
Gutenberg Bibel der US Library of Congress * Foto: Raul654 [GFDL (http://www.gnu.org/copyleft/fdl.html) oder CC-BY-SA-3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/)%5D, via Wikimedia Commons
Tägliche Gnade durch den Dienst des himmlischen Sachwalters empfangen
Der Wiedergeborene (Johannes 1, 12 – 13; Johannes 3, 1 – 6; 1. Petrus 1, 3 + 23) kann nicht mehr verloren gehen. Das Neue Testament lehrt eindeutig nicht nur die Heilsgewissheit, sondern auch Heilssicherheit des Gläubigen (Johannes 10, 27 – 29; Römer 8, 38 – 39; Hebräer 10, 14).
Wir müssen jedoch zwischen der Stellung des Gläubigen und seinem Zustand (der täglichen Glaubenspraxis) unterscheiden. Unter der Stellung des Gläubigen versteht man den Stand, in den der Gläubige durch die Erlösung hinein versetzt wurde (Kind Gottes, Erlöster, Neue Schöpfung etc.). Unter dem praktischen Zustand des Gläubigen ist der Zustand seines geistlichen Lebens zu verstehen. Die Stellung, in die wir durch die Erlösung versetzt wurden, soll in unserem Alltag mehr und mehr verwirklicht werden. Leider fehlen wir hier oft. Obwohl das Neue Testament den Gläubigen nicht mehr als Sünder bezeichnet (Römer 5, 8; 1. Korinther 1, 2), kann der Gläubige auch weiterhin sündigen. Doch wenn der Gläubige sündigt (Hebräer 12, 1; 1. Timotheus 5, 20; Römer 14, 23b; u.a.m.), dann tangiert dies nicht seine Stellung in Christus. Die Sünde, die ein Gläubiger tut, wirft ihn nicht in den Zustand vor seiner Erlösung zurück. Wäre dem so, dann wäre die Erlösung nämlich wieder von Werken abhängig und kein Gnadengeschenk (Römer 3, 9 – 20; Römer 6, 23). Sünde trennt den Erlösten nicht mehr von Gott. Sie beeinträchtigt jedoch den Genuss unserer Gemeinschaft mit dem himmlischen Vater.
Für den Fall, dass ein Gläubiger sündigt, gibt es eine klare apostolische Aussage:
„Meine Kinder, ich schreibe euch dies, damit ihr nicht sündigt; und wenn jemand gesündigt hat – wir haben einen Sachwalter bei dem Vater, Jesus Christus, den Gerechten.“
Der Apostel Johannes sagt: “Wir haben einen Sachwalter bei dem Vater.“ Es ist mutmachend, dass der Apostel Johannes sich hier mit in die Gemeinschaft derer einschließt, die einen “Sachwalter“ brauchen. Er sagt: “Wir haben einen Sachwalter“ und nicht: “Ihr habt einen Sachwalter.“ Das griechische Wort, das in vielen deutschen Bibeln mit “Sachwalter“ wiedergegeben wird, ist “παράκλητος“ (“parakletos“) und bezeichnet eine Person, die einem anderen Menschen zur Seite steht, eine Person, die einem anderen Menschen zu Hilfe kommt, eine Person, die für einen anderen Menschen eintritt. Wir können anstelle des etwas veralteten deutschen Wortes “Sachwalter“ auch von einem “Fürsprecher“, “Tröster“, “Helfer“ oder “Verteidiger“ sprechen. Dieser Fürsprecher/Verteidiger ist bei dem Vater
a. „für mich“:
„Denn der Christus ist nicht eingegangen in das mit Händen gemachte Heiligtum, ein Gegenbild des wahrhaftigen, sondern in den Himmel selbst, um jetzt vor dem Angesicht Gottes für uns zu erscheinen“
b. „um sich für mich zu verwenden“:
„(…) wer ist, der verdamme? Christus ist es, der gestorben, ja noch mehr, der auch auferweckt, der auch zur Rechten Gottes ist, der sich auch für uns verwendet.“
Von diesem Sachwalter (Fürsprecher, Verteidiger) werden uns zwei Dinge gesagt:
1) es ist „Jesus Christus, der Gerechte“
2) Er ist „bei dem Vater“
Die erste Aussage (“Jesus Christus, der Gerechte“) erinnert uns an 1. Petrus 3, 18:
“Denn es hat ja Christus einmal für Sünden gelitten, der Gerechte für die Ungerechten, damit er uns zu Gott führe (…)“
Dieser Gerechte ist für mich Ungerechten gestorben und Er hat alle meine Sünde bereits getragen. Genau daran erinnert (bildlich und mit allem Respekt vor der Heiligkeit Gottes gesprochen) Er den Vater, wenn Er sich für mich verwendet. Mein Verteidiger beantragt meinen Freispruch und zwar nicht wegen Geringfügigkeit meiner Schuld, sondern weil Er, der Gerechte, bereits für diese Sünde mit Seinem Leben bezahlt hat. Jede meiner Sünden ist schwerwiegend und für jede einzelne hätte ich den ewigen Tod verdient. Aber weil ich meine Zuflucht zu dem einzig existierenden „Gnadenstuhl“ genommen habe (Römer 3, 25) wird mir die Gerechtigkeit dieses Gerechten zugerechnet und ich darf frei sein. Gott straft keine Sünde zweimal. Christus aber ist für mich am Kreuz durch das Feuer des göttlichen Zorns gegangen und hat meine Strafe auf sich genommen. Das gilt für die Sünden, die ich tat, bevor ich zum Glauben an den Sohn Gottes kam, für die Sünden, die ich seitdem getan habe und auch für die Sünden, die ich noch tun werde. Sein vollkommenes Erlösungswerk ist die Grundlage, auf der mein Fürsprecher meinen Freispruch beantragt und auf dieser Grundlage wird Seinem Antrag stattgegeben, mir wird vergeben. Praktisch sieht das so aus, dass der Herr mich durch Seinen Geist und Sein Wort von meiner Sünde überführt (Johannes 16, 8), so dass ich meine Sünde bereue und bekenne (1. Johannes 1, 7 – 9). Wenn ich das tue, steht mein Sachwalter beim Vater bereits bereit.
Das Erleben diese Vergebungsgnade, die mir durch den Dienst meines Sachwalters beim Vater zugänglich wird, ist völlig unabhängig von Gottesdiensten und/oder so genannten Sakramenten. Wäre dem nicht so, dann wäre es nicht Gnade. Wer lehrt, dass die Vergebung oder die Lebensgemeinschaft mit Christus von der Teilnahme an den sog. Sakramenten abhängig sei, der hat die Gnade schon wieder mit Werken ersetzt. Lebensgemeinschaft mit Christus hat der Gläubige, weil der Auferstandene durch den Glauben in ihm lebt:
“(…) denen Gott kundtun wollte, welches der Reichtum der Herrlichkeit dieses Geheimnisses ist unter den Nationen, das ist: Christus in euch, die Hoffnung der Herrlichkeit (…)“
Sünde wird nicht durch Gesetz besiegt/überwunden, sondern allein durch Gnade. Je mehr wir von dem Reichtum der Gnade Gottes erkennen und uns praktisch aneignen, desto mehr werden wir Gott lieben. Je mehr wir aber Gott lieben, desto weniger anziehend wird die Sünde für uns sein. Der Reichtum Seiner Gnade lässt uns die Armut der Sünde erkennen. Sie war und ist immer ein Defizitgeschäft, bei dem wir nur “draufzahlen“.
Zur zweiten Aussage (“einen Sachwalter bei dem Vater„): Die Tatsache, dass der Apostel Johannes hier von dem Vater redet, macht deutlich, dass wir, auch wenn wir sündigen und der Vergebung bedürfen, nicht aus dem Stand des Kindes fallen, also unsere grundsätzliche Erlösung nicht einbüßen:
“Denn Gott nimmt seine Gnadengeschenke nicht zurück, und eine einmal ausgesprochene Berufung widerruft er nicht.“
Das ist wahrhaft bestaunenswerte, anbetungswürdige Gnade! Amazing Grace.
Weiterführende Artikel zu diesem Thema:
* Die Fundamente (4) Teil 1: “Die Gründe für die Menschwerdung Gottes“: Klick!
* Die Fundamente (4) Teil 2: “Die Gründe für die Menschwerdung Gottes“: Klick!
* Der Reichtum Seiner Gnade: Klick!