der Zukunft buchstäblich auf dieser Erde aufrichten wird. Denn diese drei prägenden Kennzeichen des Reiches Gottes werden uns in Römer 5, 1 – 2 genannt:
“Da wir nun gerechtfertigt worden sind aus Glauben, so haben wir Frieden mit Gott durch unseren Herrn Jesus Christus, durch den wir mittels des Glaubens auch den Zugang haben zu dieser Gnade, in der wir stehen, und rühmen uns² in der Hoffnung der Herrlichkeit Gottes.“
Diese Segnungen werden heute schon jenen zuteil, die Jesus Christus als ihren Erlöser und Herrn annehmen. Wer Seine Herrschaft in diesem Leben anerkennt, wird die Segnungen dieser Herrschaft erfahren und der wird auch in der Zukunft mit Ihm herrschen dürfen:
“Das Wort ist gewiss; denn wenn wir mitgestorben sind, so werden wir auch mitleben; wenn wir ausharren, so werden wir auch mitherrschen; (…)“
Fußnoten:
¹ = John MacArthur, Kommentar zu Römer 5, 2 in ”John MacArthur Studienbibel”, Seite 1610, 1. Auflage 2002, CLV Bielefeld.
²= Das Wort “καυχάομαι“ (“kauchaomai“) wird mit “rühmen“, aber auch mit “preisen“ oder “freuen“ übersetzt.