Motivation für Christen

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Kreta - Topographische karte / Quelle: Wikipedia/User: Frente

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Zum Hintergrund: Leben und Dienst des Titus

Der Titusbrief und die beiden Timotheusbriefe werden als “Pastoralbriefe“ (“Hirtenbriefe“) bezeichnet, obwohl von keinem dieser Mitarbeiter des Apostels Paulus bekannt ist, dass er einen Hirtendienst versehen hat. Der Grund für diese Bezeichnung liegt wohl darin, dass beide – die Briefe an Timotheus und der Brief an Titus – zahlreiche Aussagen zur inneren Ordnung der Versammlung (= Gemeinde) und ihrem Dienst in der Welt enthalten.
Von Titus wissen wir, dass er griechischer Herkunft war (Galater 2, 3) und aus Titus 1, 4 kann geschlossen werden, dass er durch Paulus zum Glauben an Jesus Christus kam. Er begleitete ihn auf Reisen (Galater 2, 1) und war auch auf dem so genannten “Apostelkonzil“ in Jerusalem anwesend, bei dem die Frage bzgl. der Geltung des jüdischen Gesetzes für Heidenchristen diskutiert wurde (vgl. Galater 2, 1 mit Apostelgeschichte 15, 2). Titus führte Aufträge des Apostels aus. Insbesondere seine Bemühungen um Christen in Korinth sind uns bekannt: Die dortige Versammlung (= Gemeinde) war im Rahmen der zweiten Missionsreise (ca. 51 – 54 n. Chr.) des Apostels entstanden. Paulus verbrachte dort 18 Monate, um die neuen Gläubigen zu unterweisen. Nach seiner Abreise kam es zu einem regen Austausch von Briefen zwischen ihm und den Gläubigen in Korinth. Inhalt dieses Briefwechsels waren zum einen Fragen der Gläubigen, zum anderen Probleme der Versammlung (= Gemeinde). Während sich Paulus im Rahmen seiner dritten Missionsreise in Ephesus aufhielt, erreichten ihn Nachrichten, dass diese Probleme noch immer nicht gelöst waren. Einen darauffolgenden Besuch in Korinth (2. Korinther 2, 1; 2. Korinther 12, 14; 2. Korinther 13, 1 – 2) bezeichnet er als „schmerzhaft“, denn selbst durch seine Anwesenheit konnten nicht alle Konflikte gelöst werden (2. Korinther 2, 5 – 8; 2. Korinther 7, 12). Nach Ephesus zurückgekehrt, schrieb er einen weiteren Brief, den er durch Titus und einen weiteren Bruder nach Korinth bringen ließ (2. Korinther 2, 3 – 4; 2. Korinther 7, 8 – 12; 2. Korinther 12, 18). Dieser Brief ist uns nicht überliefert worden. Mit großer Spannung erwartete Paulus die Rückkehr des Titus und dessen Bericht. Aufgrund von Verfolgung musste er Ephesus verlassen (Apostelgeschichte 20, 1). Nach einem Aufenthalt in Troas reiste er Richtung Mazedonien, um auf diesem Weg Titus zu treffen (2. Korinther 2, 12 – 13). Dieser überbrachte dem Apostel positive Nachrichten: Die Mehrheit der Gläubigen in Korinth war von den falschen Wegen umgekehrt (2. Korinther 7, 6 – 16; 2. Korinther 2, 5 – 11). Im Zusammenhang mit der Überbringung des Briefes war Titus auch mit der Sammlung von Gaben für die bedürftigen Gläubigen in Jerusalem betraut (2. Korinther 8, 6; 2. Korinther 8, 23). Später war Titus auch auf Kreta tätig, wie wir durch den Titusbrief erfahren. Aufgrund von 2. Timotheus 4, 10 wird von einigen Kommentatoren auch eine Tätigkeit in Dalmatien angenommen.

Der Titusbrief

Zeitlich wird der Titusbrief zwischen 63 und 64 n. Chr. (bzw. 62 und 66 n. Chr.), also nach der ersten Gefangenschaft des Apostels, eingeordnet. Es ist offensichtlich, dass dieser Brief nach dem 1. Timotheusbrief und vor dem 2. Timotheusbrief geschrieben wurde. Denn gemäß dem 1. Timotheusbrief und dem Titusbrief befand sich Paulus wieder in Freiheit  (1. Timotheus 1, 3; Titus 1, 5; Titus 3, 12). Außerdem war Titus kurz vor Verfassung des 2. Timotheusbrief noch bei Paulus (vgl. 2. Timotheus 4, 10). Es ist möglich, dass Zenas und Apollos diesen Brief an Titus überbrachten (Titus 3, 13).
Während in den Briefen an Timotheus der Schwerpunkt auf der rechten christlichen Lehre liegt, betont Paulus im Brief an Titus mehr das rechte Verhalten des Christen. Dabei nehmen insbesondere die aus dem Glauben entspringenden guten Werke (Titus 1, 8 + 16; Titus 2, 7 + 14; Titus 3, 1 + 8 + 14) und das vorbildhafte Verhalten des Christen als Zeugnis in einer glaubenslosen Umgebung  (Titus 2, 5, + 7 + 8, + 10, + 11; Titus 3, 1 + 8) einen wichtigen Platz ein. Der Titusbrief umfasst nur drei Kapitel und lässt sich grob wie folgt gliedern:

Kapitel 1: Nach dem apostolischen Gruß (Titus 1, 1 – 4), der in wenigen Worten noch einmal  das ganze Evangelium zusammenfasst, folgt der Auftrag an Titus, Älteste in den Versammlungen (= Gemeinden) anzustellen, sowie eine  Beschreibung der Voraussetzungen für diesen Dienst (Titus 1, 5 – 9). Ein  Ältester musste in der Lage sein, falsche Lehren (insbesondere die Vermischung christlicher Lehre mit dem alttestamentarischen Gesetz, vgl. Titus 1, 10 – 11 + 14) zu widerlegen. Er musste aber auch moralische Voraussetzungen erfüllen (vgl. Titus 1, 6 – 10 + 12).  Die Kreter hatten allgemein keinen guten Ruf (vgl. Titus 1, 12), ihnen wurde Faulheit, Genusssucht und Betrug nachgesagt. Von dieser moralisch dekadenten Umgebung sollten sich die Christen deutlich unterscheiden (vgl. auch Philipper 2, 15) und so den Kretern die praktischen Veränderungen eines durch die Kraft des Evangelium erneuerten Lebens vor Augen führen. Das galt vor allem auch für die Männer, die Verantwortung für die Versammlungen (= Gemeinden) übernehmen sollten.

Kapitel 2: Hier folgen Belehrungen über das christliche Verhalten für 5 Gruppen von Menschen: ältere Männer (Titus 1, 2), ältere Frauen (Titus 1, 3), jüngere Frauen (Titus 1, 4 – 5) und jüngere Männer (Titus 1, 6 – 8), sowie davon noch einmal abgegrenzt, Knechte (Titus 1, 9 – 10), die wir heute als  „Arbeitnehmer“ bezeichnen würden. Zu dieser Gruppe konnten zum damaligen Zeitpunkt ältere wie jüngere Männer gehören.
Während der Apostel diese Dinge mitteilt, ist ihm wichtig, dass Titus nicht nur als Lehrer auftritt, sondern selbst in den Dingen, die er anordnet, ein Vorbild ist. Diese enge Verbindung von Charisma und Charakter, d.h. der Übereinstimmung von Leben und Lehre, finden wir im gesamten Neuen Testament. Wo immer sie fehlt, wird der Heuchelei Raum gegeben. Ein „guter (christlicher) Arbeiter“ zeichnet sich  dadurch aus, dass Lehre und Leben bei ihm eine Einheit bilden (vgl. 2. Timotheus 2, 15; 1. Timotheus 6, 20).
Das Kapitel schließt mit einem sehr wichtigen Hinweis. Wie aus Titus 1, 10 – 11 ersichtlich, gab es auf Kreta falsche Lehrer, die versuchten, das Evangelium der Gnade und Herrlichkeit Gottes (1. Timotheus 1, 11) wieder mit dem alttestamentarischen Gesetz zu vermischen. Damit die Christen nicht den falschen Eindruck bekamen, auch Paulus wolle nur einen Kodex neuer Gesetze einführen, erläutert der Apostel in Titus 2, 11 – 14, unserem Textwort, welche Motivation den Christen zu seinem Lebensstil veranlassen sollte.

In Kapitel 3 geht der Apostel, von dieser Erläuterung der christlichen Motivation ausgehend, noch einmal auf verschiedene Aspekte des christlichen Lebens ein: Christliches Verhalten gegenüber der Regierung, Kennzeichen des christlichen Charakters, Veränderung des gottlosen Lebens durch Jesus Christus, Umgang mit Menschen, die falsche Lehren bringen, Versorgung anderer Mitarbeiter. Grüße schließen den Brief ab.

Motivation für Christen: Gottes Gnade

Unser heutiges Textwort befasst sich, wie ausgeführt, mit der Motivation für den christlichen Lebensstil:

“Denn die Gnade Gottes ist erschienen, heilbringend für alle Menschen, und unterweist uns, damit wir, die Gottlosigkeit und die weltlichen Begierden verleugnend, besonnen und gerecht und gottselig leben in dem jetzigen Zeitlauf, indem wir erwarten die glückselige Hoffnung und Erscheinung der Herrlichkeit unseres großen Gottes und Heilandes Jesus Christus, der sich selbst für uns gegeben hat, damit er uns von aller Gesetzlosigkeit loskaufte und sich selbst ein Eigentumsvolk reinigte, das eifrig sei in guten Werken.“

(Titus 2, 11 – 14)

Die Begründung des christlichen Lebenswandels liegt für Paulus im Evangelium selbst: Die Gläubigen leben auf diese Weise, denn …. die Gnade Gottes ist erschienen! Ihre lebensverändernde Kraft ermöglicht dem Christen ein Verhalten, das sich vom dem seiner nicht an Gott glaubenden Umgebung deutlich unterscheidet. Dieser Lebenswandel ist weder als Erfüllung neuer Gesetze zu verstehen, noch muss der Gläubige ihn aus eigener Kraft führen. Wenn Paulus hier schreibt, dass die „Gnade erschienen“ sei, dann benutzt er den griechischen Ausdruck „epephane“ (“επεφανη“), der ein sichtbares Erscheinen/Eintreffen meint und sich hier natürlich auf die Erscheinung des Erlösers Jesus Christus in seiner Geburt bezieht. In Jesus Christus ist die Gnade Gottes erschienen und hat das Heil, d.h. die Erlösung, gebracht. Damit nimmt der Apostel Bezug auf das Sühnopfer und die Auferstehung Jesu Christi, wodurch alle Menschen die Möglichkeit haben, Vergebung der Sünde und ewigen Gemeinschaft mit Gott zu empfangen.
Die Gnade, die der Christ in der Erlösung, in der Vergebung seiner Schuld und in der Wiederherstellung seiner Beziehung zu Gott erfährt, darf aber nicht nur als „Begnadigungsakt“ verstanden werden. Denn mit der Erlösung empfängt der Gläubige die Gnadengabe des ewigen Lebens (Römer 6, 23).  Diese Gnade wird, richtig verstanden, im Leben des Gläubigen zu einer Kraft, ja Energie, die ihn befähigt, entsprechend zu leben (vgl. z.B. Apostelgeschichte 6, 8; Römer 12, 3; 2. Korinther 12, 9). Das neue Leben aus dem Heiligen Geist, das der Gläubige empfangen hat, entwickelt eine ganz natürliche Sehnsucht, nach einem Gott wohlgefälligen Lebensstil. Die immer neue, dankbare Beschäftigung mit der Gnade Gottes, d.h. dem, was Gott für und in dem Christen getan hat und noch tut, befähigt und lehrt den Gläubigen, Gott gemäß zu handeln. Es ist dabei wichtig, dass wir beachten, dass dies ein Wachstumsprozess ist (vgl. 2. Petrus 3, 18). Der Gläubige ist zwar ab dem Moment seiner Erlösung seiner Stellung nach vor Gott „vollkommen“ (Hebräer 10, 14), gemacht, d.h., Gott sieht ihn als „vollkommen“ in Christus an. Das schließt aber das Wachstum in Praxis nicht aus. Der Gläubige hat in der Erlösung alles empfangen, was er zu diesem Gott wohlgefälligen Leben braucht. Nun gilt es, von dieser Gnade täglich Gebrauch zu machen und darin zu wachsen. Die Mittel dazu findet der Gläubige im Gebet und der Anbetung Gottes (2. Korinther 3, 18), der täglichen Betrachtung des Seines Wortes und der Gemeinschaft mit anderen Gläubigen (vgl. Apostelgeschichte 2, 42).

Motivation für Christen: Den Herrn erwarten

Als weitere Begründung für den christlichen Lebenswandel spricht Paulus das Kommen des Herrn zur Hinwegnahme Seiner Gläubigen an (Titus 2, 13; 1. Thessalonicher 4, 17). Paulus benutzt hier das Wort “prosdechomenoi“ (“προσδεχόμενοι“) in der Gegenwartsform, was deutlich macht, dass das Leben des Gläubigen von dieser täglichen Erwartung geprägt sein soll. Dasselbe Wort benutzt Lukas in seinem Evangelium, um die Erwartungshaltung des Simeon (Lukas 2, 25) und anderer, die auf das Kommen des Messias warteten, zu beschreiben (Lukas 2, 38).  Jeder Gläubige ist aufgefordert, sein Leben zielgerichtet im Hinblick auf das Kommen seines Herrn zu führen. Viele Christen, die auf das Kommen Jesu warten, haben bei anderen Menschen jedoch den Eindruck hinterlassen, als gehe es ihnen nur darum, möglichst schnell aus dem „Wehe, Elend, Leid und Trübsal“ des irdischen Lebens zu entfliehen. Das hat bei vielen Ungläubigen den Eindruck hinterlassen, dass Christen im Grunde genommen nicht „lebensfähig“/“lebenstüchtig“ für diese Welt seien und leider, leider, leider ist dieser Eindruck bei vielen auch richtig gewesen. Doch Christen, die ihr Leben nur als „Durststrecke“ betrachten, die es möglichst schnell zu überwinden gilt und von der sie durch das Kommen des Herrn endlich befreit werden, leben nicht im Einklang mit den apostolischen Belehrungen in Titus 2, 11 – 14. Ja, Christen wissen, dass diese Welt sich nicht mehr in dem Zustand befindet, wie Gott sie geschaffen und gewollt hat. Ja, Christen dürfen sich freuen und sich auch danach sehnen, dass ihr Herr zurückkehren und diese Welt erneuern wird. ABER bis dahin sind Christen aufgerufen, ihrer Umgebung durch ihren täglichen Wandel die lebensverändernde Kraft des Evangeliums ganz praktisch vor Augen zu führen. Gerade durch die Kraft des Evangeliums, durch die Kraft des Heiligen Geistes, sind Christen befähigt, in dieser Welt mit allen ihren Schwierigkeiten zu leben, ja, sogar anders zu Leben als ihre Umgebung. Evangeliumsverkündigung geschieht nicht nur durch Worte, sondern oftmals viel eindrucksvoller durch das Leben des Gläubigen (vgl. Matthäus 5, 16; Römer 12, 17, 2. Korinther 8, 21). Ein solcher Lebenswandel, in dem wir unsere Talente gebrauchen und nicht vergraben,  ehrt den Herrn Jesus Christus und wird uns bei Seinem Kommen nicht beschämt werden lassen (1. Johannes 2, 28; 1. Johannes 3, 3).  Ein Gläubiger, der die Kraft der erlösenden Gnade Gottes in seinem Leben versteht und anwendet, der wird auch die richtige Haltung zum Kommen Seines Herrn einnehmen. Er wird sich nach dem Kommen des Herrn Jesus nicht mehr sehnen, weil er dann dieser Welt entfliehen kann, sondern weil seine Liebe und Dankbarkeit zu diesem Erlöser immer mehr gewachsen sind und er dann endlich für alle Zeit bei Ihm sein kann. 

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