Zuhören ist (wieder) angesagt!


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In Römer 15, 4 schreibt der Apostel Paulus:

“Denn alles, was zuvor geschrieben ist, ist zu unserer Belehrung geschrieben, auf daß wir durch das Ausharren und durch die Ermunterung der Schriften die Hoffnung haben.“

Unter den beiden Aspekten “Belehrung“ und “Hoffnung“ möchte ich im Folgenden das  19. Kapitel des 1. Buches der Könige betrachten.

Zum Hintergrund

Der biblische Bericht über das Wirken des Propheten Elia, den wir in den Kapiteln 17 ff. finden, wird den meisten Lesern bekannt sein:
In Kapitel 17 wird uns vom ersten Auftreten Elias als Prophet Gottes und von der  Vorhersage einer Dürre als göttliches Gericht über das abgefallene Volk Israel berichtet (Vers 1). Wir lesen, wie Elia von Gott an den Bach Krith gesandt und dort auf wunderbare Weise von Ihm versorgt wird (Verse 2 – 6). Nach einiger Zeit spricht Gott erneut zu Elia und sendet ihn zu einer Witwe in der Stadt Zarpat. Auch dort erlebt der Prophet – und mit ihm die Witwe und ihr Sohn – die Versorgung Gottes auf wunderbare Weise. Als dann der Sohn der Witwe erkrankt und stirbt, benutzt Gott den Propheten, um den Jungen aufzuerwecken und ihn seiner Mutter zurück zu geben (Verse 7 – 24).
Das 18. Kapitel des 1. Buches der Könige beginnt dann damit, dass Elia erneut das Reden Gottes vernimmt und von Ihm zu Ahab, dem götzendienerischen König Israels, gesandt wird (Verse 1 – 2). Auf dem Weg zu Ahab begegnet Elia einem Diener des Königs, dem gottesfürchtigen Obadja. Von diesem erfährt er, dass Obadja 100 Propheten Gottes in Höhlen vor dem König Ahab verborgen hält und diese mit Lebensmitteln versorgt. Kurz darauf kommt es zu einer Begegnung zwischen dem Propheten Elia und dem König Ahab, bei der Elia die Propheten Baals und die Propheten der Aschera, die am Königshof den Platz der Propheten Gottes eingenommen haben, zu einem “göttlichen Duell“ auf dem Berg Karmel herausfordert. Ahab nimmt die Herausforderung Elias an und versammelt seine Baals- und Ashera-Propheten, 850 an der Zahl, auf dem Berg Karmel. Auch das Volk geht auf die Herausforderung Elias ein und stimmt zu, in Zukunft dem Gott  gehorchen zu wollen, der  sich auf dem Karmel als der lebendige Gott erweisen wird. Es folgt die Beschreibung des Opfers und der erfolglosen Versuche der Baals- bzw. Ashera-Priester, ihren Götzen zum Eingreifen zu bewegen. Anschließend lesen wir vom Opfer des Propheten Elia und von dem verzehrenden Feuer, durch das Gott Seine Macht und Seinen Anspruch auf das Volk Israel bestätigt. Das Volk wendet sich in einer ersten Reaktion Gott wieder zu und führt die Baals- und Ashera-Propheten der in 5. Mose 13, 1 – 6 angedrohten Strafe zu (Vers 40). Im Anschluss daran schenkt Gott erneut Regen und beendet damit die Gerichtszeit, die Er über Israel verhängt hatte (Verse 41 – 46).
Würde die Geschichte Elias hier enden, dann könnten wir sie mit folgenden Worten zusammenfassen: Belehrung: “Vertrau‘ Gott, folge seinem Wort, sieh seinen Sieg!“ – Hoffnung: “Elia war ein Mensch wie wir (Jakobus 5, 17). Wenn wir Gott gehorchen, kann Gott uns zu großen Taten gebrauchen!“
ABER: Der Bericht endet hier nicht, die Geschichte Elias geht weiter: Kapitel 19 berichtet uns davon, dass Isebel, die Frau Ahabs und Elias größte Widersacherin, die Niederlage ihrer Propheten nicht so leicht hinnimmt. Ganz im Gegenteil. Isebel sendet einen Boten zu Elia, der dem Propheten eine Morddrohung der Königin auszurichten hat (Vers 1 – 2). Elia reagiert darauf, indem er buchstäblich “um sein Leben läuft“. Er “macht sich aus dem Staub“, verlässt das Land und begibt sich in die Wüste. Auf diesem Weg jedoch begegnet ihm Gott und versorgt ihn (Verse 3 – 9).  Von Gott gestärkt wandert Elia zum Berg Horeb, wo ihm Gott auf besondere Weise begegnet und ihn erneut zum Dienst aussendet (Verse 10 – 21).
Welche – ganz praktischen – Lehren können wir aus diesen Berichten für unser Leben ableiten?

Lehre 1: Zeiten des Sieges sind gefährliche Zeiten

Wenn man den Bericht über Elias Wirken ab Kapitel 17 bis zu dem Gottesurteil auf dem Karmel in Kapitel 18 liest, dann kann man den Eindruck bekommen, dass Elia einer jener Gläubigen ist, die “von Sieg zu Sieg gehen“. Alles scheint ihm – natürlich durch Gottes Gnade – zu gelingen. Sieg auf der ganzen Linie! Doch diese Siegeslinie bricht in dem Moment ab, in dem Elia mit der Drohung Isebels konfrontiert wird.
Es wird berichtet, dass ein Pastor während der Bombardierung Londons im 2. Weltkrieg ein Schild an seinem Kirchengebäude anbrachte, auf dem man folgende Aussage lesen konnte: “Wenn deine Knie zittern, beuge sie im Gebet!“ – Isebel hatte eine Bombe abgeworfen – eine hässliche Drohung und diese Drohung erreichte ihr Ziel: das Herz Elias. Anstatt inne zu halten und zu beten. d.h., neu auf Gott zu hören, flüchtet der Prophet. Erinnern wir uns: Gott hatte mehrfach zu Elia gesprochen, ihn nach Krith, Zarpat und auf den Karmel gesandt. Jedes Mal war Gott mit ihm und der Prophet deshalb erfolgreich gewesen. Jetzt wartet Elia nicht auf ein Reden Gottes, voller Furcht flieht er in die Wüste.

Zeiten geistlicher Siege sind auch immer gefährliche Zeiten. In Epheser 6, 12 – 18 sagt der Apostel Paulus, dass sich unser Kampf nicht gegen Fleisch und Blut, d.h. gegen Menschen, richtet, sondern gegen geistliche Mächte. Diese Mächte geben ihr Territorium nur ungern auf und sie unternehmen alles, um ihre Niederlage rückgängig zu machen. Eine ihrer erfolgreichsten Waffen in diesem Kampf ist Furcht. Geistliche Siege verbrauchen Kraft, die erneuert werden muss. In solchen Augenblicken ist der Gläubige angreifbar, ja verletzlich, wenn er sich nicht Gott zuwendet, der ihn mit neuer Kraft ausrüsten will (Epheser 5, 18; Römer 15, 13). Kraftlos wie er ist, weiß Elia in diesem Moment keine andere Lösung, als zu fliehen. Welche Alternativen hätte er gehabt? Er hätte sich z. B. an die Erfahrungen Davids erinnern und damit stärken können (vgl. Psalm 34, 4; Sprüche 29, 25).
Hiskia, ein König Judas, der knapp hundert Jahre nach Elias Auftreten herrschen wird, erhält auch einen Drohbrief, doch anstatt vor dem Feind zu fliehen, bringt der König den Brief in dem Tempel Gottes, breitet ihn dort vor Gott aus und betet (Jesaja 37, 8 – 20). Gott antwortet auf dieses Gebet und Hiskias Feinde werden vertrieben (Jesaja 37, 20 – 38).
In Zeiten geistlicher Siege ist keine Euphorie angesagt, sondern vermehrte Wachsamkeit. Wenn Isebels Drohpfeile fliegen, gilt es, diesen den Schild des Glaubens entgegen zu halten. Glaube aber kam und kommt immer nur aus einer Quelle: dem Wort Gottes (Römer 10, 17). Elia hätte neu hinhören können. Er hatte ja die Erfahrung gemacht, dass er immer genug Kraft hatte, einen Auftrag erfolgreich auszuführen, vorausgesetzt, Gott berief ihn dazu. Aber der Prophet nimmt sich die Zeit zum Zuhören diesmal nicht. Er geht nach Beersheba, dem südlichsten Punkt des Landes. Dort lässt er seinen Diener zurück und wandert noch weiter in die Wüste Sinai. Unter einem Ginsterstrauch sitzend, bittet er Gott, sterben zu dürfen. Er hat nicht nur vergessen, dass Hilfe und neue Kraft immer nur aus Gottes Wort empfangen werden, nein er hat auch vergessen, dass nicht die Königin Isebel oder er selbst, sondern allein Gott über den Beginn bzw. das Ende des menschlichen Lebens entscheidet (5. Mose 32, 39).

Lehre 2:   Zuhören ist (wieder) angesagt

Obwohl der Prophet einen falschen Weg einschlägt (aus dem verheißenen Land zurück in die Wüste), verlässt Gott ihn nicht. Nein, Er stärkt ihn sogar. So gestärkt wandert er in vierzig Tagen zum Horeb. Diese Strecke hätte der Prophet innerhalb von vierzehn Tagen bewältigen können, doch analog zur Wüstenreise des – ungläubigen – Volkes, lässt Gott den Propheten vierzig Tage wandern und damit beginnt der erste Schritt zu Elias Wiederherstellung. Als er auf dem Berg ankommt, geht er dort in „die“ Höhle. Genaue Bibelübersetzungen schreiben nicht: “in >eine< Höhle“, sondern, wie auch der hebräische Text von 1. Könige 19, 9, „in >die< Höhle“. Eine Vielzahl von Kommentatoren verweist darauf, dass es sich bei dieser Höhle um die Höhle gehandelt haben muss, in der sich auch Mose aufhielt, als er eine Gottesbegegnung auf dem Berg Horeb hatte (2. Mose 33, 21 – 23).  Nachdem Elia wie die Israeliten aufgrund von Unglauben vierzig Tage durch die Wüste wandern musste,  führt Gott ihn auf den Berg um ihm dort – wie einst Mose – zu begegnen. Gott lässt einen starken Wind, ein Erdbeben und ein Feuer – drei (!) gewaltige Zeichen Seiner Macht – vorübergehen. Aber Er Selbst offenbart sich erst anschließend in einem stillen, sanften Säuseln. Elia hatte Gottes machtvolle Taten an drei (!) Orten erlebt, zu denen Gott ihn gesandt hatte: am Bach Krith, in Zarpat und auf dem Berg Karmel. Offensichtlich dachte er, dass dies jetzt immer so weitergehen müsste. Als er dann mit der Drohung Isebels konfrontiert wird, ist er darauf nicht gefasst und scheitert. Indem Gott Seinem Propheten jetzt auf eine andere Weise als bisher begegnet, macht Er deutlich, dass Er auf ganz unterschiedliche Weisen handelt. Um zu wissen, was Gott tut bzw. tun will, muss der Prophet zuhören, neu hin hören! Stille ist angesagt! – Als Elia am Berg Horeb ankommt, fragt Gott ihn zweimal: “Was tust du hier, Elia?“ Bei dieser Frage geht es Gott nicht darum, über Elias Befindlichkeiten informiert zu werden. Die kennt Er. Vielmehr sollen diese Fragen Elia zum Nachdenken bringen. Denn wenn der Prophet ehrlich zu sich selbst ist, dann wird ihm klar werden: Eigentlich habe ich hier nichts zu suchen, Gott hat mir nie gesagt, dass ich hierher gehen soll. Als Gott sicher ist, dass Elia sein Problem erkannt hat, beauftragt Er ihn neu und sendet ihn zurück zu seinem Volk. Und Gott begegnet Elias größter Sorge. Obwohl er doch von Obadja gehört hatte, dass es außer ihm noch 100 andere, verborgene Propheten gibt, meint Elia immer wieder, allein zu sein. Immer wieder betont er das vor Gott. Aber Gott gibt ihm eine Zusage: Du bist nicht allein. Außer Hasael, Jehu und Elisa, die Gott gemeinsam mit Elia zur Erfüllung Seiner Pläne gebrauchen will, gibt es noch 7000 andere Menschen in Israel, die nicht dem Götzendienst Ahabs verfallen sind, sondern Gott die Treue gehalten haben.

Hoffnung: Ein Mensch wie wir

In Jakobus 5, 17 wird uns gesagt, dass Elia „ein Mensch wie wir“ war. Der griechische Text sagt „ein Mensch mit gleichen Gemütsbewegungen/Emotionen“ wie wir. Als Menschen „wie Elia“ werden auch wir Fehler machen, Situationen falsch einschätzen, aus Furcht die Flucht antreten, Extrarunden in der Wüste drehen …. ABER: Wie Elia dürfen auch wir zu Gott rufen und erwarten, dass Gott uns vergibt, uns wiederherstellt, neu zu uns redet und uns neu gebraucht. Wie Elia sind auch wir nicht zum Scheitern verurteilt, wie bei Elia muss ein Wüstenweg nicht das endgültige Aus für unseren Dienst bedeuten.

Von Elia dürfen wir lernen, wie wichtig es ist, immer wieder neu auf Gott zu hören. Gemäß Epheser 2, 10 hat Gott Werke für uns vorbereitet, in denen wir wandeln sollen. Diese Werke aber werden wir nur erkennen und vollbringen können, wenn wir immer wieder neu von Ihm hören, was, wann, wie zu tun ist. Gebet, das Lesen des Wortes Gottes, Wegweisung aus Predigt und geschwisterlichem Austausch sind dazu unerlässlich.

Wie Elia dürfen wir wissen, dass wir nicht allein sind: neben den anderen Gläubigen, mit denen wir Jesus Christus gemeinsam folgen, hat Gott uns den Heiligen Geist, den verheißenen Tröster und Beistand (Johannes 16, 7) gesandt, der uns in alle Wahrheit führen will (Johannes 16, 13). Wahrlich: ein starkes Team!

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