
Blick auf das nächtliche Nazareth (nahe Kana) * Foto: Masterjohn1881 via Wikimedia Commons
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Für die Wortbetrachtung am kommenden Sonntag wurde ein Vers aus dem Lukasevangelium (zum Hintergrund des Lukasevangeliums siehe: Klick! und Klick!) ausgewählt. Wir betrachten diesen Vers in seinem Kontext:
“Im sechsten Monat aber wurde der Engel Gabriel von Gott in eine Stadt von Galiläa gesandt, mit Namen Nazareth, zu einer Jungfrau, die mit einem Mann verlobt war, mit Namen Joseph, aus dem Haus Davids; und der Name der Jungfrau war Maria. Und er kam zu ihr herein und sprach: Sei gegrüßt, Begnadete! Der Herr ist mit dir. Sie aber wurde über das Wort bestürzt und überlegte, was für ein Gruß dies sei. Und der Engel sprach zu ihr: Fürchte dich nicht, Maria, denn du hast Gnade bei Gott gefunden; und siehe, du wirst im Leib empfangen und einen Sohn gebären, und du sollst seinen Namen Jesus nennen. Dieser wird groß sein und Sohn des Höchsten genannt werden; und Gott der Herr wird ihm den Thron seines Vaters David geben; und er wird über das Haus Jakobs herrschen in Ewigkeit, und sein Reich wird kein Ende haben. Maria aber sprach zu dem Engel: Wie kann das sein, da ich ja keinen Mann kenne? Und der Engel antwortete und sprach zu ihr: Der Heilige Geist wird auf dich kommen, und Kraft des Höchsten wird dich überschatten; darum wird auch das Heilige, das geboren werden wird, Sohn Gottes genannt werden. Und siehe, Elisabeth, deine Verwandte, ist auch mit einem Sohn schwanger in ihrem Alter, und dies ist der sechste Monat bei ihr, die unfruchtbar genannt war; denn bei Gott wird kein Ding unmöglich sein. Maria aber sprach: Siehe, ich bin die Magd des Herrn; mir geschehe nach deinem Wort. Und der Engel schied von ihr.“
(Lukas 1, 26 – 38 ELBEDHÜ; z. Vgl. LUTH’84)
* ‚‚Im sechsten Monat aber wurde der Engel Gabriel von Gott in eine Stadt von Galiläa gesandt, mit Namen Nazareth, (…)“ – Lukas 1, 26 – Sie begegnen uns momentan überall: als Lichterschmuck hängen sie an Balkonen, sie lächeln uns aus Werbebroschüren an und stehen in der Fensterdekoration von Kaufhäusern: Engel. Mal in Form adipöser Putten, mal in Form kostümierter schlanker Modells. Als Christen wissen wir, dass all‘ dies Unsinn ist. Biblische Engel sehen weder so aus noch verhalten sie sich so. Engel sind keine Boten der Konsumindustrie, sondern Boten Gottes. Aber auch unter Christen scheint ein gewisses Unwissen über Engel zu herrschen. Anders lässt sich die Verbreitung von Literatur mit unbiblischen Aussagen über Engel und ihre Aufgaben, die sich in den letzten Jahren vermehrt unter Christen findet, nicht erklären. Da ist die Rede von der angeblichen „Zusammenarbeit mit Engeln“ oder von „einem Schutzengel für jeden Tag“ u. v. a. m. Vor solchen falschen Lehren warnten schon die Apostel in ihren Briefen (siehe z.B. Galater 1, 6 – 8; Kolosser 2, 18; 2. Korinther 11, 4 – 14; Hebräer 1, 4 – 13; 1. Korinther 6, 3). Engel nehmen in der Bibel bei weitem nicht den Raum ein, wie es einige Leser vielleicht vermuten könnten: Von den mehr als 31.000 Versen der Bibel befassen sich – nach Zählung meiner Konkordanz – ganze 288 Verse mit Engeln. 117 dieser Verse finden wir im Alten Testament, 171 im Neuen Testament. Das sind also weniger als 1 Prozent! Beachten wir, dass der Evangelist Lukas bemerkt, dass der Engel Gabriel “von Gott in eine Stadt von Galiläa gesandt (wurde, JNj.), mit Namen Nazareth (..)“. Engel suchen sich ihre Aufträge nicht selbst aus, sie handeln nicht nach ihrem eigenen Gutdünken. Sie stehen unter der Autorität Gottes und sind nichts anderes als “dienstbare Geister, ausgesandt zum Dienste um derer willen, welche das Heil ererben sollen“ (Hebräer 1, 14). Bei genauerer Betrachtung treten Engel in der Bibel immer dann auf, wenn Gott zu besonderen Zeitpunkten in der Heilsgeschichte auf außergewöhnliche Weise eingreift bzw. handelt, um Seine Pläne zu vollenden. Zu diesen besonderen Zeitpunkten überbringen Engel wichtige Botschaften Gottes. Darauf – und nicht auf die Boten – gilt es zu achten! Auch die Geschehnisse, die uns in unserem heutigen Bibeltext berichtet werden, haben einen solchen heilsgeschichtlichen Hintergrund:
“Als aber die Zeit erfüllt war, sandte Gott seinen Sohn, geboren von einer Frau und unter das Gesetz getan, damit er die, die unter dem Gesetz waren, erlöste, damit wir die Kindschaft empfingen.
Der kurz nach dem Sündenfall von Gott in 1. Mose 3, 15 (vgl. “Der verheißene Erlöser“) angekündigte und von dem Volk Israel seit Jahrhunderten ersehnte Messias sollte geboren werden. Die Zeit der Erfüllung dieser göttlichen Verheißung war gekommen und ein Engel überbrachte die entsprechende Botschaft. Wenn wir diesen Bericht lesen und bedenken, was für ein Ereignis hier angekündigt wird, ein Ereignis, das die ganze Welt-, ja die Heilsgeschichte verändern würde, dann kann es sein, dass wir uns darüber freuen und uns das hier Geschilderte doch gleichzeitig weit entfernt erscheint. Aber die Erfahrung Marias enthält – wie wir noch sehen werden – ermutigende geistliche Wahrheiten, die uns auch in unserem christlichen Alltagsleben eine Hilfe sein können.
* “(…) zu einer Jungfrau, die mit einem Mann verlobt war, mit Namen Joseph, aus dem Haus Davids; und der Name der Jungfrau war Maria.“ – Lukas 1, 27 – Erinnern Sie sich? In 1. Mose 3, 15 ist die Rede davon, dass der Erlöser der „Same der Frau“ sein würde. Auf den ersten Blick eine merkwürdige Formulierung. Aber in ihr schwingt schon die Ankündigung einer besonderen Geburt mit. Durch den Propheten Jesaja (Jesaja 7, 14) hat Gott die Umstände dieser besonderen Geburt präzisiert:
„Darum wird der Herr selbst euch ein Zeichen geben: Siehe, die Jungfrau wird schwanger werden und einen Sohn gebären, und wird seinen Namen Immanuel heißen.“
Etliche haben versucht, das Wunder der Jungfrauengeburt dadurch wegzuerklären, dass sie sagten, der hier benutzte hebräische Ausdruck für Jungfrau könnte auch mit „junge Frau“ übersetzt werden¹. Doch wenn dem so wäre, was wäre das denn dann für ein Zeichen? Unzählbare junge Frauen wurden zur Zeit Jesajas in Israel schwanger. Das war kein Zeichen Gottes, das war der Normalfall. Nein, Gott kündigte hier ein ganz besonders Zeichen, nämlich die Geburt einer besonderen Person an: Eine Jungfrau wird schwanger werden und sie wird den Erlöser gebären. Dieser Erlöser musste mehr sein, als ein Nachkomme Adams. Wir dürfen nicht vergessen, dass, wer die Jungfrauengeburt leugnet, auch das Kreuz Christi und damit die Erlösung leugnet. Warum? Ganz einfach: Wäre der Herr Jesus Christus nur ein Mensch wie wir gewesen, Er hätte uns nicht erlösen können:
„Keineswegs vermag jemand seinen Bruder zu erlösen, nicht kann er Gott sein Lösegeld geben (denn kostbar ist die Erlösung ihrer Seele, und er muss davon abstehen auf ewig), dass er für immer fortlebe, die Grube nicht sehe.“
Gott, der Sohn, wurde Mensch (Johannes 1, 1 ff.), nahm die Gestalt eines Menschen an (Philipper 2, 7; Hebräer 2, 14), wurde ein wirklicher Mensch, jedoch mit dem einen, entscheidenden Unterschied: Er hatte keine Sünde! (Hebräer 4, 15; 1. Johannes 3, 5). „Wäre Jesus nur Mensch, er könnte den Menschen nicht retten, weil ein Mensch einen anderen nicht aus dem Sündentod erlösen kann. Wäre er nur Gott, er wäre unnahbar für den Menschen geblieben und hätte nicht für die Sünden der Menschen sterben können. Jesus ist während seiner ganzen Zeit der Inkarnation wahrer Mensch und wahrer Gott geblieben und das, weil er, wunderbar „empfangen durch den Heiligen Geist“, zugleich auch wahrer Gott ist.“² Als solcher brachte Er am Kreuz von Golgatha das Opfer, durch das wir die Erlösung, die Vergebung unserer Sünde, empfangen können (Epheser 1, 7; 1. Petrus 1, 17 – 18). Während Matthäus in seinem Evangelium die menschliche Abstammungslinie des verheißenen Messias über die Seite Josephs ausführt (vgl. Matthäus 1, 1 – 17) und dadurch deutlich macht, dass der Herr Jesus Christus ein legitimer Nachfahre des Königs Davids ist, legt Lukas die Abstammungslinie des Messias über die mütterliche Seite dar (vgl. Lukas 3, 23 – 28). Beide Abstammungslinien lassen sich auf den König David zurückführen, womit der Messias dessen legitimer Nachfahre ist, wie es die Propheten angekündigt haben (Jeremia 23, 5; Jeremia 33, 14 – 15; Hesekiel 34, 23 – 24 u.a.m.). Dieser Hintergrund wird hier in Lukas 1, 27 bereits mit den Worten “die mit einem Mann verlobt war, mit Namen Joseph, aus dem Haus Davids„ angedeutet.
* “Und er kam zu ihr herein und sprach: Sei gegrüßt, Begnadete! Der Herr ist mit dir. “ – Lukas 1, 28 – Es ist eine besondere Weise, in der der Engel Gottes Maria hier anspricht. Er bezeichnet sie als die „Begnadete“. Der im griechischen Neuen Testament gebrauchte Ausdruck “κεχαριτωμενη“ (“kecharitomene“) bezeichnet eine Person die Gnade (griech. “χαρις“; “charis“) empfangen hat, mit Gnade bekleidet wurde. Weder war Maria aus sich heraus “voll der Gnade“, wie die lateinische Vulgata-Übersetzung fälschlicher Weise vermuten lässt, noch ist Maria eine “Quelle der Gnaden“. Nein, sie selbst konnte und kann keine Gnade geben, sie ist selbst eine Begnadete, eine Empfängerin der göttlichen Gnade, genau wie der Engel in seinem Gruß es sagt. (In Lukas 1, 48 bekennt Maria selbst, dass es in bzw. an ihr nichts gab, dass sie zu für diese Begnadigung “qualifiziert“ hätte. Das griechische Wort “ταπείνωσις“ (“tapeinosis“), das in unseren deutschen Bibeln oft mit “Niedrigkeit“ übersetzt wird, kann sowohl einen niedrigen gesellschaftlichen als auch niedrigen geistlichen Stand bezeichnen.) Es gibt nur eine andere Stelle im Neuen Testament, in der das Wort “κεχαριτωμενη“ benutzt wird und zwar in Epheser 1, 5 – 6:
“ (…) und uns zuvorbestimmt hat zur Sohnschaft durch Jesum Christum für sich selbst nach dem Wohlgefallen seines Willens, zum Preise der Herrlichkeit seiner Gnade, worin er uns begnadigt hat in dem Geliebten, (…)“
Diese Begnadigung durch Gott teilt Maria also mit allen Gläubigen. Das Wissen darum, dass wir von Gott Begnadigte sind, kann uns von allem falschen Druck befreien. Wir haben nichts zu bringen, aber wir müssen auch nichts bringen (Römer 3, 24). Alles was wir sind und haben, sind und haben wir aufgrund der Gnade Gottes. Das Wissen um die Gnade Gottes, die uns in Christus Jesus geschenkt ist, setzt uns frei zu einem fröhlichen und zuversichtlichen Christenleben. Nachdem der Engel Maria versichert hatte, dass die Gnade Gottes auf ihr ruhte, verheißt er ihr: “Der Herr ist mit dir!“ – Eine andere Reihenfolge wäre auch nicht möglich. Gott, Dessen Augen zu rein sind, als dass Er Böses sehen kann (Habakuk 1, 13a), kann sich nicht mit dem Sünder eins machen, geschweigedenn mit dem Sünder sein. Erst wenn ein Mensch die Gnade Gottes im Glauben annimmt, wird er gerechtfertigt, d.h. er/ sie kommt in die richtige Beziehung zu Gott:
“Da wir nun aus Glauben gerechtfertigt sind, so haben wir Frieden mit Gott durch unseren Herrn Jesus Christus, durch den wir im Glauben auch Zugang erlangt haben zu der Gnade, in der wir stehen, und wir rühmen uns der Hoffnung auf die Herrlichkeit Gottes.“
Und erst dann wird Gott auch mit ihm/ihr sein. Die Zusage bzw. Verheißung: “Der Herr ist mit dir!“ finden wir immer dann, wenn Gott Gläubige in besonderer Weise beauftragt: Josua (Josua 1, 9), Gideon (Richter 6, 12), David (2. Samuel 7, 3) und Zacharias (Lukas 1, 13) sind nur einige Beispiele dafür.
* „Sie aber wurde über das Wort bestürzt und überlegte, was für ein Gruß dies sei. Und der Engel sprach zu ihr: Fürchte dich nicht, Maria, denn du hast Gnade bei Gott gefunden; (…)“ – Lukas 1, 29 – 30 – Auf das menschlich sehr nachvollziehbare Erschrecken der Maria spricht der Engel ihr erneut Mut zu: “Fürchte dich nicht!“ – Wie oft finden wir diese Zusage Gottes in dieser oder abgewandelter Form in der Heiligen Schrift? Ich habe es selbst nicht nachgezählt, aber ich habe gelesen, dass dieser Zuspruch Gottes 365mal in der gesamten Heiligen Schrift vorkommt. „Für jeden Tag eines Jahres eine Zusage,“ wie jemand treffend anmerkte. (In der folgenden, 85 Seiten umfassenden Tabelle kann man alle diese 365 ermutigenden Zusagen Gottes nachlesen: Klick!) Und wieder verweist der Engel auf die Gnade Gottes als den Grund dafür, dass Maria sich nicht fürchten muss. Erinnern wir uns noch an das, was der Apostel Johannes in 1. Johannes 4, 18 sagt? “Furcht ist nicht in der Liebe, sondern die vollkommene Liebe treibt die Furcht aus (…)“ Wo Menschen aus Gnaden errettet werden, wo sie Frieden mit Gott empfangen und als Kinder Gottes die Liebe des Vaters zu genießen lernen, da ist kein Platz für Furcht mehr im Herzen. Weder vor Gott, noch vor Menschen. Denn Gott, den sie bis dahin als Richter fürchten mussten, wurde ja ihr Erretter. Und wenn Gott nun auf ihrer Seite steht, wovor sollten sie sich da noch fürchten?
“Was wollen wir nun hierzu sagen? Ist Gott für uns, wer kann wider uns sein?“
* “Siehe, du wirst schwanger werden und einen Sohn gebären, und du sollst ihm den Namen Jesus geben. Der wird groß sein und Sohn des Höchsten genannt werden; und Gott der Herr wird ihm den Thron seines Vaters David geben, und er wird König sein über das Haus Jakob in Ewigkeit, und sein Reich wird kein Ende haben.“ – Lukas 1, 31 – 33 – Nun erhält Maria die Zusage, dass sie die Mutter des verheißenen Messias wird. Wie bei der Geburt Johannes des Täufers, so gebietet auch hier Gott Selbst, welchen Namen das Kind empfangen soll. “Jesus“ ist die griechische Form des hebräischen Namens “Josua“, was “Jahwe rettet“ bzw. “Jahwe ist Rettung“ bedeutet (vgl. auch Matthäus 1, 21). Dieses Kind, das Maria gebären sollte, würde der “Sohn des Höchsten“ sein. Für jeden im Alten Testament kundigen Juden war damit klar, dass dieses Kind der Sohn Gottes sein würde (vgl. Psalm 2, 7 – 9; Psalm 89, 26 – 29). Als Sohn Gottes konnte Jesus Christus die Verheißung des seit langem prophetisch angekündigten Messias in Seiner Person erfüllen (2. Samuel 7, 12 – 14; Psalm 89, 3 – 4; Psalm 89, 28 – 29; Jesaja 9, 7; Daniel 7, 14; Micha 4, 7 u.a.m.) Heute schon sitzt der Herr Jesus Christus zur Rechten Gottes (Apostelgeschichte 2, 29 – 36). Wenn Er wiederkommen wird, um Sein Friedensreich auf dieser Erde aufzurichten, dann wird Er sich auch auf den Thron Seines “Vaters David“ setzen (Jesaja 9, 7).
* “Da sprach Maria zu dem Engel: Wie soll das zugehen, da ich doch von keinem Mann weiß? Der Engel antwortete und sprach zu ihr: Der Heilige Geist wird über dich kommen, und die Kraft des Höchsten wird dich überschatten; darum wird auch das Heilige, das geboren wird, Gottes Sohn genannt werden.“ – Lukas 1, 34 – 35 – Im Gegensatz zu Zacharias, der für die Geburt seines Sohnes Johannes ein Zeichen forderte (vgl. Lukas 1, 18), fragte Maria danach, wie diese wunderbare Geburt vor sich gehen soll. Ganz offensichtlich war Maria bewusst, dass sie dieses Kind empfangen und gebären sollte, bevor sie mit Joseph die Ehe einging. Die Erklärung des Engels, die nun folgt, ist äußerst bemerkenswert. Denn seine Worte stehen in völliger Übereinstimmung mit der Heiligkeit und Reinheit des Handelns Gottes mit Seinem Volk im Alten Testament, so dass jeder Vergleich mit heidnischen Mythen völlig unangebracht, ja unvereinbar ist. Während heidnische Mythen den Umgang ihrer Götter mit menschlichen Frauen und die daraus entstehenden Halbgötter im Detail beschrieben, spricht das Wort Gottes von einer geistlichen Überschattung durch den Geist Gottes, wodurch das “Heilige (Kind)“ in ihr entstehen würde. Damit Gott, der Sohn, Mensch werden konnte, bedurfte es einer besonderen Empfängnis durch ein Wunder Gottes. Und dieses Kind sollte “Sohn Gottes“ genannt werden. Er, der bei dem Vater war “ehe die Welt war“ (Johannes 17, 5; Johannes 17, 24), der Sohn Gottes von Ewigkeit her (Johannes 1, 1 – 18; Johannes 8, 58; Johannes 10, 30; Johannes 20, 28; Philipper 2, 6; Kolosser 2, 9; Römer 9, 5; Titus 2, 13; 2. Petrus 1, 1; Hebräer 1, 8; 1. Johannes 5, 20), sollte mit vollem Recht diesen Titel auch auf dieser Erde tragen.
* “Und siehe, Elisabeth, deine Verwandte, ist auch schwanger mit einem Sohn, in ihrem Alter, und ist jetzt im sechsten Monat, von der man sagt, dass sie unfruchtbar sei. Denn bei Gott ist kein Ding unmöglich.“ – Lukas 1, 36 – 37 – Wie gesagt forderte Maria im Gegensatz zu Zacharias kein Zeichen als Bestätigung für die Glaubwürdigkeit der Botschaft, die der Engel ihr überbrachte. Doch der Engel gibt ihr ein solches Zeichen. Er verweist auf Elisabeth, eine Verwandte Marias, die trotz ihres hohen Alters noch schwanger geworden war. Und mit diesem Zeichen verbindet der Engel einen Hinweis auf die unbeschränkte Macht Gottes: “Denn bei Gott ist kein Ding unmöglich.“ (vgl. 1. Mose 18, 14; Jeremia 32, 17; Jeremia 32, 27). Wie sehr muss Maria dieser Zuspruch in den Monaten nach der Begegnung mit dem Engel ermutigt, auferbaut und auch getröstet haben. Dieser Zuspruch kann und soll auch uns ermutigen, wann immer wir einen Auftrag, eine Berufung Gottes erhalten, die unsere menschlichen Vorstellungen und Kräfte übersteigt. Und wenn uns jemand sagt, eine Jungfrauengeburt sei doch unmöglich, dann dürfen wir auch einem solchen Menschen bezeugen: Bei unserem allmächtigen Gott ist kein Ding unmöglich!
* “Maria aber sprach: Siehe, ich bin des Herrn Magd; mir geschehe, wie du gesagt hast. Und der Engel schied von ihr. „ – Lukas 1, 38 – Hier erfahren wir, wie Maria mit der Botschaft Gottes, die der Engel ihr überbrachte, umging. Sie sagt: “Mir geschehe nach deinem Wort!“ Auch das verbindet sie mit allen Gläubigen:
“Während er noch zu dem Volke redete, siehe, da standen seine Mutter und seine Brüder draußen und suchten mit ihm zu reden. Da sprach einer zu ihm: Siehe, deine Mutter und deine Brüder stehen draußen und suchen mit dir zu reden. Er aber antwortete und sprach zu dem, der es ihm sagte: Wer ist meine Mutter, und wer sind meine Brüder? Und er streckte seine Hand aus über seine Jünger und sprach: Seht da, meine Mutter und meine Brüder! Denn wer den Willen tut meines Vaters im Himmel, der ist mir Bruder, Schwester und Mutter!“
Gottes Gnade befähigt uns, Sein Wort zu halten und Seinen Willen zu tun. Ein solches Leben ist – nach den Worten des Herrn – ein Leben in der Nähe und Gegenwart Gottes und hat eine Verheißung für die Ewigkeit (1. Johannes 2, 17). Wenn wir den Bericht über die Begegnung des Engels mit Maria mit dem Bericht über die Begegnung des Engels mit Zacharias (Lukas 1, 5 – 22) vergleichen, dann fällt auf, dass Zacharias vor der Erscheinung des Engels erschrak, Maria aber vor seinen Worten (Vers 29). Auch das verdeutlicht, welche Ehrfurcht Maria vor dem Wort Gottes hatte. Aber nicht nur Ehrfurcht, sondern auch menschliche Furcht schwingt in Marias Antwort mit und dem Engel bleibt dies nicht verborgen. Würde er sonst sagen: “Fürchte dich nicht, Maria ….“? Erneut spricht er ihr die Gnade Gottes zu: “(…) du hast Gnade bei Gott gefunden (…)“ – Selbst wenn wir einmal grundsätzlich von Gott begnadigt wurden, so haben wir doch für jede neue Aufgabe, zu der uns Gott beruft, erneut die Kraft der Gnade nötig. Und diese Gnade steht für uns bereit. Dabei ist es weder notwendig, dass wir auf einen Engel warten müssen, noch sind wir anderweitig zur Passivität verurteilt. Johannes sagt uns in seinem Evangelium:
„Und aus seiner Fülle haben wir alle empfangen Gnade um Gnade.“
So, wie Maria erneut Gnade empfangen durfte und dann ganz der Botschaft und Aufgabe Gottes zustimmen konnte, so dürfen wir an jedem neuen Tag aus der Fülle des Herrn “Gnade um Gnade“ nehmen. Mit jedem Gebet eignen wir uns diese Gnade an und durch den Glauben an das Wort Gottes entfaltet die Gnade Gottes ihre hoch wirksame Kraft – “the energy of grace – die Energie der Gnade“, wie jemand treffend sagte, – in unserem Leben. Mit diesem Geschenk Gottes, das uns in Jesus Christus zuteil geworden ist, kann kein Weihnachtsgeschenk mithalten. Machen wir also reichlich Gebraucht davon, damit wir mit Paulus sprechen können:
“Aber durch Gottes Gnade bin ich, was ich bin, und seine Gnade gegen mich ist nicht vergeblich gewesen, sondern ich habe mehr gearbeitet als sie alle; nicht aber ich, sondern die Gnade Gottes, die mit mir ist.“
Fußnoten:
¹= Zur Diskussion um die Jungfrauengeburt siehe: Keil/Delitzsch-Kommentar „Das Buch Jesaja“, Dörfling & Franke, Leipzig 1890, Seite 141 ff. (Onlineversion: Klick!), Walter Romimger: „Junfrauengeburt“, Richard Niessen, „The Virginity of the ‚almah in Isaiah 7:14„, in Bibliotheca Sacra 137:546 (April-June 1980) zukünftig bei: http://www.biblicalstudies.org.uk/articles_bib-sacra_14.php
²= zitiert nach Walter Rominger in: „Jungfrauengeburt“