Noch ist Zeit zur Buße (Apostelgeschichte 17, 30)


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Areopagus from the Acropolis

Der Areopag * Foto: By ajbear AKA KiltBear http://www.flickr.com/photos/ajbear/ (http://www.flickr.com/photos/ajbear/299116407/) [CC-BY-SA-2.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0)%5D, via Wikimedia Commons

Buße – ein fröhliches Geschäft

Das Textwort für den kommenden Sonntag ist ein Halbsatz aus der Predigt des Paulus, die dieser auf dem Areopag vor Bürgern der Stadt Athen hielt:

Nachdem nun Gott die Zeiten der Unwissenheit übersehen hat, gebietet er jetzt den Menschen, dass sie alle überall Buße tun sollen, weil er einen Tag festgesetzt hat, an dem er den Erdkreis richten wird in Gerechtigkeit durch einen Mann, den er dazu bestimmt hat, und er hat allen den Beweis davon gegeben, indem er ihn aus den Toten auferweckt hat.

(Apostelgeschichte 17, 30 – 31)

Woran denken Sie, wenn Sie das Wort “Buße“ hören? An einen “Bußgeldbescheid“, denn Sie bekommen und bezahlen müssen, weil Sie zu schnell gefahren sind? An den “Gang nach Canossa“, bei dem König Heinrich IV. – mit einem Büßerhemd bekleidet – vor den Papst treten und Abbitte für sein vorausgegangenes Verhalten leisten musste?  Wenn wir das Wort Buße hören, dann verbinden wir damit in der Regel eine Leistung, die wir erbringen müssen, damit uns vergeben wird. Buße ist – nach heutigem Verständnis – eine Strafe, die es zu zahlen oder abzuleisten gilt, damit man von einer noch schwereren Strafe befreit wird. Das Neue Testament versteht jedoch etwas ganz anderes unter dem Begriff “Buße“ und es ist für unser Glaubensleben von entscheidender Bedeutung, dass wir diesen Unterschied kennen und verstehen.

In Apostelgeschichte 2, 38 forderte schon der Apostel Petrus die Anwesenden auf, Buße zu tun:

Tut Buße, und ein jeder von euch werde getauft auf den Namen Jesu Christi zur Vergebung der Sünden, und ihr werdet die Gabe des Heiligen Geistes empfangen.“

Das griechische Wort, das im Neuen Testament für das Wort „Buße“ benutzt wird, ist „metanoia“ (grch. “μετάνοια“). Es bedeutet „umdenken“, “den Sinn  ändern“. Der Gedanke, der hinter diesem Wort steht, ist, dass der Mensch umdenken soll/muss und zwar von einem bisher ohne Gott gelebten Leben hin zu einem Leben mit Gott. Der Gedanke, dass “Buße“ eine Strafe oder die Ableistung einer solchen sei, findet sich, nirgendwo im Neuen Testament. Darum spricht Martin Luther auch von der Buße als “einem fröhlichen Geschäft“¹. Buße ist nach der Lehre des Neuen Testaments der erste Schritt in eine Beziehung mit dem lebendigen Gott (Apostelgeschichte 2, 38; Apostelgeschichte 3, 19; Apostelgeschichte 26, 20 u.a.m.) Diese neue Lebensbeziehung mit Gott beginnt nicht mit einer Strafe, sie beginnt mit einem veränderten Denken. Das ist Grund zur Freude und zur Dankbarkeit gegenüber Gott! Wahrlich, ein “fröhliches Geschäft“!

Wenn der Apostel Paulus also seine Zuhörer in Athen auffordert, “Buße zu tun“, dann ist dies für sie die Aufforderung, umzudenken.

Warum mussten die Athener umdenken? Paulus beginnt seine Ansprache mit der Feststellung, dass die Bürger von Athen “den Göttern sehr ergeben“, also sehr religiöse Menschen, waren. Diese Worte haben nichts damit zu tun, dass sich der Apostel bei seinen Zuhörern einschmeicheln wollte, sie waren einfach eine Beschreibung der tatsächlichen Situation in dieser Stadt. Die Athener verehrten eine Vielzahl von Göttern. Sie taten alles, um diese milde zu stimmen. Und um auch wirklich ganz sicher zu gehen und nicht aus Versehen einen Gott bei ihrer Verehrung zu vergessen (und ihn so zu beleidigen), hatten sie sogar einen Altar aufgestellt, den sie dem “unbekannten Gott“ gewidmet hatten.² Paulus greift diesen Punkt auf. Er erläutert, dass dieser Gott, den die Athener zu verehren versuchten, der einzig wahre und lebendige Gott ist. Das wird daran deutlich, dass Er der Schöpfer dieser Erde und des Universums ist. Paulus argumentiert hier in ganz ähnlicher Weise wie in Römer 1, 19 – 20:

“(…) weil das von Gott Erkennbare unter ihnen offenbar ist, denn Gott hat es ihnen offenbart – denn das Unsichtbare von ihm wird geschaut, sowohl seine ewige Kraft als auch seine Göttlichkeit, die von Erschaffung der Welt an in dem Gemachten wahrgenommen werden -, damit sie ohne Entschuldigung seien,  (…)“

Gottes Existenz kann an seinen Werken, der Schöpfung, erkannt werden. Diese Wahrheit war ganz offensichtlich, denn auch in Athen gab es Menschen, die daran glaubten, dass einen Gott gab, der alles geschaffen hatte. Aber die Offenbarung, die sie (und die anderen Menschen) über diesen Gott besaßen, war unvollständig (vgl. Römer 2, 14 – 16).  Einzelne Punkte dieser Offenbarung Gottes werden von Paulus in seiner Rede angesprochen:

* Der eine wahre Gott ist der Schöpfer aller Dinge, selbst aber ungeschaffen und von Seiner Schöpfung zu unterscheiden (Apostelgeschichte 17, 24). Damit widerspricht Paulus dem weit verbreiteten Glauben der Griechen, Gott “sei in allem“ bzw. “eins mit allem“ und darum auch in allem zu finden (Pantheismus).

* Der eine wahre Gott erhält alle Dinge zu Gunsten des Menschen, Er aber hat es nicht nötig, dass Menschen Ihm dienen (Apostelgeschichte 17, 25). Damit widersprach Paulus der Ansicht der Epikureer, Gott würde sich nicht für die Menschen interessieren (Deismus).

* Der eine wahre Gott hat alle Nationen aus einem Menschen hervorgehen lassen. Darum ist keine Nation “höherwertig“ oder “besser“ (Apostelgeschichte 17, 26). Das widersprach der Überzeugung, die die Griechen von sich selbst als Nation hatten. 

* Der eine wahre Gott bestimmt die Zeiten der Nationen (Apostelgeschichte 17, 26). Das widersprach der Vorstellung der Griechen, der Mensch selbst würde sein Schicksal bestimmen.

Buße – die (zweifache) Verantwortung wahrnehmen

Angesichts dieser Tatsachen, die Gott schon früher über sich geoffenbart hatte, war und ist der Götzendienst der Griechen sinnlos. Wenn Gott alles geschaffen hat, dann kann Er weder in einem Bildnis noch in einer Statue verehrt werden. Auch ein von Menschen errichtetes Gebäude kann Gott nicht fassen.
Doch jetzt hatte sich dieser eine wahren Gottes in Seinem Sohn Jesus Christus vollkommen geoffenbart (Johannes 12, 45, Johannes 14, 9; Hebräer 1, 1 – 3). Schon auf die bisherige Offenbarung Gottes hatten die Menschen nicht so reagiert, wie es ihnen möglich gewesen wäre. Aber Gott hatte über diese Zeiten der Unwissenheit, d.h. die Zeit der begrenzten Offenbarung (Apostelgeschichte 3, 17; Apostelgeschichte 14, 16), hinweggesehen. Nun aber, da Gott sich in Seinem Sohn vollkommen geoffenbart hat, haben die Menschen eine weitaus größere Verantwortung. Während Gott die Menschen vor dem Kommen Christi nach dem jeweiligen Maß der (begrenzten) Offenbarung und ihrem Verständnis gerichtet hat (Römer 2, 12 – 16), richtet Er sie nun danach, wie sie auf die vollständige Offenbarung in Jesus Christus reagieren. Aus diesem Grund ruft Gott auch jeden Menschen dazu auf, Buße zu tun. Jeder Mensch, der Seinen Ruf vernimmt, soll sein bisheriges gottloses Leben einschließlich seiner eigenen Gottesvorstellungen verlassen und sich dem Gott, der sich in Jesus Christus vollkommen geoffenbart hat, zuwenden, in eine Lebensbeziehung zu Ihm eintreten.
Diese Verantwortung wiegt umso schwerer, da Gott einen Tag festgesetzt hat, an dem Er alle Menschen richten wird. Die Zeit, Buße tun zu können, ist also begrenzt. Die Zeit, in der Buße zu tun möglich war bzw. ist, reicht von der ersten Verkündigung am Pfingsttag (Apostelgeschichte 2, 38)³ bis in die Zeit der großen Trübsal (Offenbarung 16, 11)4. Es wäre jedoch ein großer Trugschluss, wenn ein Mensch angesichts der großen Zeitspanne, in der Gott den Menschen Gelegenheit zur Buße schenkt, die eigene Entscheidung, Buße zu tun, “auf die lange Bank“ schieben würde. Niemand von uns weiß, wie lange sein Leben dauern wird. Ein Unfall oder ein Herzinfarkt – und schon gibt es keine Möglichkeit der Umkehr mehr. Denn in diesem Punkt ist Gottes Wort ganz eindeutig. Nach dem Tod ist weder Buße noch Erlösung möglich:

“Und ebenso wie es den Menschen gesetzt ist, einmal zu sterben, danach aber das Gericht, (…)“

(Hebräer 9, 27)

Diese Endgültigkeit kommt bereits im Alten Testament zum Ausdruck (Prediger 11,  3b) und ist der Grund dafür, dass wir im Neuen Testament immer wieder aufgefordert werden, die gegenwärtige Zeit zu nutzen:

“Darum, wie der heilige Geist spricht: «Heute, wenn ihr seine Stimme hören werdet, so verstocket eure Herzen nicht (…)“

(Hebräer 3, 7; vgl. Hebräer 3, 15 und Hebräer 4, 7)

Auch die Lehre des Herr Jesus Christus ist hier ganz eindeutig (Lukas 16, 26). Jeder Mensch, der das Evangelium gehört hat, steht also in der Verantwortung darauf zu reagieren und zwar sobald er es verstanden hat. Morgen schon könnte es zu spät sein, um Buße zu tun.

Doch nicht nur der Mensch, der bisher ohne Gott gelebt hat, trägt für sein Leben und seine Zukunft mit bzw. ohne Gott Verantwortung. Auch der Gläubige steht in einer (zweiten) Verantwortung vor Gott und den Menschen. Er ist nämlich dafür verantwortlich, dass die Botschaft der Erlösung, das Evangelium, zu allen Menschen gelangt. Gott erwartet von jedem Gläubigen, dass er das Evangelium jenen weitersagt, die noch in keiner Beziehung zu Ihm stehen (1. Petrus 3, 15). Dabei steht jeder Gläubige auch in der Verantwortung, dieses Evangelium vollständig weiterzugeben:

“Da öffnete er ihnen das Verständnis, um die Schriften zu verstehen,  und sprach zu ihnen: So steht es geschrieben, daß Christus leiden und am dritten Tage von den Toten auferstehen werde, und daß in seinem Namen Buße zur Vergebung der Sünden gepredigt werden soll unter allen Völkern.“

(Lukas 24, 45 – 46)

Der Opfertod Christi am Kreuz von Golgatha, Seine leibliche Auferstehung am dritten Tag von den Toten, Buße als Voraussetzung für die Vergebung der Sünden – das sind die unverzichtbaren Eckpfeiler jeder Evangeliumsverkündigung. Wo sie fehlen, da kann man nicht von Evangeliumsverkündigung sprechen. Es ist die Verantwortung eines jeden Gläubigen, zumindest die grundlegenden Lehren des christlichen Glaubens genau zu kennen, um sie auch weitergeben zu können.

Lass Dich nicht bekehren!

Mit der Buße, dem Umdenken, beginnt, wie wir an den Predigten der Apostel (Apostelgeschichte 2, 38; Apostelgeschichte 3, 19; Apostelgeschichte 17, 30) ersehen können, die neue Lebensbeziehung zwischen Gott und dem Menschen. Sie wird in der apostolischen Verkündigung immer mit der Bekehrung verbunden5, z.B. in Apostelgeschichte 3, 19:

„So tut nun Buße und bekehrt euch, daß eure Sünden ausgetilgt werden (…)“

und Apostelgeschichte 26, 20:

„(…) sondern ich habe zuerst denen in Damaskus und in Jerusalem und dann im ganzen jüdischen Lande und den Heiden verkündigt, sie sollten Buße tun und sich zu Gott bekehren, indem sie Werke tun, die der Buße würdig sind.“

Während “Buße“ das innere Umdenken des Menschen meint, ist unter “Bekehrung“ die auch äußerlich sichtbare Umkehr des Menschen zu verstehen. Wo Menschen behaupten, Buße getan zu haben, in ihrem Leben jedoch keine auf Gott und Seinen Willen ausgerichtete Veränderung sichtbar ist, muss – nach biblischem Verständnis – diese Behauptung angezweifelt werden. Wahrer Buße werden immer auch Werke bzw. Früchte folgen, die dieser Buße würdig sind.

So, wie ein Mensch nur für sich selbst “umdenken“ kann, so kann sich ein Mensch auch nur selbst “bekehren“, d.h. die Richtung seines Lebens verändern. Darum ist die Warnung: “Lass Dich nicht bekehren!“ absolut angebracht. Ein Mensch, der, vielleicht um einem Freund zu gefallen, kundtut, Buße tun zu wollen und bestimmte Gebete spricht, der betrügt nicht nur andere, sondern auch sich selbst. Wo Buße und Bekehrung nicht einer eigenen tiefen Überzeugung entspringen, da sind sie nur fromme Show.  Wenn aber ein Mensch sein bisheriges Leben ohne Gott wirklich bereut und seine Sünde ehrlich bekennt, dann antwortet Gott darauf mit Vergebung der Sünden und dem Geschenk des neuen, ewigen Lebens  (Johannes 3, 1 – 6; Titus 3, 5; Johannes 1, 13, 1. Johannes 1, 5 – 10; 1. Johannes 5, 1).

Ein solcher  Mensch kann auch dem Tag, an dem Gott den Erdkreis richten wird, voller Zuversicht entgegen sehen, da er weiß, dass er nicht mehr gerichtet werden wird:

“Wer an ihn glaubt, wird nicht gerichtet; wer aber nicht glaubt, ist schon gerichtet, weil er nicht geglaubt hat an den Namen des eingeborenen Sohnes Gottes.“

(Johannes 3, 18)

Haben Sie diese  Zuversicht schon?

Fußnoten:

¹= Andere, wie Annette M. Lamprecht, schreiben diese Aussage dem ev. Theologen Adolf Schlatter zu, vgl. Annette M. Lamprecht: “Christlicher Glaube im Alter – Eine Untersuchung zu Bedeutung und Funktion“, Seite 184, Lit-Verlag Berlin, 2006

²= In einem Göttertempel in Pergamon findet sich ein Altar mit der Inschrift “Den unbekannten Göttern“, vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Demeterheiligtum_%28Pergamon%29#Lage_und_Gestaltung

³= Auch vor Pfingsten riefen Johannes der Täufer, der Herr Jesus Christus und seine Jünger zur Buße auf (vgl. Matthäus 3, 2; Matthäus 3, 8; Matthäus 3, 11; Matthäus 4, 17; Matthäus 9, 13; Matthäus 11, 21; Matthäus 12, 41Matthäus 21, 32; Markus 1, 4; Markus 1, 15; Markus 2, 17; Markus 6, 12; Lukas 3, 3; Lukas 3, 8; Lukas 5, 32; Lukas 10, 13; Lukas 11, 32; Lukas 15, 7; Lukas 15, 10; Lukas 16, 30; Lukas 24, 47), aber dieser Aufruf erging nur an das Volk Israel, seit Pfingsten ergeht der Ruf zur Buße an alle Menschen. Der Aufruf zur Buße findet sich in allen Evangelien, außer dem Johannesevangelium, also jenem Evangelium, dessen Zielgruppe die Versammlung (= Gemeinde/Kirche) ist (vgl. “Unterscheidung: Die vier Evangelien und ihre Zielgruppen“), ist, da die Gläubigen ja bereits Buße getan und sich bekehrt haben.

4= Hier wird das Wort “Buße“ zum letzten Mal im Neuen Testament erwähnt.

5= vgl. Apostelgeschichte 3, 19; Apostelgeschichte 5, 31; Apostelgeschichte 9, 35; Apostelgeschichte 11, 18 + 21; Apostelgeschichte 15, 3; Apostelgeschichte 20, 21; Apostelgeschichte 26, 20; Römer 2, 4; 2. Korinther 3, 16; 1. Thessalonicher 1, 9; 2. Timotheus 2, 25; 1. Petrus 2, 252. Petrus 3, 9.

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Eine Antwort zu Noch ist Zeit zur Buße (Apostelgeschichte 17, 30)

  1. Stefan schreibt:

    Danke für die schönen Gedanken!

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