Der zweite und der dritte Kelch – Anmerkungen zu Lukas 22, 17 – 18

 

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Abendmahl * Foto: Ralf Dietermann / pixelio.de

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Die Bibelworte für die Wortverkündigung am kommenden Sonntag stammen aus dem Lukasevangelium (zum Hintergrund des Lukasevangeliums siehe hier und hier):

“Und er nahm einen Kelch, dankte und sprach: Nehmt diesen und teilt ihn unter euch. Denn ich sage euch, dass ich von jetzt an nicht von dem Gewächs des Weinstocks trinken werde, bis das Reich Gottes kommt.“

(Lukas 22, 17 – 18; LUTH’84)


Zum Kontext von Lukas 22, 17 – 18

* Der Kontext von Lukas 22, 17 – 18: In den Kapiteln 2224 des Lukasevangeliums schildert der Evangelist das Leiden, die Kreuzigung und die Auferstehung Jesu Christi, sowie die damit zusammenhängenden Ereignisse: In Lukas 22, 1 – 6 lesen wir, wie die geistlichen Führer Israels die Verhaftung Jesu planen und wie Judas sich ihnen zur Verfügung stellt, um seinen Herrn zu verraten. In Lukas 22, 7 – 13 werden uns dann die Vorbereitungen der Jünger für das Passahfest geschildert. In Lukas 22, 14 – 38 berichtet der Evangelist von den Geschehnissen, die sich rund um das letzte Passahfest des Herrn und Seiner Jünger im Obersaal zugetragen haben: die bewegenden Worte des Herrn zu Beginn der Feier (Lukas 22, 15 – 16), Seine Worte über den zweiten Kelch (Lukas 22, 17 – 18) und die Einsetzung des Herrenmahles (Lukas 22, 19 – 20), die Ankündigung Jesu, dass Er verraten werden wird (Lukas 22, 21 – 23). Aus diesem Zusammenhang stammen auch die Bibelworte für den morgigen Sonntag. 

Anmerkungen zu Lukas 22, 17 – 18

* “Und er nahm einen Kelch, dankte und sprach: Nehmt diesen und teilt ihn unter euch.“ Lukas 22, 17 – Im Neuen Testament wird uns die Einsetzung des Herrenmahls durch vier Berichte überliefert: Matthäus 26, 26 – 29; Markus 14, 22 – 25; 1. Korintherbrief 11, 23 – 26 und in Lukas 22, 19 – 20. Jeder dieser Berichte hat einen unterschiedlichen Schwerpunkt. Auf diese Weise ergänzen alle Berichte einander und geben für uns ein vollständiges Bild.
Mehrere Kelche: Wer den Bericht des Lukas über die Einsetzung des Mahles des Herrn vollständig liest, also Lukas 22, 7 – 22, der wird feststellen, dass in diesem Bericht von verschiedenen Kelchen die Rede ist. Ein Kelch wird in Vers 17 genannt (“einen Kelch“), ein anderer in Vers 20 (“den Kelch nach dem Mahl“). Dabei wird deutlich, dass der Kelch, der in Vers 17 genannt wird, nichts mit dem erst anschließend (ab Vers 19) eingesetzten Mahl des Herrn zu tun hat.
Warum ist in diesem Abschnitt von mehreren Kelchen die Rede? Der Herr Jesus Christus benutzt das Passahmahl, das den Kindern Israel, also dem irdischen Volk Gottes, zur Erinnerung an Gottes wunderbare Errettung aus dem Sklavenhaus Ägypten gegeben wurde (vgl. 2. Mose 12, 14 – 28), um bei dieser Gelegenheit das Mahl zu Seinem Gedächtnis einzuführen, das der Versammlung (= Gemeinde / Kirche), also dem himmlischen Volk Gottes gegeben werden sollte. Zwischen beiden Feiern – dem Passahmahl und dem Mahl des Herrn – gibt es Parallelen aber eben auch entscheidende Unterschiede. Es ist hier weder Raum noch Zeit, auf alle wichtigen Gemeinsamkeiten / Unterschiede einzugehen, darum möchte ich nur auf die wichtigsten Punkte hinweisen:
Aus Lukas 22, 15 + 19 wird deutlich, dass der Herr Jesus Christus das “wahre Passahlamm“ (vgl. dazu: 1. Korinther 5, 7!) ist. Während das Blut der Opfertiere, und damit auch des Passahlammes, die Sünden des Volkes nur “bedecken“ konnte, können sie nun durch das Blut des Sohnes Gottes vollkommen weggenommen werden (vgl. Hebräer 10, 4 + 11 + 17; 1. Johannes 3, 5). Das Passahlamm war also ein typologischer Hinweis auf den kommenden Erlöser, das “wahre Passahlamm“, das nicht nur die Sünden der Kinder Israels, sondern der Welt wegnehmen sollte (vgl. 1. Johannes 2, 2). Dies wird auch insbesondere dadurch deutlich, dass uns die Heilige Schrift an vielen Stellen bezeugt,  dass Er – Jesus Christus – , “das Lamm Gottes“ ist (vgl. Johannes 1, 29 + 36; Offenbarung 5, 6; Offenbarung 15, 3; Offenbarung 19, 9).
Während das Passahmahl symbolisch auf das Kommen des Erlösers (in der Zukunft) hindeutete, gedenken wir beim Mahl des Herrn der durch den Sohn Gottes (in der Vergangenheit) vollbrachten Erlösung.
Im Rahmen des Passahmahles werden nach einem genau festgelegten Ritus verschiedene Speisen gegessen. Zwischen diesen Speisen werden – ebenfalls nach einer bestimmten Reihenfolge – vier Becher bzw. Kelche Wein getrunken. Dieser Brauch hat seinen Ursprung nicht in der Heiligen Schrift, sondern hat sich erst im rabbinischen Judentum herausgebildet. In 2. Mose 12, 14 ff. findet sich dazu keine Anweisung Gottes. Wein wird in diesem Kapitel nicht einmal erwähnt. Dennoch greift unser Herr diese Tradition zuerst auf. Aus Lukas 22, 15 erfahren wir, dass der Herr diese Feier eindeutig als eine Passahfeier ansieht:

“Mit Sehnsucht habe ich mich gesehnt, dieses Passah mit euch zu essen, ehe ich leide.“

Dementsprechend haben der Herr und die anwesenden Jünger auch bei dieser Passahfeier vier Becher (oder Kelche) Wein getrunken. Von dem ersten Becher bzw. Kelch, der zu Beginn der Feier getrunken wurde, lesen wir in Lukas 22, 17 f. nichts.
Der zweite Becher bzw. Kelch, der während der eigentlichen Passahfeier getrunken wurde, ist jener Becher bzw. Kelch, der in Lukas 22, 17 erwähnt wird. Wein ist in der Heiligen Schrift sehr oft ein Symbol für irdische Freude (vgl. Psalm 104, 15; Prediger 9, 7; Joel 1, 12). Wenn der Herr Jesus Christus in Lukas 22,  18 also sagt:

* “Denn ich sage euch, dass ich von jetzt an nicht von dem Gewächs des Weinstocks trinken werde, bis das Reich Gottes kommt.“Lukas 22, 18 – dann macht er in Übereinstimmung mit Vers 15, wo Sein Leiden angekündigt wird, deutlich, dass die Zeit dieser Art der Freude für Ihn hiermit beendet ist. Diese Freude wird unser Herr erst wieder in dem kommenden Reich Gottes empfinden und mit uns teilen (vgl. Lukas 22, 16 + 18). Mit diesem zweiten Kelch verbindet der Herr Jesus Christus also die Verheißung des Kommens Seines Reiches, das für alle, die es erleben und in es eingehen werden (vgl. Johannes 3, 1 – 6) große Freude bedeuten wird.
Erst im Anschluss an diese Worte setzt der Herr das Mahl zu Seinem Gedächtnis ein. In diesem Zusammenhang versah  der Herr die Elemente des Passahmahls – Brot und Wein – mit einer neuen Bedeutung: In Zukunft würden sie Seinen Leib und Sein Blut versinnbildlichen. Die getrennte Nennung von Brot und Wein und ihre getrennte Austeilung an die Jünger hat eine tiefe Bedeutung: Nur auf diese Weise symbolisieren sie die den Opfertod Jesu am Kreuz, bei dem Er Seinen Leib für uns hingab und Sein Blut für uns vergoss. Indem der Gläubige beide Elemente in sich aufnimmt, wird die in geistlicher Weise bereits durch die neue Geburt (vgl. Johannes 3, 1 – 6) bestehende Lebensgemeinschaft mit dem Erlöser verdeutlicht.
Gleich mit dem ersten Satz der so genannten “Einsetzungsworte“ macht der Herr klar, dass Er der Mittelpunkt dieser Feier sein muss: “Mein Leib …. zu meinem Gedächtnis.“ Unser Augenmerk soll sich primär auf dem Herrn Jesus Christus und Sein Opfer konzentrieren und erst dann auf die Segnungen, die uns dadurch zuteil werden.
“ … zum meinem Gedächtnis“ ist ein Gebot unseres Herrn, nicht eine Möglichkeit unter vielen. Dies bestätigt auch der Apostel Paulus, wenn er schreibt:

“Denn ich habe von dem Herrn empfangen, was ich euch weitergegeben habe: Der Herr Jesus, in der Nacht, da er verraten ward, nahm er das Brot, dankte und brach’s und sprach: Das ist mein Leib, der für euch gegeben wird; das tut zu meinem Gedächtnis. Desgleichen nahm er auch den Kelch nach dem Mahl und sprach: Dieser Kelch ist der neue Bund in meinem Blut; das tut, sooft ihr daraus trinkt, zu meinem Gedächtnis. Denn sooft ihr von diesem Brot esst und aus dem Kelch trinkt, verkündigt ihr den Tod des Herrn, bis er kommt.“

(1. Korinther 11, 23 – 26; LUTH’84)

Dass die dankbare und anbetende Erinnerung an den Herrn Jesus Christus selbst und an Sein stellvertretendes Sühnopfer im Mittelpunkt dieser Feier stehen müssen, sollte jedem Gläubigen verständlich sein: Nur durch Sein in unendlicher Liebe dargebrachtes Opfer können uns all jene geistlichen und materiellen Segnungen zuteil werden, die wir in unserem Glaubensleben empfangen. Er ist die Quelle, der einzige Ausgangspunkt unserer Erlösung.
Wo Gläubige sich in erster Linie auf die Segnungen Gottes konzentrieren – auch auf die Segnungen, die mit dem kommenden Reich Gottes einhergehen werden -, da gleichen sie Kindern unter dem Weihnachtsbaum, die angesichts der Geschenke die Liebe ihrer Eltern vergessen. Wahre Dankbarkeit entsteht aber erst dann, wenn wir uns auf die Quelle unserer Segnungen besinnen. Wenn wir uns bei diesem Mahl Zeit nehmen, um über die Person unseres Erlösers und Sein Werk nachzudenken, dann kann das nur dazu führen, dass Er in unseren Herzen immer größer wird und wir im Anschauen Seiner Person in Sein Bild verwandelt werden (2. Korinther 3, 18; Römer 8, 29).

Anschließend an die Austeilung des gebrochenen Brotes heißt es dann, dass der Herr einen weiteren Becher bzw. Kelch nahm: “Desgleichen auch den Kelch nach dem Mahl und sprach: Dieser Kelch ist der neue Bund in meinem Blut, das für euch vergossen wird!“ (vgl.  Lukas 22, 20). Bei diesem Kelch handelte es sich um den dritten Becher bzw. Kelch der im Verlauf des Passahfestes und zwar nach dem eigentlichen Passahmahl –  getrunken wurde. Das Brechen des Brotes und das Reichen des – dritten – Kelches wird von dem Herrn nun – wie das gebrochene Brot – mit einer ganz neuen Bedeutung versehen: Während das gebrochene Brot Seinen für uns hingegebenen Leib symbolisiert, stellt der Becher bzw. Kelch Wein, von dem die Glaubenden genießen, Sein vergossenes Blut dar.  Der hier genannte – dritte Becher bzw. Kelch – symbolisiert also fortan nicht mehr die Freude auf das Kommen des Reiches Gottes, sondern Sein vergossenes Blut. Damit verweist dieser Kelch auf die Grundlage unserer Erlösung, den Tod Jesu Christi am Kreuz, und damit auf die Quelle aller Freude, die der Christ bereits hier und jetzt sowie in der Zukunft erfahren wird.
Wie ich bereits an anderer Stelle aufgezeigt habe (Klick!) gilt der neue Bund Gottes Seinem Volk Israel. Als Christen sind wir keine “Bundesgenossen“, sondern Kinder Gottes und als solche dürfen wir an den Segnungen dieses Bundes heute schon teilhaben, auch wenn dieser nicht mit uns geschlossen wurde. Wenn wir nun hier die Worte des Herrn lesen : “Dieser Kelch ist der neue Bund in meinem Blut ….“, dann sollten wir daran denken, zu wem der Herr hier sprach. Es waren Seine ersten 12 Jünger und sie alle stammten aus dem Volk  Israel. Auf diese Weise bildeten sie nicht nur die Keimzelle der Gläubigen des Gnadenzeitalters, also der Versammlung (= Gemeinde/Kirche), sondern auch gleichzeitig die Keimzelle jenes “Überrestes aus Israel“, der zum Glauben an Jesus Christus als den von Gott gesandten Messias findet und mit dem dieser Bund geschlossen werden wird.

 

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