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Der neue Bund (Jeremia 31, 31 – 33)
Das Textwort, das für den morgigen Sonntag findet sich in Jeremia 31, 31 – 33:
“Siehe, es kommt die Zeit, spricht der HERR, da will ich mit dem Hause Israel und mit dem Hause Juda einen neuen Bund schließen, nicht wie der Bund gewesen ist, den ich mit ihren Vätern schloss, als ich sie bei der Hand nahm, um sie aus Ägyptenland zu führen, ein Bund, den sie nicht gehalten haben, ob ich gleich ihr Herr war, spricht der HERR; sondern das soll der Bund sein, den ich mit dem Hause Israel schließen will nach dieser Zeit, spricht der HERR: Ich will mein Gesetz in ihr Herz geben und in ihren Sinn schreiben, und sie sollen mein Volk sein und ich will ihr Gott sein.“
Mit diesen Versen wird uns ein wichtiges Thema vor Augen gestellt, das leider viel zu wenig betrachtet wird und über das daher auch vielfach Unwissen, teilweise auch Verwirrung, herrscht: Der neue Bund Gottes für Israel und die Beziehung, in der wir als Christen zu diesem Bund stehen. Für viele werden darum die Gedanken, die ich im Folgenden entfalten möchte, auch ungewohnt oder neu sein, mancher wird sie sicherlich auch pauschal ablehnen. Ich würde mich aber freuen, wenn der eine oder andere einfach einmal die folgenden Gedankengänge anhand seiner Bibel nachvollzieht.
Die Bedeutung des Bundes in der Heiligen Schrift
Aus Jeremia 31, 31 – 33 geht eindeutig hervor, dass Gott verheißt, Er werde einen neuen Bund “mit dem Hause Israel und mit dem Hause Juda“ schließen. Um diese Aussage richtig einordnen zu können, müssen wir zuerst einmal fragen: Was ist ein Bund? Charles F. Lincoln definiert in seinem Buch “The Covenants“ Bundesschlüsse Gottes folgendermaßen:
“Ein göttlicher Bund ist (1) eine souveräne Verfügung Gottes, durch die Er einen bedingungslosen oder deklaratorischen (erklärenden) Vertrag mit Menschen schließt, sich selbst dabei durch die uneingeschränkte Formel ‚ICH WERDE‘ verpflichtend, die Bündnispartner zu segnen, oder (2) ein Angebot Gottes, bei dem Er in einem bedingten oder wechselseitigen Vertrag mit Menschen durch die einschränkende Formel “WENN DU/IHR … WIRST/WERDET“ den Bündnispartnern bestimmte Segnungen verheißt, vorausgesetzt, dass der Mensch die von Gott gestellten Bedingungen vollkommen erfüllt. Bei Nichterfüllung dieser Bedingungen wird die in dem Bundesschluss angekündigte Strafe vollzogen.“¹
Ein “Bund“ im biblischen Sinn kann also als Vertrag zwischen Gott und Menschen als Bündnis-/Vertragspartnern Gottes bezeichnet werden. In der Heiligen Schrift werden uns folgende Bundesschlüsse Gottes gezeigt²:
1) Der Bundesschluss in Eden (1. Mose 1, 28 – 30; 1. Mose 2, 16 – 17) umfasst sieben Merkmale, die das Leben des noch nicht gefallenen Menschen auf der Erde bestimmten.
2) Der Bundesschluss mit Adam (1. Mose 3, 14 – 19), in welchem Gott in sieben Punkten die Bedingungen festlegt, unter denen der Mensch nach dem Sündenfall auf der Erde leben wird.
3) Der Bundesschluss mit Noah (1. Mose 8, 20 – 1. Mose 9, 27). In diesem Bund legt Gott (ebenfalls in sieben Punkten) die Bedingungen für menschliche Verantwortung und Regierung fest.
4) Der Bundesschluss mit Abraham (1. Mose 12, 1 – 3; 1. Mose 13, 14 – 17; 1. Mose 15, 1 – 18). Dieser Bundesschluss garantiert den ewigen Segen Gottes über Abraham, seine Familie und seiner gesamten Nachkommenschaft auf dieser Erde. Auch er umfasst sieben Punkte.
5) Der Bundesschluss am Sinai (2. Mose 20, 1 – 2. Mose 31, 18). Dieser Bundesschluss ist wohl der bekannteste. Er regelte in drei großen Abschnitten (den Geboten, den Gerichten und den Verordnungen) das ethische, soziale und religiöse Leben Israels. Die in ihm verheißenen Segnungen wurden von der menschlichen Treue gegenüber den Geboten dieses Bundes abhängig gemacht. In diesem Sinn war es ein Bund der Werke. Nur durch die Darbringung eines Tieropfers konnten Sünden und Übertretungen vergeben und die Beziehung zu Gott wiederhergestellt werden.
6) Der Bundesschluss bzgl. der Landverheißung (5. Mose 30, 1 – 9). In diesem Bund verheißt Gott (in sieben Punkten) die Sammlung, Rückführung, Wiederherstellung und Segnung des Volkes Israel in dem ihnen von Gott gegebenen Land. Dieser Bundesschluss muss vom Bundesschluss am Sinai unterschieden werden, denn er erfolgt erst ca. 40 Jahre später im Land Moab.
7) Der Bund mit dem Haus Davids (2. Samuel 7, 5 – 19), in dem Gott dem Volk Israel drei außergewöhnliche Verheißungen gibt, die Israel von allen anderen Nationen unterscheiden würden: den ewigen Thron, das ewige Königreich und einen König, der in Ewigkeit auf dem Thron Davids herrschen würde.
8) Der neue Bund für das Haus Israel und das Haus Juda (Jeremia 31, 31 – 33). Dieser Bund ist neu in dem Sinn, dass er den Bund vom Sinai ablöst und ein Bund auf der Grundlage der Gnade Gottes, nicht mehr auf der Grundlage des Gehorsams gegenüber Gott, ist. Durch diesen neuen Bund werden aber die Bundesschlüsse, die Abraham und seine Nachkommen, das Haus Davids und die Landesverheißung betreffen, nicht revidiert.
Betrachtet man diese acht Bundesschlüsse, so fällt auf, dass sie alle mit der Erde zu tun haben, d.h. dass sich ihre Segnungen auf irdische Zustände bzw. auf Zustände im kommenden Friedensreich Gottes auf dieser Erde beziehen. Wir finden – und dies ist wichtig zu beachten – keinerlei geistliche oder “himmlische Segnungen“, wie sie z.B. der Apostel Paulus in Bezug auf die Versammlung (= Gemeinde/Kirche) z.B. in Epheser 1, 3 erwähnt.
Hat Israel noch eine Zukunft?
Ich habe bereits in der Betrachtung von Jesaja 55, 1 – 5 am vergangenen Mittwoch darauf hingewiesen, wie wichtig es ist, dass wir gründlich zwischen dem Volk Israel und der Versammlung (= Gemeinde/Kirche) unterscheiden müssen und nicht bedenkenlos Aussagen Gottes über Sein Volk Israel einfach auf die Versammlung (= Gemeinde/Kirche) übertragen dürfen. Aufgrund der schwerwiegenden Konsequenzen, die ein falscher Umgang mit diesen göttlichen Aussagen haben kann, möchte ich darauf aber auch heute noch einmal eingehen:
Das Volk Israel, das Gott von Grundlegung der Welt (vgl. Matthäus 25, 34) erwählt hat, wurde von Gott nie verworfen (vgl. dazu die eindeutigen Aussagen des Apostels Paulus in den Kapitel 9 – 11 des Römerbriefes). Auch wenn das Volk Israel infolge der Verwerfung des Messias von Gott für eine gewisse Zeit beiseite gesetzt wurde, so wird Gott es doch zu dem von Ihm bestimmten Zeitpunkt wiederherstellen und erlösen. Gott hat Seine Verheißungen an Sein irdisches Volk nie zurückgenommen (vgl. Römer 11, 29). Wir dürfen hier nicht den Fehler jener begehen, die behaupten, die Versammlung (= Gemeinde/Kirche) habe Israel ersetzt. Denn wer behauptet, Gott habe Seine Verheißungen an Israel zurückgezogen oder verändert, der gründet damit seinen Glauben auf theologischen Treibsand. Denn wie kann, wer so etwas behauptet, gleichzeitig davon sprechen, die Verheißungen Gottes an die Gläubigen des Gnadenzeitalters, also die Verheißungen an die Versammlung (= Gemeinde/Kirche) seien sicher? Wenn Gott Seine Verheißungen an Israel zurückzieht oder verändert, warum sollte Er das dann nicht auch mit Seinen Verheißungen für uns tun? Nein, wir müssen jeden Gedanken der Substitutionstheologie bzw. Ersatztheologie strikt zurückweisen, da er die Treue Gottes zu untergraben versucht, die uns in Jesus Christus verbürgt ist:
„Denn des HERRN Wort ist wahrhaftig, und was er zusagt, das hält er gewiss.“
„Denn so viele Verheißungen Gottes es gibt, in ihm ist das Ja, deshalb auch durch ihn das Amen, Gott zur Ehre durch uns.“
Aber nicht nur die Treue Gottes wird in Frage gestellt, wenn man der falschen Lehre, die Versammlung (= Gemeinde/Kirche) habe Israel ersetzt, Glauben schenkt. Diese Lehre hat in den vergangenen Jahrhunderten dazu geführt, dass das Christentum sich primär auf irdische Zusammenhänge, ein irdisches Bürgerrecht und auf irdische Segnungen konzentrierte. In weltlichen Königen sah man ein „Gottesgnadentum“ ähnlich der von Gott in Israel erwählten Könige und in materiellem Wohlstand den augenscheinlichen Segen Gottes. Sicherlich ist die materielle Versorgung, die wir erleben dürfen, ein Segen Gottes (Matthäus 5, 45). Aber das Bürgerrecht und die Segnungen des Christen sind himmlischer Natur (Philipper 3, 20 – 21; Hebräer 11, 10 & 13, 14; Offenbarung 21, 20; Epheser 1, 3). So führte die Ersatztheologie dazu, dass man sich auf das Irdische konzentrierte und dabei die “lebendige Hoffnung“ des Christen, die Verheißung des Kommens des Herrn Jesus Christus für die Seinen (1. Thessalonicher 4, 17), aus den Augen verlor. Man sprach dann nur noch von einer allgemeinen Wiederkunft Christi zum Gericht über diese Welt am “jüngsten Tag“. Die wunderbare christliche Hoffnung wurde für viele Jahrhunderte verdunkelt.
Aber mehr noch: Da man infolge der Ersatztheologie nun glaubte, das Volk Israel sei von Gott auf ewig verworfen und habe – da es den Messias abgelehnt hatte – keine Zukunft mehr, fühlten sich manche berufen, unter dem Deckmantel des Christentums die schlimmsten Verbrechen an dem irdischen Volk Gottes zu begehen. Anstatt Israel zu segnen und so – nach Gottes Verheißung – wieder Segen zu empfangen (vgl. 1. Mose 12, 1 – 3) – befleckten Menschen, die sich Christen nannten, in zahllosen Pogromen bis zum Holocaust ihre Hände mit Blut und zogen so den Fluch Gottes auf sich (1. Mose 12, 1 – 3).
Aus diesen (und anderen) Gründen müssen wir jeden Gedanken daran, Israel habe keine Zukunft mehr bei Gott, ablehnen. Wie ich im Zusammenhang mit Jesaja 55, 1 – 5 schrieb, wird ein Überrest aus Israel wird die Einladung Gottes annehmen. Gott wird dieses Volk wiederherstellen und ihm den von Ihm verheißenen Platz schenken. Gott wird mit Seinem Volk einen ewigen Bund schließen und ihm die “ewigen Gnadengüter Davids“ gewähren (vgl. Jesaja 55, 3). Dieser neue Bund, den Gott mit Israel schließen wird (Jeremia 31, 31 – 33) gründet sich auf das vollbrachte Opfer Jesu Christi, das durch Jesaja in den Kapiteln 52, 13 bis 53, 12 prophetisch angekündigt wird. Dieser neue Bund, den Gott mit Israel schließen wird, wird, im Gegensatz zu dem Bund, den Gott mit den Israeliten am Sinai (vgl. 2. Mose 20, 1ff.; 2. Mose 34, 37 f.) schloss, nicht mehr vom Gehorsam der Menschen abhängig sein, sondern sich ganz auf die Gnade Gottes und das vollkommene Werk Christi am Kreuz von Golgatha gründen (vgl. Jesaja 42, 6; Jesaja 49, 8). Die Erlösung, die der Überrest Israels dann erfahren wird, wird nicht eine Erlösung aus Gehorsam mittels eigener Werke, sondern Erlösung aus Gnaden mittels des Glaubens sein:
“Denn durch die Gnade seid ihr gerettet, vermittels des Glaubens, und das nicht aus euch, Gottes Gabe ist es; nicht aus Werken, damit niemand sich rühme.“
Der neue Bund Gottes mit Israel und wir
Wenn nun der in Jeremia 31, 31 – 33 genannte Bund zwischen Gott und dem Volk Israel geschlossen werden wird, in welcher Beziehung steht dann die Versammlung (= Gemeinde/Kirche) zu diesem Bund.
Zuerst einmal müssen wir festhalten, dass wir als Christen keine Bündnispartner in diesem Bund sind. Das ist ein Gedanke, der für viele neu sein wird. Allerdings lassen die biblischen Aussagen keinen anderen Schluss zu. Wer behauptet, der neue Bund würde mit der Versammlung (= Gemeinde/Kirche) geschlossen, der muss zuerst einmal erklären, welcher alte Bund Gottes mit der Versammlung (= Gemeinde/Kirche) denn diesem neuen Bund vorausging. Doch da werden wir nichts finden. Alle Bundesschlüsse Gottes finden sich im Alten Testament und beziehen sich entweder auf die gesamte Menschheit (Bundesschluss in Eden, Bundesschluss mit Adam & Bundesschluss mit Noah) oder auf das Volk Israel. Die Versammlung (= Gemeinde/Kirche) war zu dieser Zeit noch “ein Geheimnis“ (Epheser 3, 3ff), sie war noch gar nicht in Existenz getreten. Wenn aber Christen nie Bündnispartner eines “alten Bundes“ waren, so kann ihnen auch der “neue Bund“ nicht gelten. Hier ist die Heilige Schrift auch in ihrer Wortwahl sehr deutlich. Nach Thayer³ hat das griechische Wort “καινός“ (= “kainos“) die Bedeutung „neu“ im Sinne von “nie dagewesen“, “nie Gehörtes“ oder „beispiellos“ und wird damit scharf von dem Begriff “alt“ abgegrenzt.
Aber, werden nun einige einwenden, hat der Herr Jesus Christus nicht bei der Einsetzung des Mahles davon gesprochen, dass dies “der neue Bund“ in Seinem Blut sein würde? Das stimmt und der Herr Jesus Christus bezieht sich mit diesen Worten direkt auf die Verheißung in Jeremia 31, 31 – 33. Obwohl Er sich in Seinem irdischen Dienst auch immer wieder einzelnen Menschen aus anderen Nationen zuwandte, galt Seine Sendung doch primär dem Volk Israel (Matthäus 15, 24; Matthäus 10, 6). Diesem Volk hatte Gott einen Erlöser und ein ewiges Friedensreich verheißen (vgl. z.B. 1. Mose 49, 10) und als unser Herr kam, wandte Er sich mit einer ganz konkreten Botschaft an dieses Volk: “Tut Buße, denn das Reich der Himmel ist nahe herbei gekommen!“ (Matthäus 3, 2; Matthäus 4, 17; Markus 1, 15). [Der Begriff “Reich der Himmel“, darf nicht falsch verstanden werden. Er besagt nicht, dass es sich dabei um ein “Reich im Himmel/in den Himmeln“ handelt. Dieser Begriff findet sich bereits im Alten Testament. In Daniel 7 lesen wir von dem Kommen des Sohnes des Menschen und dem weltweiten Reich, das Er empfangen wird (Daniel 7, 13 – 14). Doch bereits in Daniel 2, 44 ist die Rede davon, dass “der Gott des Himmels“ diese Reich regieren wird. In Daniel 4, 23 wird sogar explizit gesagt, dass “die Himmel herrschen“, womit natürlich nichts anderes gemeint ist, als das die Herrschaft über dieses Reich von Gott im Himmel ausgehen wird.]
Als unser Herr Seinen irdischen Dienst unter dem Volk Israel mit der Botschaft begann: “Tut Buße! Denn das Reich der Himmel ist nahe!“, da war in Seiner göttlichen Person das Reich Gottes den Israeliten ganz nahe gekommen. Es war buchstäblich “zum Greifen nahe“. Doch das Reich Gottes trägt die sittlichen Charakterzüge Gottes. Aus diesem Grund kann es nicht unter sündigen Menschen aufgerichtet werden. Darum war es nötig, dass das Volk Israel Buße tat, d.h., dass es sich von seinen sündigen Wegen ab- und Gott neu zuwandte und den Sohn Gottes als verheißenen Erlöser annahm. Hätte das Volk diese nationale Buße vollzogen, so hätte Gott sofort unter Ihnen Sein Reich aufrichten und Seine Verheißungen (Hesekiel 36 – 37) erfüllen können. Doch dazu war das Volk nicht bereit. Sie verwarfen die Aufforderung Gottes zur Umkehr und sie verwarfen den Sohn Gottes. Als Folge davon konnte weder der neue Bund, wie Jeremia 31, 31 – 33 ihn ankündigt, geschlossen, noch das Reich Gottes aufgerichtet werden. Gott setzte das Volk Israel für eine Zeit beiseite, aber Er verwarf es nicht für immer (Römer 11, 1 ff)! In der Zeit der Beiseitesetzung Israels wandte sich Gott den Nationen zu (Apostelgeschichte 15, 14) und ließ unter ihnen Sein Evangelium verkünden. Aber mit denen, die aus den Nationen zum Glauben an Seinen Sohn kommen, schließt Gott keinen Bund. Aus ihnen schuf Er etwas vollkommen Neues: die Versammlung (= Gemeinde/Kirche). Sie bildet einen “Einschub“ in der Zeit, in der Gott Sein Handeln mit Israel ausgesetzt hat. Wenn Gott sich Israel wieder zuwenden und seine Wiederherstellung besiegeln wird, dann wird die Versammlung (= Gemeinde/Kirche) von der Erde weggenommen werden, weil ihre Zeit auf der Erde dann vollendet sein wird.
Von Gottes Seite aus ist alles getan, damit der neue Bund mit “dem Haus Israel und dem Haus Juda“ in Kraft treten könnte. Doch weil sich das Volk Israel bis heute weigert (2. Korinther 3, 14 – 16), in diesen Vertrag einzutreten, kann das noch nicht geschehen. Als Christen dürfen wir jedoch heute bereits Anteil an den Segnungen dieses Bundes haben und zwar auch und obwohl wir keine Bündnispartner in diesem Bund sind. Wie ist so etwas möglich? Nun, dass man nicht Vertragspartner sein muss und doch in den Genuss der Auswirkungen eines Vertrages kommen kann, den andere miteinander schließen, zeigt unsere Geschichte: Während des so genannten “kalten Krieges“ standen sich an der Grenze zwischen West- und Ostdeutschland die Vereinigten Staaten und die Sowjetunion als Atommächte gegenüber. Wäre es zu einer kriegerischen Auseinandersetzung gekommen, so hätte dies unabsehbare Folgen für die Menschen in ganz Europa gehabt. Als dann unter Ronald Reagan und Michail Gorbatschow die Verhandlungen über den Abbau der atomaren Mittelstreckenraketen in Europa vertieft und zu einem Vertragsabschluss (so genannter INF-Vertrag) geführt wurden, da war Europa kein Vertragspartner. Aber Europa profitierte immens vom Abschluss dieses Vertrages. Wir haben heute schon Teil an den Segnungen dieses Bundes, ja die Segnungen, die wir durch den Mittler dieses Bundes, Jesus Christus, empfangen haben, gehen sogar noch darüber hinaus. Während “dem Haus Israel und dem Haus Juda“ das Gesetz Gottes “in Herz und Sinn geschrieben“ wird (Hebräer 8, 10), hat Gott uns Seinen Sohn – Christus – “ins Herz geschrieben“ (2. Korinther 3, 3). Zusätzlich zu allen Segnungen, die mit dem Bund für Israel und Juda verbunden sind – der Vergebung der Sünden und dem erneuerten Herz (Hebräer 8, 10; Hebräer 10, 16) – empfangen wir himmlische Segnungen (Epheser 1, 3): den Heiligen Geist als Unterpfand für ein himmlisches Erbe (Epheser 1, 13; 1. Korinther 12, 13) und Zugang zum himmlischen Heiligtum (Hebräer 10, 19). Das macht Paulus deutlich, wenn er in 1. Korinther 10, 16 neben dem “Kelch des neuen Bundes“ vom “Kelch der Segnung“ spricht. Wann immer wir das Brot brechen und aus dem Kelch trinken, dürfen wir uns dankbar daran erinnern, welche reichen Segnungen wir empfangen haben. Gleichzeitig dürfen wir aber auch an die Treue Gottes denken, durch die wir – und Israel! – an das Ziel gelangen werden, das uns jeweils von Gott bestimmt ist:
“(…) sind wir untreu, so bleibt er treu; denn er kann sich selbst nicht verleugnen.“
Fußnoten:
¹= Charles F. Lincoln: „The Covenants“, DTS Dallas, 1942, Seite 26, eigene Übersetzung
²= Aufzählung in Anlehnung an Dr. Lewis S. Chafer: „Systematic Theology“, Vols I & II, Dallas Seminary Press, 1948/ 1976, Seite 41 – 43
³= vgl. Thayer, Joseph Henry: ‘Thayer’s Greek-English Lexicon of the New Testament”, New York: Harper & Brothers, 1889, Seite 317, Anmerkung zu ”καινός”.