Anmerkungen zu 2. Timotheus 3, 1 – 17
Ein Vers aus dem 3. Kapitel des 2. Timotheusbriefes (zum Hintergrund des 2. Timotheusbriefes siehe: Klick!) wurde als Grundlage der Wortverkündigung am morgigen Mittwoch ausgewählt. Wir betrachten diesen Vers im Kontext des gesamten Kapitels:
“Dies aber wisse, dass in den letzten Tagen schwere Zeiten eintreten werden; denn die Menschen werden selbstsüchtig sein, geldliebend, prahlerisch, hochmütig, Lästerer, den Eltern ungehorsam, undankbar, unheilig, ohne natürliche Liebe, unversöhnlich, Verleumder, unenthaltsam, grausam, das Gute nicht liebend, Verräter, verwegen, aufgeblasen, mehr das Vergnügen liebend als Gott, die eine Form der Gottseligkeit haben, deren Kraft aber verleugnen; und von diesen wende dich weg. Denn aus diesen sind, die sich in die Häuser schleichen und Weiblein gefangen nehmen, die, mit Sünden beladen, von mancherlei Begierden getrieben werden, die allezeit lernen und niemals zur Erkenntnis der Wahrheit kommen können. In der Weise aber, wie Jannes und Jambres Mose widerstanden, so widerstehen auch diese der Wahrheit, Menschen, verdorben in der Gesinnung, unbewährt hinsichtlich des Glaubens. Aber sie werden nicht weiter fortschreiten, denn ihr Unverstand wird allen offenbar werden, wie auch der von jenen es wurde. Du aber hast genau erkannt meine Lehre, mein Betragen, meinen Vorsatz, meinen Glauben, meine Langmut, meine Liebe, mein Ausharren, meine Verfolgungen, meine Leiden: was für Leiden mir widerfahren sind in Antiochien, in Ikonium, in Lystra; was für Verfolgungen ich ertrug, und aus allen hat der Herr mich gerettet. Alle aber auch, die gottselig leben wollen in Christus Jesus, werden verfolgt werden. Böse Menschen aber und Betrüger werden zu Schlimmerem fortschreiten, indem sie verführen und verführt werden. Du aber bleibe in dem, was du gelernt hast und wovon du völlig überzeugt bist, da du weißt, von wem du gelernt hast, und weil du von Kind auf die heiligen Schriften kennst, die imstande sind, dich weise zu machen zur Errettung durch den Glauben, der in Christus Jesus ist. Alle Schrift ist von Gott eingegeben und nützlich zur Lehre, zur Überführung, zur Zurechtweisung, zur Unterweisung in der Gerechtigkeit, damit der Mensch Gottes vollkommen sei, zu jedem guten Werk völlig geschickt.„
(2. Timotheus 3, 1 – 17 ELBEDHÜ; z. Vgl. Luther’84)
Zum Hintergrund des 2. Timotheusbriefes
Der 2. Timotheusbrief, dem unser heutiger Predigttext entnommen wurde, entstand in einer sehr schwierigen Zeit: Nachdem der Apostel Paulus im Jahr 62 n. Chr. aus seiner ersten römischen Gefangenschaft entlassen worden war, setzte er seinen Dienst im kleinasiatischen Raum für eine kurze Zeit – man schätzt drei bis vier Jahre – fort, ehe er erneut gefangen genommen und inhaftiert wurde. Sein Mitarbeiter Timotheus wirkte während dieser Zeit in Ephesus (1. Timotheus 3, 14; 2. Timotheus 1, 16 – 18; 2. Timotheus 4, 14 vgl. mit. 1. Timotheus 1, 20; 2. Timotheus 4, 19). Im Zusammenhang mit dem Brand von Rom im Jahr 64 n. Chr. kam es unter Kaiser Nero zu einer Welle von Christenverfolgungen. Der Glaube an Jesus Christus wurde zu einer gefährlichen Überzeugung und viele Gläubige mussten dafür mit ihrem Leben bezahlen. Auch die Beziehung zu einem christlichen Verkündiger wie dem Apostel Paulus war in dieser Zeit nicht ungefährlich. Manche Christen mieden darum den Kontakt zu ihm und versuchten im Alltag als Christen nicht weiter aufzufallen (vgl. 2. Timotheus 1, 15; 2. Timotheus 4, 16). Auch Timotheus war angesichts der lebensbedrohlichen Lage von Furcht erfasst worden. In dieser Situation schreibt ihm der Apostel Paulus jenen Brief, den wir als 2. Timotheusbrief kennen. Er ermutigt seinen Mitarbeiter darin, dem Glauben an Jesus Christus treu zu bleiben und auch die Beziehung zu seinem geistlichen Vater nicht aufzugeben. In diesem Zusammenhang stehen jene Verse, die wir heute betrachten wollen.
Kommentatoren gehen davon aus, dass der 2. Timotheusbrief im Herbst des Jahres 67 n. Chr. geschrieben wurde. Zwei Gründe werden für diese zeitliche Einordnung angeführt: Zum einen spricht die traditionelle Überlieferung dafür, dass Paulus kurze Zeit vor dem Selbstmord des Nero im Juni des Jahres 68 n. Chr. hingerichtet wurde¹. Zum anderen wissen wir, dass Paulus seinen Brief vor dem Winter schrieb und auch die Ankunft des Timotheus vor dem Winter erwartete (vgl. 2. Timotheus 4, 21). Der Apostel befindet sich zu diesem Zeitpunkt wieder in Rom in Gefangenschaft (2. Timotheus 2, 9), wo er kurze Zeit später den Märtyrertod erleiden sollte (vgl. 2. Timotheus 4, 6). Dieser Brief des Apostels Paulus ist somit der letzte Brief, den er geschrieben hat. Aus diesem Grund wurde er auch als das ”Testament des Paulus” bezeichnet.
Anmerkungen zu 2. Timotheus 3, 1 – 17
* “Dies aber wisse, dass in den letzten Tagen schwere Zeiten eintreten werden; (…)“ – 2. Timotheus 3, 1 – In den nun folgenden Versen dieses 3. Kapitels unterweist der Apostel Paulus seinen Mitarbeiter Timotheus bezüglich der Dinge, die Gott ihm über die Endzeit geoffenbart hat. Wenn wir im Folgenden den begriff “Endzeit“ benutzen, dann sollten wir uns zuerst einmal darüber klar werden, was die Bibel unter diesen Begriff versteht und was nicht. “Endzeit“ nach biblischer Definition bedeutet nicht “Weltuntergang“. Grob gesagt, wurde die „Endzeit“, von der die Heilige Schrift spricht, mit dem ersten Kommen des Sohnes Gottes auf diese Erde eingeleitet, vgl. Hebräer 1, 1:
“Nachdem Gott vielfältig und auf vielerlei Weise ehemals zu den Vätern geredet hat in den Propheten, hat er am Ende dieser Tage zu uns geredet im Sohn, den er gesetzt hat zum Erben aller Dinge, durch den er auch die Welten gemacht hat; welcher, die Ausstrahlung seiner Herrlichkeit und der Abdruck seines Wesens seiend und alle Dinge durch das Wort seiner Macht tragend, nachdem er [durch sich selbst]die Reinigung von den Sünden bewirkt, sich gesetzt hat zur Rechten der Majestät in der Höhe; indem er um so viel besser geworden ist als die Engel, als er einen vorzüglicheren Namen vor ihnen ererbt hat.“
(Hebräer 1, 1 – 4; vgl. auch Hebräer 9, 26)
Diese Zeit wird enden, wenn der Herr Jesus Christus als Richter wiederkommen und Sein Reich aufrichten wird (vgl. Matthäus 24, 29 – 30; 1. Korinther 15, 24).
In diesem Kapitel nun beschreibt Paulus die Dinge, die Gott ihm über diese Zeit geoffenbart hatte. Bereits im 1. Timotheusbrief hatte der Apostel seinem Mitarbeiter Hinweise zum Umgang mit dem Abfall vom christlichen Glauben gegeben, der bereits in dieser frühen Phase der Christenheit einsetze und sich – wie alle im Folgenden genannten Endzeitzeichen – über die Jahrhunderte steigern sollte (vgl. 1. Timotheus 4, 1 – 3). Die ersten Christen – und damit auch Timotheus – befanden sich also schon in “den letzten Tagen“, doch diese Zeit würde, je weiter sie voran schritt, noch schlimmer werden. Für treue Christen würden diese Zeiten besonders schwierig werden und aus diesem Grund war es notwendig, dass die Gläubigen (einschließlich Timotheus) darauf vorbereitet wurden.
Das Wort mit den Paulus diese Zeit charakterisiert, ist “χαλεπός“ (“chalepos“). Es kommt im Neuen Testament nur hier und in Matthäus 8, 28 vor, wo uns von den besessenen Gardarenern berichtet wird und diese – je nach Übersetzung – als “wütend“ bzw. “sehr gefährlich“ charakterisiert werden. “χαλεπός“ kann als schwer, schwierig, schwer (mit etwas) umzugehen, gefährlich, bösartig, aber auch mit “traurig machend“ übersetzt werden.
Wenn Paulus in 1. Timotheus 3, 1 schreibt, dass Timotheus das Folgende “wissen soll“, dann bringt er damit auch zum Ausdruck, dass diese Dinge “gewiss“ sind. D.h., die Dinge, die nachfolgend beschrieben werden, werden so eintreffen.
* “(…) denn die Menschen werden selbstsüchtig sein, geldliebend, prahlerisch, hochmütig, Lästerer, den Eltern ungehorsam, undankbar, unheilig, ohne natürliche Liebe, unversöhnlich, Verleumder, unenthaltsam, grausam, das Gute nicht liebend, “(…) Verräter, verwegen, aufgeblasen, mehr das Vergnügen liebend als Gott, (…) „ – 2. Timotheus 3, 2 – 4 – Paulus nennt eine “Liste“ von 18 Kennzeichnen, die die Menschen in dieser letzten Zeit immer stärker charakterisieren werden. Menschen werden
- selbstsüchtig,
- geldliebend (vgl. 1. Timotheus 3, 3 + 8),
- prahlerisch,
- hochmütig,
- Lästerer,
- den Eltern,
- undankbar,
- unheilig,
- ohne natürliche Liebe,
- unversöhnlich,
- Verleumder,
- unenthaltsam,
- grausam,
- das Gute nicht liebend,
- Verräter,
- verwegen,
- aufgeblasen sein und sie werden .
- mehr das Vergnügen lieben als Gott. (Dementsprechend werden sie auch nur über eine äußere Form/Maske der Gottseligkeit verfügen und auf diese Weise die wahre Kraft des neuen Lebens aus Christus verleugnen.)
Verschiedene Kommentatoren haben diese Aufzählung als die 3 x 6 Kennzeichen des endzeitlichen/antichristlichen Menschen in bezeichnet (der Mensch wurde am 6. Tag geschaffen, vgl. 1. Mose 1, 31; Nebukadnezars Standbild, durch das er sich als Mensch „vergötterte“ war 60 Ellen hoch und 6 Ellen breit, vgl. Daniel 3, 1 und der kommende Antichrist wird in der Offenbarung prophetisch durch die Zahl “666″ gekennzeichnet – 3 als Zahl der Vollkommenheit, 6 als Zahl des Menschen – ein Mensch in höchster Gottlosigkeit, vgl. Offenbarung 13, 18).
Die Aufzählung dieser Kennzeichen in 2. Timotheus 3, 2 – 4 hat eine gewisse Ähnlichkeit mit der Aufzählung, die Paulus in Römer 1, 29 – 31 niedergelegt hat, jenem Kapitel, in dem er darlegt, warum diese Welt in ihrer Gottlosigkeit immer weiter fortschreitet (vgl. auch 2. Timotheus 2, 26; 1. Timotheus 3, 11; Titus 2, 3).
* “(…) die eine Form der Gottseligkeit haben, deren Kraft aber verleugnen; und von diesen wende dich weg.“ – 2. Timotheus 3, 5 – Die beschriebenen Menschen werden eine religiöse/“christliche“ Maske tragen, aber ihre Taten werden sie verraten als solche, die kein göttliches Leben in sich haben (= den erneuernden [Römer 8, 5 – 9], den innewohnenden [1. Korinther 6, 9], den heiligenden [1. Johannes 4, 13; Römer 1, 4] Geist der Sohnschaft [Römer 8, 15]). Ihr Leben durch Dinge gekennzeichnet, die im Widerspruch zum Willen Gottes stehen, weil sie aufgrund der fehlenden Neugeburt (Johannes 3, 1 – 6; Kolosser 1, 27) nicht über die Kraft verfügen, (dauerhaft) der Sünde zu widerstehen und gemäß des Willens Gottes zu leben. Trotzdem betonen diese Menschen ihre “Religiosität“, “Spiritualität“ oder ihr “Christsein“. Das alles ist jedoch nur ein “frommer Schein“ ohne wirkliche Substanz. Aber aufgrund ihrer “süßen Worte (vgl. Römer 16, 17 – 18) betrügen sie die Herzen der Arglosen. Ein äußerer Schein ohne geistliche Substanz ist durchgehend im Neuen Testament das Kennzeichen falscher Propheten bzw. falscher Lehrer (vgl. Matthäus 7, 15 – 23). Wo immer er solchen Menschen begegnete, sollte Timotheus jede Form von Verbindung oder Gemeinschaft meiden. Hier war – wie bei Joseph (vgl. 1. Mose 39, 12) – eine radikale Abwendung geboten. Alles andere hätte das Zeugnis für den Erlöser Jesus Christus verdunkelt. Eine “Dienstgemeinschaft“ mit Irrlehrern konnte (und kann!) es nicht geben.
* “Denn aus diesen sind, die sich in die Häuser schleichen und Weiblein gefangen nehmen, die, mit Sünden beladen, von mancherlei Begierden getrieben werden, die allezeit lernen und niemals zur Erkenntnis der Wahrheit kommen können.“ – 2. Timotheus 3, 6 – 7 – Auch in Ephesus, dem Ort an dem Timotheus den Gläubigen zu dieser Zeit diente, waren solche falschen Propheten bzw. Irrlehrer bereits aufgetaucht (vgl. 1. Timotheus 1, 3 – 11). Sie hatten es insbesondere “gewisse Frauen“ abgesehen, die “mit Sünden beladen (waren) und von mancherlei Begierden getrieben“ wurden. das Wort, das in unseren Übersetzungen mit “Weiblein“ oder “gewisse Frauen“ wiedergegeben wird, ist “γυναικάριον“ (“gunaikarion“) und bezeichnet “kleine“ bzw. “törichte“ Frauen (wir könnten auch sagen “dumme Frauchen“. Um nicht missverstanden zu werden: Hier geht es keinesfalls um eine Abwertung aller Frauen, worauf u.a. der Diminutiv hindeutet. Paulus kennt ganze Listen vorbildlicher, geistlich starker und zuverlässiger Frauen (vgl. z. B. Römer 16, 1 ff.). In Ephesus scheint es jedoch einige Frauen gegeben zu haben, die in ihrem geistlichen Leben sehr instabil waren und sich darum für falsche Propheten und Irrlehrer eine leichte Beute darstellten. Dass auch Gläubige männlichen Geschlechts in ihrem geistlichen Leben Instabilitäten aufweisen können, belegt Epheser 4, 14, wo Paulus sich sogar mit einschließt, wenn er die Gläubigen in Ephesus auffordert, starke und reife Persönlichkeiten in Christus zu werden, indem sie im Glauben wachsen und nicht mehr wie “Unmündige von jedem Wind der Lehre durch betrügerische Menschen umhergetrieben“ werden“. Jene Frauen, die Paulus in 2. Timotheus 3, 6 – 7 beschreibt, äußerten zwar, dass sie aus dem Wort Gottes lernen wollten, allerdings ohne jemals zur Erkenntnis der Wahrheit zu kommen. D.h. diese Personen finden nie ein ganzes “Ja“ zu der geoffenbarten Wahrheit Gottes, so dass sie der Wahrheit Gottes dann auch ihr Leben unterordnen würden. Es sind Menschen, die gern “religiös“, “spirituell“ oder sogar “christlich“ sein möchten, ohne jedoch für ihr Leben Konsequenzen aus dem Gelernten zu ziehen. Sie können sich für eine Zeit lang für etwas begeistern, doch sobald das Konsequenzen für ihr Leben, ihr Verhalten etc. haben müsste, suchen sie nach etwas neuem – einer neuen Lehre, einem neuen Lehrer oder Propheten -, die/der vielleicht ihre Sicht der Dinge bestätigt und das alles nur, um sich vor einem konsequenten Leben in der Nachfolge Jesu Christi, das auch Opfer kosten würde, zu drücken. Ein solches Verhalten fand sich, wie gesagt, in Ephesus insbesondere bei einigen Frauen, wir können es aber auch bei Männern finden.
* “In der Weise aber, wie Jannes und Jambres Mose widerstanden, so widerstehen auch diese der Wahrheit, Menschen, verdorben in der Gesinnung, unbewährt hinsichtlich des Glaubens. Aber sie werden nicht weiter fortschreiten, denn ihr Unverstand wird allen offenbar werden, wie auch der von jenen es wurde.“ – 2. Timotheus 3, 8 – 9 – In diesen Versen benutzt Paulus die unter den Gläubigen damals bekannte Geschichte von den ägyptischen Zauberern (2. Mose 7, 11), die mit Mose und Aaron vor dem Pharao eine Auseinandersetzung um die Kraft Gottes bzw. der Götter Ägyptens führten. Diesen Zauberern hatte man später die – biblisch nicht belegten – Namen “Jannes und Jambres“ gegeben, was “Rebell/Aufrührer“ und “Widersacher“ bedeutete. So, wie diese Männer Mose und der durch ihn von Gott offenbarten Wahrheit widerstanden, (2. Mose 7, 11; 2. Mose 9, 11), so widerstehen die bereits tätigen und später noch viel zahlreicher auftretenden, falschen Lehrer der Wahrheit, die Gott durch seinen Sohn Jesus Christus geoffenbart hat (Johannes 17, 14). Mit der Bezugnahme auf “Jannes und Jambres“ macht der Apostel aber auch deutlich, dass der Einfluss und die Wirksamkeit dieser Irrlehrer/falschen Propheten – wie die der ägyptischen Zauberer – begrenzt sein würde: Ihr Unverstand wird allen (wahrhaft Gläubigen) offenbar werden.
* “Du aber hast genau erkannt meine Lehre, mein Betragen, meinen Vorsatz, meinen Glauben, meine Langmut, meine Liebe, mein Ausharren, meine Verfolgungen, meine Leiden: was für Leiden mir widerfahren sind in Antiochien, in Ikonium, in Lystra; was für Verfolgungen ich ertrug, und aus allen hat der Herr mich gerettet.“ – 2. Timotheus 3, 10 – 11 – nach all‘ diesen negativen Kennzeichen der bereits begonnenen und fortschreitenden Kennzeichen der Endzeit, zeigt Paulus seinem jungen Mitarbeiter auf, wie er mit diesen dingen umgehen kann und wie er in Weisheit und gemäß dem Willen Gottes sein Leben in dieser Zeit gestalten kann. Timotheus hatte in der Vergangenheit unter Beweis gestellt, dass er über einen Charakter verfügte, der nachhaltig von der Wahrheit des Wortes Gottes geprägt worden war. Sein Leben stand in einem scharfen Kontrast zu dem Leben, das die beschriebenen Irrlehrer und falschen Propheten führten. Denn er war Paulus in dessen Dienst, d.h. seiner Lehre, seinem Verhalten und seinen Absichten vollkommen gefolgt. Zudem hatte er in seinem Leben die Kennzeichen der Frucht des Geistes (Glaube, Langmut/Geduld, Liebe) geoffenbart. Diesen Lebensstil und diese Charaktereigenschaften schwanden bei Timotheus auch nicht, als er um seines Glaubens an den Erlöser Jesus Christus – wie Paulus – Verfolgung und Leiden ertragen musste. Im Gegenteil, auch in diesen Verfolgungen und Bedrängnissen hatte er sich als treu erwiesen. So wie Paulus, konnte sich auch Timotheus darauf verlassen, dass der Herr Jesus Christus ihm treu zur Seite stand und ihn in diesen schwierigen, traurig machenden Zeiten bewahren würde (Römer 8, 38 – 39).
* “Alle aber auch, die gottselig leben wollen in Christus Jesus, werden verfolgt werden. Böse Menschen aber und Betrüger werden zu Schlimmerem fortschreiten, indem sie verführen und verführt werden.“ – 2. Timotheus 3, 12 – 13 – Timotheus sollte erkennen, dass Bedrängnis und Leiden um des Glaubens an Jesus Christus in einer gottlosen Welt kein Zufall sind. Mit der Hingabe an den Erlöser und damit an die absolute Wahrheit Gottes (Johannes 14, 6 – 7!) beginnt für jeden Gläubigen ein Weg durch eine Welt, die genau das am vehementesten ablehnt: Absolute Wahrheit. Ein solches Leben muss zwangsläufig zu Konflikten führen (Matthäus 10, 22 – 23; Lukas 21, 12; Johannes 15, 20; Apostelgeschichte 14, 22; 1. Thessalonicher 3, 4). Die Gläubigen, die durch das neue Leben, das sie aus Gott empfangen haben, “aus dieser Welt herausgenommen wurden“ (Galater 1, 4), sind fortan nicht mehr “von“ dieser Welt, jedoch leben sie noch “in“ dieser Welt (Johannes 17, 14 – 16) und sollen während ihres Lebens ein Zeugnis für die verändernde Kraft Gottes sein (Philipper 2, 15).
Die Bosheit der Verführer wird zunehmen, je weiter die Endzeit in ihrer Entwicklung voranschreitet. Sie werden dabei nicht nur andere verführen, sondern selbst auch immer mehr verführt werden. Diese Aussage widerspricht dem von Paulus in Vers 9 über die Irrlehrer und falschen Propheten Gesagten nicht. In Vers 13 geht es darum, dass die Bosheit mit dem Verlauf der Zeit stärker wird, in Vers 9 geht es darum, dass trotz allem Gott der Wirksamkeit dieser Irrlehrer/falschen Propheten eine Grenze setzt.
* “Du aber bleibe in dem, was du gelernt hast und wovon du völlig überzeugt bist, da du weißt, von wem du gelernt hast, und weil du von Kind auf die heiligen Schriften kennst, die imstande sind, dich weise zu machen zur Errettung durch den Glauben, der in Christus Jesus ist.“ – 2. Timotheus 3, 14 – 15 – Paulus ruft Timotheus nun die Quelle der Wahrheit ins Gedächtnis und stellt dem jungen Mitarbeiter die zwei wichtigsten Aufgaben seines Dienstes vor Augen: Bezüglich seines persönlichen Lebens soll Timotheus auch weiterhin so in Treue gegenüber Gott leben, wie er es bisher getan hat. Von dem, was er – aus der Heiligen Schrift! – gelernt hat und wovon er völlig überzeugt ist, soll er sich nicht abwenden. Sonst würde er dem Beispiel jener falschen Propheten und Irrlehrer folgen, die Paulus in den Versen zuvor beschrieben hatte.
* “Alle Schrift ist von Gott eingegeben und nützlich zur Lehre, zur Überführung, zur Zurechtweisung, zur Unterweisung in der Gerechtigkeit, damit der Mensch Gottes vollkommen sei, zu jedem guten Werk völlig geschickt.“ – 2. Timotheus 3, 16 – 17 – Und noch einmal betont der Apostel die nicht zu überschätzende Bedeutung des Wortes Gottes, der Heiligen Schrift. Sie sollte die einzige Grundlage und zugleich auch die einzige Richtschnur des gegenwärtigen und zukünftigen Dienstes von Timotheus sein. Während die Betonung in Vers 15 auf der Rolle der heiligen Schrift im Leben des Timotheus in der Vergangenheit (seiner Kindheit und Jugend) liegt, betont Paulus jetzt ihre Bedeutung für Gegenwart und Zukunft.
Allein durch das Wort Gottes, die Heilige Schrift, kann der Mensch Gottes in die Lage versetzt werden, vollkommen und zu jedem guten Werk völlig geschickt, d.h. ausgerüstet, werden. Denn “alle Schrift“ – und hier sind die Schriften des Alten wie des Neuen Testaments gemeint (2. Petrus 3, 16) – ist „von Gott eingegeben“, griech. “θεόπνευστος“ (“theopneustos“), zu deutsch “Gott gehaucht“, vom geist Gottes eingegeben, inspiriert (vgl. erklärend: 2. Petrus 1, 21). Das Buch, das wir heute in unseren Händen halten und das die 66 Bücher des Alten und des Neuen Testaments enthält, ist mehr als ein Buch. Es ist das Wort Gottes und von diesem Wort hat der Herr Jesus Christus gesagt, dass es “Geist und Leben“ ist (Johannes 6, 63). Weil die Heilige Schrift diese geistliche Dimension hat, über die kein anderes Buch verfügt, kann es uns in unserem tiefsten Inneren verändern (vgl. Hebräer 4, 12). Wohin kein menschliches Wort vorzudringen vermag, da schafft das Wort Gottes neues Leben und dauerhafte, positive Veränderung. Denn das Wort Gottes ist Ausdruck des innersten Wesens Gottes (vgl. Johannes 1, 1 + 14; 1. Johannes 1, 1). Von dieser nie versiegenden Quelle geistlicher Kraft sollte Timotheus beständig Gebrauch machen. Sie war und ist nützlich zur Lehre, d.h. um anderen zu helfen, das Wort Gottes und den Plan Gottes zu verstehen. Sie ist nützlich zur Überführung, d.h. um Abweichungen von der Wahrheit Gottes aufzuzeigen. Sie ist nützlich zur Zurechtweisung/Korrektur, d.h. um Gläubige, die die von der Wahrheit Gottes abgewichen sind, wieder zur Wahrheit Gottes zurück zu führen. Sie ist nützlich zur Unterweisung in der Gerechtigkeit, d.h. zur Einübung des Lebens nach den Maßstäben Gottes, wie sie die Schrift offenbart. Und das ist nur ein kleiner Ausschnitt von allen Segnungen, die uns durch den Umgang mit der Heiligen Schrift zuteil werden. Die hier von Paulus genannten (Aus-)wirkungen waren besonders für Timotheus in seiner Situation wichtig. Darüberhinaus schenkt die Heilige Schrift uns aber alles, was ein Mensch Gottes notwendig hat, um seinen bzw. ihren Dienst zu erfüllen (2. Petrus 1, 3). Es liegt an uns, ob wir aus dieser unerschöpflichen Quelle nehmen, was wir zu unserem Dienst benötigen und so Gottes Willen für unser Leben erfüllen, wie Paulus ihn in Epheser 2, 10 und Epheser 3, 10 zusammenfasst:
“Denn wir sind sein Werk, geschaffen in Christus Jesus zu guten Werken, die Gott zuvor bereitet hat, damit wir in ihnen wandeln sollen.“
(Epheser 2, 10)
“(…) damit jetzt den Gewalten und Mächten in der Himmelswelt durch die Gemeinde die mannigfaltige Weisheit Gottes zu erkennen gegeben werde, (…)“
(Epheser 3, 10)
Fußnoten:
¹= vgl. vgl. dazu Eusebius von Caesarea: “Kirchengeschichte”, herausgegeben und eingeleitet von Heinrich Kraft, Kösel-Verlag München, 3., unveränderte Auflage 1989, Seite 146 – 147 (Buch II, 25, 5 ff.), vgl. Seite 151 (Buch III, 1, 3)