Zephania: Gericht und Gnade

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Der Prophet Zephania und seine Zeit

Das Buch des Propheten Zephania (auch Zephanja/Zefanja geschrieben) ist eines der weniger bekannten Prophetenbücher des Alten Testaments. Wie das Buch des Propheten Maleachi gehört es zu den so genannten „kleinen Propheten“, d.h. zu den zwölf Propheten (Hosea, Joel, Amos, Obadja, Jona, Micha, Nahum, Habakuk, Zephania, Haggai, Sacharja und Maleachi), deren Bücher auf die der “großen Propheten“ (Jesaja, Jeremia, Hesekiel und Daniel) folgen.
Drei Bedeutungen des hebräischen Namens „Zephania“ sind diskutiert worden: „Jahwe verbirgt“,  „Jahwes Wächter“ und „Jahwe bewahrt“. Alle drei Möglichkeiten bringen das zum Ausdruck, was auch eine der Kernaussagen des Prophetenbuches ist: Jahwe, der Schöpfergott, bewahrt sein Volk, hält Wacht über ihm und bringt es sicher durch alle Gefahren und Gerichte hindurch.
Zephania bezeichnet sich selbst als einen Nachfahren von Hiskia (Zephania 1, 1), wobei nicht auszuschließen ist, dass es sich bei diesem Vorfahren um den gleichnamigen König von Juda (716 – 687 v. Chr.) handelt. Der Prophet kann in Jerusalem gelebt bzw. gewirkt haben. Aufgrund seiner genauen Angaben scheint er sich dort zumindest gut ausgekannt zu haben (Zephania 1, 10 – 12). Für eine Zugehörigkeit zum Königshaus sprechen auch die Adressaten, an die seine Bußrufe gerichtet waren. Es handelt sich bei ihnen fast durchgängig um Fürsten, Richter, Propheten und Priester, also die herrschende Elite (Zephania 1, 8 – 9; 3, 3 – 4).
Die Zeit seines Prophetendienstes wird auf 640 – 612 v. Chr. datiert. Dafür spricht zum einen seine eigene Aussage, dass er „in den Tagen Josias, des Sohnes Amons, des Königs von Juda“ (Zephania 1, 1) wirkte. Josia herrschte zwischen 640 – 609 v. Chr. Zum anderen kündigt Zephania den Fall und die Zerstörung Ninives an (Zephania 2, 13), die 612 v. Chr. eintraf. So läßt sich die Wirksamkeit des Prophenten zeitlich grob einordnen. Zu dieser Zeit wirkten auch die Propheten Nahum, Habakuk und Jeremia, wobei Jeremias Wirksamkeit bis nach der Zerstörung Jerusalems (586 v. Chr.) andauerte.

Zephanias Botschaft: Gericht und Erlösung

Ein Vergleich dieser Prophetenbücher zeigt, dass sie alle dem Volk und seinen Herrschern ähnliche Gerichtsbotschaften bzw. Bußrufe Gottes überbringen mussten. Bevor Josia König in Juda wurde, hatten die gottlosen Könige Manasse (695 – 642 v. Chr.) und Amon (642 – 640 v. Chr.) das Land regiert. In der Zeit ihrer Regentschaft war das Volk dem Götzendienst verfallen.
Es ist wichtig, dass wir beim Lesen der Gerichtsankündigungen/Bußrufe daran denken, dass hier kein Volk „aus Versehen“ oder „aus Unkenntnis“ den heidnischen Göttern diente. Dieses Volk hatte seit seiner Befreiung aus Ägypten wie kein anderes die Offenbarungen des Allmächtigen erlebt. Der Schöpfer des Universums, der Ewige Selbst, war ihnen begegnet, hatte sich ihrer erbarmt und war zu ihrem Retter geworden. Er hatte dem Volk ein Gesetz gegeben und Priester bzw. Propheten, durch die Er direkt mit ihnen kommunizierte. Sogar als das Volk aufgrund seines Unglaubens vierzig Jahre durch die Wüste gehen musste, war Gott nicht von seiner Seite gewichen, sondern war am Tag in der Wolkensäule und in der Nacht in der Feuersäule mit ihnen gegangen. Vierzig Jahre lang hatte Er  dieses Volk in der Wüste nicht nur am Leben erhalten, sondern es ihnen regelrecht wohl ergehen lassen. Kurz bevor das Volk in das verheißene Land einzieht, wendet sich Mose in mehreren Reden an die Israeliten. Dabei bezeugt er zweimal:

„Deine Kleider sind nicht zerlumpt an dir, und deine Füße sind nicht geschwollen diese vierzig Jahre lang.“

(5. Mose 8, 4; vgl. 5. Mose 29, 5)

Viele Jahrhunderte später erinnert auch Nehemia an diese Versorgung Gottes und Seine darüber hinaus gehenden Taten für das Volk:

„Ob sie gleich ein gegossenes Kalb machten und sprachen: Das ist dein Gott, der dich aus Ägypten geführt hat! und arge Lästerungen verübten, verließest du sie nach deiner großen Barmherzigkeit doch nicht in der Wüste; die Wolkensäule wich nicht von ihnen des Tages, um sie auf dem Wege zu führen, noch die Feuersäule des Nachts, um ihnen den Weg zu erleuchten, den sie ziehen sollten. Und du gabst ihnen deinen guten Geist, sie zu unterweisen; und dein Manna nahmst du nicht von ihrem Munde, und als sie dürsteten, gabst du ihnen Wasser. Vierzig Jahre lang versorgtest du sie in der Wüste, daß ihnen nichts mangelte; ihre Kleider veralteten nicht und ihre Füße schwollen nicht an. Du gabst ihnen Königreiche und Völker und teiltest ihnen das ganze Gebiet aus, daß sie das Land Sihons einnahmen, das Land des Königs zu Hesbon und das Land Ogs, des Königs zu Basan. Du machtest ihre Kinder zahlreich wie die Sterne am Himmel und brachtest sie in das Land, von dem du ihren Vätern verheißen hattest, daß sie hineinziehen und es einnehmen würden.  Die Kinder zogen hinein und nahmen das Land ein. Und du demütigtest vor ihnen die Einwohner des Landes, die Kanaaniter, und gabst sie in ihre Hand, ebenso ihre Könige und die Völker im Lande, daß sie mit ihnen nach Belieben handelten. Und sie eroberten feste Städte und ein fettes Land und nahmen Häuser in Besitz, mit allerlei Gut gefüllt, ausgehauene Brunnen, Weinberge, Ölbäume und Obstbäume in Menge; und sie aßen und wurden satt und fett und ließen sich’s wohl sein in deiner großen Güte.“

(Nehemia 9, 18 – 25)

Bemerkenswert ist dabei, dass sowohl Mose als auch Nehemia das Volk daran erinnern, dass es diese Wohltaten Gottes aufgrund des vorausgegangenen Götzendienstes (Stichwort: „Goldenes Kalb“, vgl. 2. Mose 32, 4 ff.), gar nicht verdient hatten. Alle diese Wohltaten, ihre Versorgung mit Nahrung und Kleidung, der Schutz auf ihrer vierzigjährigen Wüstenwanderung, der Sieg über die Feinde – das alles verdankten sie einzig und allein der Gnade eines liebenden Gottes.

Doch damit nicht genug. Trotz ihrer vielfältigen Vergehen zu Beginn und während der Wüstenwanderung, hatte Gott ihnen als Volk eine besondere  Berufung zugesprochen:

„Ihr seid meine Zeugen, spricht der HERR, und mein Knecht, den ich erwählt habe, damit ihr erkennet und mir glaubet und einsehet, daß ich es bin; vor mir ist kein Gott gemacht worden und nach mir wird keiner vorhanden sein. Ich, ich bin der HERR, und außer mir ist kein Erretter. Ich habe verkündigt, geholfen und von mir hören lassen und bin nicht fremd unter euch; und ihr seid meine Zeugen, spricht der HERR, daß ich Gott bin. Auch fernerhin bin ich derselbe, und niemand kann aus meiner Hand erretten. Ich wirke, wer will es abwenden?“

(Jesaja 43, 10 – 12)

Mit dieser Berufung hatten sie auch eine einzigartige Aufgabe empfangen:

„So spricht Gott der HERR, der die Himmel geschaffen und ausgespannt und die Erde samt ihrem Gewächs ausgebreitet hat, der dem Volk auf ihr Odem gibt und Geist denen, die darauf wandeln:  Ich, der HERR, habe dich in Gerechtigkeit berufen und ergreife dich bei deiner Hand und will dich behüten und dich dem Volk zum Bund geben, den Heiden zum Licht; daß du die Augen der Blinden öffnest, die Gebundenen aus dem Gefängnis führest und aus dem Kerker die, so in der Finsternis sitzen. Ich bin der HERR, das ist mein Name; und ich will meine Ehre keinem andern geben, noch meinen Ruhm den Götzen!“

(Jesaja 42, 5 – 8 )

Zum Zeugen für Gott, als ein Licht für die Nationen der Welt, war dieses Volk berufen und erwählt worden. Doch anstatt aus Dankbarkeit gegenüber Gottes Wohltaten seiner hohen Berufung entsprechend zu leben, wandte sich das Volk wieder und wieder den Götzen der heidnischen Nationen zu. Damit beleidigten die Israeliten nicht nur den heiligen Gott. Sie schadeten auch den heidnischen Nationen, weil diese durch ihr Handeln nicht von der Sklaverei der Götzen befreit, sondern in ihrem Götzendienst noch bestärkt wurden. Kurz vor der Einnahme des verheißenen Landes hatte Gott das Volk vor einem solchen Verhalten gewarnt und bei Nichtbeachten Seiner Warnungen Gericht angekündigt:

“Darum hütet euch, daß nicht etwa ein Mann oder ein Weib, ein Geschlecht oder ein Stamm unter euch sei, dessen Herz sich heute von dem HERRN, unserm Gott, abwende, und der hingehe, den Göttern dieser Völker zu dienen; (…) Dann wird man antworten: Weil sie den Bund des HERRN, des Gottes ihrer Väter, verlassen haben, den er mit ihnen schloß, als er sie aus Ägyptenland führte; und weil sie hingegangen sind und andern Göttern gedient und sie angebetet haben, Göttern, die sie nicht kannten, und die er ihnen nicht zugeteilt hat.  Darum entbrannte der Zorn des HERRN über dieses Land, (….)“

(5. Mose 29, 18 + 25)

Die Hinwendung der Israeliten zu den heidnischen Götzen geschah also nicht in Unwissenheit, sondern als ein bewußter Akt der Auflehnung gegen Gott. Darum kann Zephania das Gericht Gottes auch als gerecht bezeichnen (Zephania 3, 5).

Umkehr und Begnadigung

Unter dem König Josia kam es dann zu einer geistlichen Erweckung und damit zu einer neuen Hinwendung zu Gott (2. Könige Kapitel 22 + 23; 2. Chronika Kapitel 34 + 35). Es ist unter Kommentatoren umstritten, ob die Bußaufrufe des Propheten Zephania Auslöser für diese Umkehr zu Gott waren. Es gibt Aussagen in seinem Buch, die darauf hindeuten könnten (Zephania 1, 4 – 6; 1, 8 – 9 + 123, 1 – 3 + 7). Andererseits gibt es keine expliziten Aussagen zu der Reform Josias in diesem Prophetenbuch.
Sicher ist jedoch, dass diese Erweckungsbewegung nicht von Dauer war. Zephania betont das gerechte Gericht Gottes (Zephania 1, 2 – 3; 1, 7; 1,  14 – 183, 8 ) über die vielfältigen Sünden, ja die Bosheit des Volkes (Zephania 1, 3 – 617; 3, 1 + 4). Diese prophetischen Aussagen sollten sich  dann – nach dem kurzen zeitlichen Aufschub durch die Erweckung unter Josua –  586 v. Chr. in der Zerstörung Jerusalems erfüllen.
Doch dieses Gericht ist nicht das einzige Gericht, das der Prophet ankündigen muss. Er spricht darüber hinaus von dem kommenden Gerichtstag.  Von diesem „Tag des Herrn“ spricht er mehr als jeder andere Prophet des Alten Testaments, nämlich in 24 Versen seines Buches. Gleichzeitig verweist er aber auch auf Gottes Wunsch, dem Volk zu vergeben (Zephania 2, 3), es wiederherzustellen (Zephania 3, 10 – 13) und zu segnen (Zephania 3, 14 – 17). Mit der Ankündigung des Gerichts über Sünde und Bosheit ist bei Zephania auch immer die Ankündigung von endgültiger Errettung derjenigen verbunden, die vom Götzendienst zu Gott umkehren. Darum wird auch in diesem Buch wie bei kaum einem anderen Propheten des Alten Testaments deutlich, dass das Gericht nie Gottes „letztes Wort“ an Sein Volk ist. Aus diesem Grund fordert der Prophet den zu Gott umkehrenden Überrest des Volkes (Zephania 3, 12) auch zur Freude auf:

„Jauchze, du Tochter Zion! Frohlocke, Israel! Freue dich und sei fröhlich von ganzem Herzen, du Tochter Jerusalem! Denn der Herr hat deine Strafe weggenommen und deine Feinde abgewendet. Der Herr, der König Israels, ist bei dir, dass du dich vor keinem Unheil mehr fürchten musst.“

(Zephania 3, 14 – 15)

Und der Prophet weist darauf hin, wie groß die Freude Gottes darüber sein wird, dass ein Überrest Seines Volkes zu Ihm umkehren wird:

“Der HERR, dein Gott, ist in deiner Mitte, ein Held, der helfen kann; er wird sich über dich freuen mit Wonne, er wird schweigen in seiner Liebe, er wird über dir jubelnd frohlocken.“

(Zephania 3, 17)

Vergleichen lässt sich diese endgültige, noch ausstehende Wiederherstellung und Annahme Israels bei Gott, nur mit der Rückkehr des verlorenen Sohnes in das Haus des wartenden Vaters (Lukas 15, 11 – 24).

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