An verschiedenen Stellen des Neuen Testaments werden die Gläubigen – entweder individuell oder kollektiv – als der Tempel Gottes bezeichnet:
“Wisset ihr nicht, daß ihr Gottes Tempel seid und der Geist Gottes in euch wohnt? Wenn jemand den Tempel Gottes verderbt, den wird Gott verderben; denn der Tempel Gottes ist heilig, und der seid ihr.“
(1. Korinther 3, 16 – 17 SCHL’51)
“Oder wisset ihr nicht, daß euer Leib ein Tempel des in euch wohnenden heiligen Geistes ist, welchen ihr von Gott empfangen habt, und daß ihr nicht euch selbst angehöret?“
“Wie stimmt Christus mit Belial überein? Oder was hat der Gläubige gemeinsam mit dem Ungläubigen? Wie reimt sich der Tempel Gottes mit Götzenbildern zusammen? Ihr aber seid ein Tempel des lebendigen Gottes, wie Gott spricht: «Ich will in ihnen wohnen und unter ihnen wandeln und will ihr Gott sein, und sie sollen mein Volk sein.»“
Welche Bedeutung hatte der Tempel im Alten Testament? Er war die Wohnstätte Gottes (vgl. 2. Mose 25, 8 ff.; 1. Könige 6, 12 – 13). Im gegenwärtigen Zeitalter der Gnade gibt es keinen buchstäblichen bzw. materiellen Tempel. Aber es gibt, wie wir aus den eingangs zitierten Bibelstellen entnehmen können, einen geistlichen Tempel: im kollektiven Sinn ist dies die Versammlung (= Gemeinde / Kirche), zugleich sind aber alle Gläubigen individuell ein Tempel Gottes. Das heißt nichts anderes, als dass Gott die Versammlung bzw. jeden einzelnen Gläubigen als Seine Wohnstätte betrachtet. Diese geistliche Tatsache bestätigt der Apostel Paulus auch in Kolosser 1, 27, wo er schreibt:
“(…) denen Gott kundtun wollte, welches der Reichtum der Herrlichkeit dieses Geheimnisses unter den Völkern sei, nämlich: Christus in euch, die Hoffnung der Herrlichkeit.“
Wenn also der Herr Jesus Christus durch den Geist Gottes in uns lebt, wir ein Tempel Gottes sind – welche Schlussfolgerungen ziehen wir daraus?
Ich habe bereits in einer vorausgegangenen Bibelbeobachtung (Klick!) darauf hingewiesen, was die Israeliten taten, als sie aus der Babylonischen Gefangenschaft in das verheißene Land zurückkehrten. In Esra 3, 1 – 3 (SCHL’2000) heißt es:
“Als aber der siebte Monat nahte und die Kinder Israels nun in ihren Städten waren, da versammelte sich das Volk wie ein Mann in Jerusalem. Und Jeschua, der Sohn Jozadaks, und seine Brüder, die Priester, und Serubbabel, der Sohn Schealtiels, und seine Brüder, machten sich auf und bauten den Altar des Gottes Israels, um Brandopfer darauf darzubringen, wie es geschrieben steht im Gesetz Moses, des Mannes Gottes. Und sie errichteten den Altar auf seiner Grundfeste, denn Furcht vor den Völkern der [umliegenden] Länder lastete auf ihnen; und sie opferten dem Herrn Brandopfer darauf, Brandopfer am Morgen und am Abend.“
In meinem damaligen Artikel habe ich darauf hingewiesen, dass die Israeliten Angst vor den umliegenden Völkern hatten. Ihre eigene Stadt Jerusalem war zerstört, die Häuser niedergebrannt, die Mauern von feindlichen Armeen niedergerissen, der Tempel dem Erdboden gleich gemacht. Doch das erste, was die Rückkehrer in dieser Situation taten, war nicht, die Mauern der Stadt, sondern den Altar – die zentrale Anbetungsstätte Gottes – wieder aufzubauen. Denn die Rückkehrer aus Babylon hatten die entscheidende Lektion aus der Geschichte ihres Volkes gelernt: Wenn unsere Beziehung zu Gott nicht in Ordnung ist, dann können uns selbst die dicksten Verteidgungswälle nicht gegen unsere Feinde schützen. Nun setzten sie die richtigen Prioritäten – Gott sollte in Zukunft bei ihnen den ersten Platz einnehmen. Ihm wollten sie dienen – vom Morgen bis zum Abend. Und ich habe in jenem Artikel die Schlussfolgerung gezogen, dass wir auch als Christen die richtigen Prioritäten setzen müssen.
Heute möchte ich dieses Geschehen noch einmal unter einem anderen Gesichtspunkt betrachten und zwar unter dem unserer geistlichen Identität:
Als die Israeliten aus Babylon zurückkehrten, begannen sie umgehend damit, den Tempel wieder aufzubauen. Sie taten das einerseits, wie besprochen, weil sie begriffen hatten, dass nur die Beziehung zur Gott wahren Schutz bieten kann. Sie taten sie aber auch, weil der Bau des Tempels (vgl. 2. Mose 25, 8 ff.) im Judentum als ein positives Gebot verstanden wird, d.h. als ein Gebot, an dem sich jeder Israelit beteiligen kann und soll. Ziel dieser Gebote war und ist es immer, dass der Name Gottes geheiligt und verherrlicht wird. Um dieses Gebot umsetzen zu können, mussten die Israeliten nicht auf besondere Umstände warten, sie mussten einfach nur damit beginnen.
Als Gläubige der Gnadenzeit müssen wir Gott keinen Tempel bauen, wir sind Sein Tempel. Sind wir uns dieser geistlichen Wahrheit bewusst? Und wenn ja, welche Konsequenzen hat diese Wahrheit in unserem ganz alltäglichen Leben? Leben wir entsprechend, d.h. richten wir unser Leben so ein bzw. aus, dass Gott sich darin wohlfühlen, ja gern darin wohnen kann? Der Apostel Paulus wies die Gläubigen in Korinth darauf hin, dass sich der Tempel Gottes, die Wohnstätte des Allmächtigen, nicht mit Unreinheit jeglicher Art verträgt:
“Ziehet nicht am gleichen Joch mit Ungläubigen! Denn was haben Gerechtigkeit und Gesetzlosigkeit miteinander zu schaffen? Was hat das Licht für Gemeinschaft mit der Finsternis? Wie stimmt Christus mit Belial überein? Oder was hat der Gläubige gemeinsam mit dem Ungläubigen? Wie reimt sich der Tempel Gottes mit Götzenbildern zusammen? Ihr aber seid ein Tempel des lebendigen Gottes, wie Gott spricht: «Ich will in ihnen wohnen und unter ihnen wandeln und will ihr Gott sein, und sie sollen mein Volk sein.» Darum «gehet aus von ihnen und sondert euch ab, spricht der Herr, und rühret kein Unreines an, so will ich euch aufnehmen», und «ich will euer Vater sein, und ihr sollt meine Söhne und Töchter sein», spricht der allmächtige Herr.“
Während bei den Israeliten, die aus Babylon zurückkehrten, der Aufbau des Tempels im Mittelpunkt stand, ist es unsere Aufgabe, die wir ein Tempel Gottes (bereits) sind, diesen Tempel von allem moralisch wie lehrmäßig Bösem (1. Korinther 5, 1 f.; 2. Johannes 9 – 11) rein zu erhalten. Dazu müssen wir nicht auf irgendwelche besonderen Umstände warten, wir können sogleich damit beginnen.
Ja, wir sind der Tempel Gottes. Jedes einzelne von uns Kinder Gottes beherbergt den Geist Gottes in seinem Inneren, ist also ein Tempel. Wenn man sich dessen bewusst ist, dann geht man anders mit seinem Körper um, zumindest war das bei mir so. Aber wichtiger ist meiner Meinung nach die Erkenntnis, dass die Gemeinde in ihrer Gesamtheit den Tempel Gottes darstellt. Nur in der Gemeinde sind wir „vollständig“, nur dort kann jeder von uns seiner gottgegebenen Aufgabe tatsächlich nachkommen.
Vielen Dank für den Kommentar. Ich verstehe Ihr Anliegen, möchte jedoch zu bedenken geben, dass die Heilige Schrift dieses „Nur in der Gemeinde ….“ nicht ganz so ausschließlich sieht. Denken Sie an den Kämmerer aus dem Morgenland (Apostelgeschichte 8, 26 – 39), der – ganz allein! – in sein Heimatland zurückkehrte und dort ohne weitere – menschliche – Hilfe zu evangelisieren begann. Oder denken wir an den Evangelisten Philippus, der als er dem Kämmerer begegnet, seinen Dienst ebenfalls allein versieht. Es könnten andere Beispiele angeführt werden. Paulus z.B. vor Gericht ganz allein Zeugnis ablegt, weil alle anderen Gläubigen ihn verlassen haben und nur der Herr ihm beistand (vgl. 2. Timotheus 45, 17). Nicht die Gemeinschaft der Gläubigen (so wichtig und gottgegeben diese auch ist) ist es, die uns „vollständig“ macht, sondern allein der Herr Jesus Christus Selbst.