
Der See Genezareth * Foto: מוחמד מוסא שהואן[CC-BY-2.5 (http://creativecommons.org/licenses/by/2.5)%5D, via Wikimedia Commons
Anmerkungen zu Markus 1, 14 – 20
Das Bibelwort, das der Wortverkündigung am kommenden Sonntag zugrunde liegen soll, stammt aus dem Markusevangelium (zum Hintergrund des Markusevangelums siehe: Klick!). Wir betrachten diese Worte in ihrem Zusammenhang:
„Nachdem aber Johannes gefangen gesetzt war, kam Jesus nach Galiläa und predigte das Evangelium Gottesund sprach: Die Zeit ist erfüllt und das Reich Gottes ist herbeigekommen. Tut Buße und glaubt an das Evangelium! Als er aber am Galiläischen Meer entlangging, sah er Simon und Andreas, Simons Bruder, wie sie ihre Netze ins Meer warfen; denn sie waren Fischer. Und Jesus sprach zu ihnen: Folgt mir nach; ich will euch zu Menschenfischern machen! Sogleich verließen sie ihre Netze und folgten ihm nach. Und als er ein wenig weiterging, sah er Jakobus, den Sohn des Zebedäus, und Johannes, seinen Bruder, wie sie im Boot die Netze flickten. Und alsbald rief er sie und sie ließen ihren Vater Zebedäus im Boot mit den Tagelöhnern und folgten ihm nach.“
(Markus 1, 14 – 20; LUTH’84)
Markus berichtet vom Beginn des Dienstes Jesu
In dem von uns zu betrachten Abschnitt macht der Evangelist Markus seine Leser mit der Botschaft des Herrn (Markus 1, 14 – 15) und den ersten Jüngern ds Herrn (Markus 1, 16 – 20) bekannt.
Die erste Verkündigung des Evangeliums durch den Herrn
* “Nachdem aber Johannes gefangen gesetzt war, kam Jesus nach Galiläa und predigte das Evangelium Gottes und sprach: Die Zeit ist erfüllt und das Reich Gottes ist herbeigekommen. Tut Buße und glaubt an das Evangelium!“ – Markus 1, 14 – 16 – Mit diesen wenigen Worten wird der gesamte Dienst des Herrn in Galiläa charakterisiert (vgl. auch Matthäus 4, 12 + 17; Lukas 4, 14 – 15). Neben dem Zeitpunkt und dem Ort, zu bzw. an dem der Dienst Jesu begann, teilt Markus uns auch den Kern der Botschaft Jesu und die Grundlage für sene Vollmacht mit.
Der Herr Jesus Christus begann den ersten Abschnit seines öffentlichen Dienstes in Galiläa, kurz nachdem Johannes der Täufer seinen Dienst als Herold des Erlösers beendet hatte. Markus macht uns hier auch schon auf Parallelen im Leben und Dienst Johannes des Täufers bzw. des Herrn Jesus aufmerksam. So deutet er durch die Erwähnung des Schicksals Johannes des Täufers an, welches Ende auch der Dienst des Herrn nehmen wird (vgl. Markus 9, 31; Markus 14, 18). Verschiedene Ausleger haben darauf hingewiesen, dass die passive Form des Verbes “paradidomi“ (“παραδίδωμι“), also “gefangen genommen (war)“ bzw. “überliefert worden war“, darauf hinweist, dass Gott auch weiterhin die souveräne Kontrolle über die jeweilige Situation ausübte, in der sich die beiden Männer befanden.
Es sind verschiedene Gründe dafür vorgeschlagen worden, warum der Herr Jesus Christus gerade Galiläa als Ausgangspunkt für seinen öffentlichen Dienst wählte. Manche Ausleger vertreten die Meinung, der Grund dafür hätte in dem geringen Einfluss gelegen, den die feindlich gesonnenen Pharisäer und Schriftgelehrten in Galiläa hatten. In Samaria, der Region zwischen Galiläa und Judäa, gab es nur wenige Juden und das Machtzentrum der Schriftgelehrten lag in Judäa, also in einiger Entfernung. Andere verweisen darauf, dass der Herr in Übereinstimmung mit Seiner Sendung (Lukas 7, 22) Seinen Dienst in einem Gebiet Israels begann, dessen Bewohner verachtet und benachteiligt waren. Der Evangelist Matthäus betrachtet den Dienst Jesu in Galliläa bzw. von Galliläa ausgehend als eine Erfüllung der biblischen Verheißung in Jesaja 9, 1 (vgl. Matthäus 4, 15 – 16).
Markus berichtet uns, dass der Herr Jesus Christus “das Evangelium, die gute Nachricht Gottes“ verkündete. Die griechische Satzkonstruktion lässt zwei Lesarten zu: “die gute Nachricht über Gott“ oder “die gute Nachricht von Gott“. Dass es Markus um die “gute Nachricht von Gott“ geht, macht der nächste Vers deutlich, in dem der Evangelist erläutert, was der Inhalt dieser “guten Nachricht“ war, die Gott durch den Herrn Jesus Christus der Welt offenbarte. Die Verkündigung der “guten Nachricht“ war das Kennzeichen des Dienstes des Herrn Jesus Christus. Diese Verkündigung war auch die Grundlage für alles, was der Herr während Seines Dienstes sonst noch tat.
Die uns hier durch Markus überlieferte Verkündigung Jesu enthält zwei Erklärungen und zwei Gebote bzw. Aufforderungen: Der Herr erklärte, dass das im Alten Testament von Gott verheißene messianische Zeitalter (Jesaja 61, 1 – 3) nun begonnen hatte (vgl. Galater 4, 4; Hebräer 1, 2; Hebräer 9, 6 – 15) und dass “das Reich Gottes nahe herbei gekommen war“.
Der Begriff “Reich Gottes“, griech.: “βασιλεία“ (“basileia“), der im Markusevangelium an 14 Stellen gebraucht wird (Markus 1, 15; Markus 4, 11 + 26 + 30; Markus 9, 1 + 47; Markus 10, 14 – 15 + 23 – 25; Markus 12, 34; Markus 14, 25 und Markus 15, 43) bezieht sich nicht nur – in einer allgemeinen Weise – auf alles, worüber Gott Seine Herrschaft ausübt. Dieser Begriff bezeichnet in besonderer Weise jenes Reich, das Gott zu einem von Ihm bestimmten Zeitpunkt buchstäblich auf dieser Erde aufrichten wird. Das Alte und das Neue Testament enthalten viele prophetische Verheißungen, in denen die Aufrichtung dieses Reiches auf dieser Erde angekündigt wird (vgl. z.. 2. Samuel 7, 8 – 17; Jesaja 11, 1 – 9; Jesaja 24, 23; Jeremia 23, 5 – 6; Daniel 2, 34; Micha 4, 6 – 7; Sacharja 9, 9 – 10; Sacharja 14, 9; Matthäus 20, 21; Markus 10, 37; Markus 11, 10; Markus 12, 35 – 37; Markus 15, 43; Lukas 1, 31 – 33; Lukas 2, 25 + 38; Apostelgeschichte 1, 6). Natürlich herrscht Gott in einem allgemeinen Sinn jederzeit über Sein Volk (1. Chronika 29, 12; Psalm 103, 19 – 20). Aber die Heilige Schrift spricht in großer Klarheit davon, dass eine Zeit kommen wird, in der ein Nachkomme Davids von Jerusalem ausgehend im Auftrag Gottes über diese ganze Erde herrschen wird.
Als der Herr Jesus Christus Seinen jüdischen Zuhörern nun erklärte, dass das Reich Gottes “nahe herbei gekommen“ war, wussten sie genau, was damit gemeint war: Das Königreich Gottes war “nahe gekommen“, weil in Seiner Person der König dieses Reiches unter ihnen gegenwärtig war (vgl. Markus 15, 2). Trotzdem lag das Kommen dieses Reiches noch in der Zukunft.
Die Verkündigung Jesu enthielt zwei Gebote bzw. Forderungen: Seine Zuhörer mussten “Buße tun“ und “glauben“. Es scheint, als würde der Herr hier zwei aufeinanderfolgende Schritte angeben, aber im Grunde genommen ist es eine Reaktion, die zwei gleichzeitig ablaufende Handlungen beinhaltet: Das griechische Wort, das im Neuen Testament für das Wort “Buße” benutzt wird, ist “metanoia” (grch. ”μετάνοια”). Es bedeutet “umdenken”, ”den Sinn ändern”. Der Gedanke, der hinter diesem Wort steht, ist, dass der Mensch umdenken soll/muss und zwar von einem bisher ohne Gott gelebten Leben hin zu einem Leben mit Gott. Der Gedanke, dass ”Buße” eine Strafe oder die Ableistung einer solchen sei, findet sich, nirgendwo im Neuen Testament. Darum spricht Martin Luther auch von der Buße als ”einem fröhlichen Geschäft”¹. Buße ist nach der Lehre des Neuen Testaments der erste Schritt in eine Beziehung mit dem lebendigen Gott (Apostelgeschichte 2, 38; Apostelgeschichte 3, 19; Apostelgeschichte 26, 20 u.a.m.) Diese neue Lebensbeziehung mit Gott beginnt nicht mit einer Strafe, sie beginnt mit einem veränderten Denken. Das ist Grund zur Freude und zur Dankbarkeit gegenüber Gott! Wahrlich, ein ”fröhliches Geschäft”! “Buße“ ist mit der Abwendung von etwas Altem, dem alten Denken, verbunden. Glaube hingegen bedeutet, sich vertrauensvoll etwas anderem, etwas neuem, Gott Selbst, zuzuwenden. Als Johannes der Täufer auftrat und die Juden zur Buße rief, da forderte er sie auf, ihr Denken zu ändern. Sie sollten ihr Vertrauen nicht mehr in ihre Fähigkeit, das göttliche Gesetz zu halten bzw. “gute Werke“ zu tun, setzen. Ein solches Denken und Leben würde sie vor Gott nicht gerecht machen. Vielmehr sollten sie an den Messias, den Erlöser glauben, den Johannes ankündigte. Als der Herr Jesus dann auftrat und das Volk aufforderte, an das Evangelium zu glauben, da forderte Er es gleichsam auf, an den Messias, den Erlöser zu glauben. Das Kommen des Erlösers ist das Thema des Evangeliums und dieser Erlöser ist bzw. soll der Gegenstand ihres Glaubens sein. Auch wenn die Aufrichtung Reiches Gottes durch die Verwerfung des Königs dieses Reiches, des Herrn Jesus Christus, zeitlich aufgeschoben wurde, so bekommen doch heute schon alle, die Buße tun und dem Evangelium glauben Zugang zu diesem Reich (Johannes 3, 1 – 6).
Die Berufung der ersten Jünger des Herrn
* “Als er aber am Galiläischen Meer entlangging, sah er Simon und Andreas, Simons Bruder, wie sie ihre Netze ins Meer warfen; denn sie waren Fischer. Und Jesus sprach zu ihnen: Folgt mir nach; ich will euch zu Menschenfischern machen! Sogleich verließen sie ihre Netze und folgten ihm nach.“ – Markus 1, 16 – 18 – Nachdem Markus über das erste Auftreten des Herrn und Seine Botschaft berichtet hat, schildert er uns die Berufung der ersten Jünger (vgl. Matthäus 4, 16 – 22; Lukas 5, 1 – 11). Diese Berufung findet am “Galliläischen Meer“ statt, das auch als “See von Tiberias” (Johannes 21, 1), “See Kinnereth” (4. Mose 34, 11; Josua 12, 3; Josua 13, 27) und – diese Bezeichnung ist wohl am bekanntesten – als “See Genezareth“ (Lukas 5, 1) bezeichnet wird. Die ersten Jünger, die uns hier genannt werden sind Simon und Andreas. Sie waren Fischer am See Genezareth, der damals das Zentrum des Fischfangs in Nordisrael war. Als Fischer standen diese beiden Männer am unteren Ende der sozialen Skala. Mit ihrer Berufung zeigt der Herr Jesus Christus auf, dass Seine Zuwendung zum Menschen sich nicht an den Grenzen der menschlichen Anerkennung Halt macht. Aber dies war, wie wir noch sehen werden, nicht der Hauptgrund, warum der herr Fischer als Seine ersten Jünger berief. Wie wir aus Johannes 1, 35 – 42 entnehmen können, waren Simon, der spätere Petrus, und Andreas, dem Herrn schon vorher einmal begegnet.
Bemerkenswert ist, dass Markus betont, dass der Herr diese Jünger “sah“. Wenn die heilige Schrift uns sagt, dass Gott etwas sieht oder sah, macht sie damit die besondere Aufmerksamkeit, die Gott dem betrachteten Gegenstand widmet, deutlich (vgl. 1. Mose 1, 4). Auf jeden, den der Herr Jesus Christus in Seine Nachfolge ruft, hat Er zuerst Seine Augen gerichtet. Das galt bei diesen Jüngern zu Beginn Seines Dienstes und das gilt auch heute noch.
Markus lässt in seinem Bericht diese beiden Ereignisse (d.h. die erste Verkündigung Jesu und die Berufung der ersten Jünger) so eng aufeinander folgen, damit wir als Leser erkennen, wie sich die Annahme der Botschaft Jesu, d.h. der Glaube an das Evangelium, praktisch auswirkt: Wenn der Herr Jesus Christus einen Menschen auffordert, Buße zu tun und an das Evangelium zu glauben, dann soll sich das also in der radikalen Abkehr vom bisherigen Leben und in der umgehenden Nachfolge des Herrn ausdrücken. Die hier genannten Jünger stehen dabei exemplarisch für alle Menschen, die das Evangelium hören und annehmen würden.
Im Bericht des Markus wird die Dringlichkeit, mit der der Herr Seine Jünger beruft, sehr deutlich. In der Regel war es damals so, dass junge Männer sich einen Rabbiner auswählten, von dem sie lernen wollten. Dieses System wird von dem Herrn Jesus Christus quasi “auf den Kopf gestellt“. Er wartet nicht, bis jemand vielleicht irgendwann einmal auf die Idee kommt und Ihm nachfolgen will. Er Selbst beruft Menschen in Seine Nachfolge:“Folgt mir nach!“, d.h.: “Werdet meine Nachfolger!“ Das war (und ist!) mehr als eine Einladung, das war ein Gebot. Wir verstehen die Dringlichkeit dieses Rufes und die Vollmacht, mit der er ausgesprochen wird, wenn wir die Bedeutung des Fischfangs im Alten Testament untersuchen: Der Gedanke, dass Menschen gleichsam aus dem “göttlichen Gericht“ herausgefischt werden sollen, findet sich in vielen prophetischen Aussagen (vgl. Amos 4, 2; Habakuk 1, 14 – 17; Jeremia 16, 16; Hesekiel 29, 4 – 5, Hesekiel 38, 4). Auf diese Weise wird uns Gott Selbst wird uns als der große “Menschenfischer“ vorgestellt. Auch das Meer wird wird von den Propheten als Symbol benutzt. In Jesaja 57, 20 – 21 wird es als Bild für die unruhige, gottlose Welt gebraucht. In ähnlicher Weise wird dieses Bild später auch in der Offenbarung aufgegriffen (vgl. Offenbarung 13, 1; Offenbarung 21, 1).
Auf dem Hintergrund der alttestamentarischen Aussagen weist die Tatsache, dass der Herr zu Beginn Seines Dienstes Fischer beruft und ihnen den Auftrag erteilt, “Menschen (zu) fischen“, zum einen auf die Gottheit des Erlösers hin, macht andererseits aber auch deutlich, dass mit Seinem Kommen eine neue Epoche der Heilsgeschichte beginnen wird. Sprachen die Propheten des Alten Testaments bereits davon, dass Gott eines Tages “Menschenfischer“ senden würde, so war diese Zeit nun eingetroffen. Diejenigen, die der Herr Jesus Christus in Seine Nachfolge berief (und noch beruft), sollten (und sollen) Ihm bei der großen Aufgabe, Menschen vor dem göttlichen Gericht zu bewahren, “zur Hand“ gehen, indem sie diesen menschen das Evangelium verkündigen.
Der Beruf des Fischers verlangte von denen, die ihn ausübten, harte Arbeit, Geschicklichkeit, die mit Geduld erworben werden musste, und die Bereitschaft, auf vieles zu verzichten. Diese Charakteristika kennzeichnen auch den Dienst des “Menschenfischers“ in der Nachfolge Jesu. Wir sollten jedoch nicht den Fehler begehen und denken, dass die Jünger, weil sie das Handwerk des Fischers erlernt hatten, allein deswegen schon in der Lage gewesen seine, gute “Menschenfischer“ zu werden. Auch hier gilt: Gott beruft nicht die Befähigten, Er befähigt die Berufenen.
Der amerikanische Bibelkommentator Warren W. Wiersbe merkt in diesem Zusammenhang an, dass der Begriff “Menschenfischer“ zur Zeit Jesu eine allgemein gebräuchliche Beschreibung für Philosophen und andere “Weisheitslehrer“ war, die durch ihre Überzeugungskünste und ihre mit rhetorischer Brillianz vorgetragenenen Lehren den Verstand ihrer Zuhörer gleichsam “einfingen“². Doch diese Weise, in der der Herr diesen Begriff gebraucht, unterscheidet sich davon grundlegend. Bei der Verkündigung des Evangeliums geht es nicht darum, den Verstand eines Menschen durch brilliante Redekünste zu “fangen“, sondern ihn vor – mittels der Predigt vom Kreuz (vgl. 1. Korinther 1, 18!), die für die Mehrheit der Menschen “Torheit“, Unsinn, ist³ – dem Gericht Gottes zu bewahren.
Simon und Andreas gehen sofort auf den Ruf des Herrn ein indem sie die Netze – und damit ihr gesamtes altes Leben – verlassen. Wenn wir jetzt ihren Lebensweg durch das Markusevangelium verfolgen würden, dann würden wir sehen, dass sie ganz offensichtlich davon überzeugt waren, in dem Herrn Jesus den verheißenen Messias gefunden zu haben. Ihre Hingabe an den Herrn nahm über die Zeit zu. Aber wir erkennen auch, dass sie noch vieles lernen mussten und lage Zeit gar nicht verstanden, wer ihr Herr wirklich war – Gott Selbst (vgl. Markus 6, 45 – 52).
* “Und als er ein wenig weiterging, sah er Jakobus, den Sohn des Zebedäus, und Johannes, seinen Bruder, wie sie im Boot die Netze flickten. Und alsbald rief er sie und sie ließen ihren Vater Zebedäus im Boot mit den Tagelöhnern und folgten ihm nach.“ – Markus 1, 19 – 20 – Gleich im Anschluss an die Berufung von Simon und Andreas beruft der Herr zwei weitere Fischer (Lukas 5, 7 – 10) – Jakobus und Johannes. Aus den synoptischen Evangelien wissen wir, dass Jakobus und Johannes Cousins des Herrn waren (Matthäus 27, 55 – 56; Markus 15, 40; Johannes 19, 25). Durch Johannes erfahren wir außerdem davon, dass auch diese beiden Männer zum Glauben an den Herrn Jesus Christus als dem verheißenen Messias gekommen waren (vgl. Johannes 1, 35 – 42). Dass sie es in seiner Person mit Gott Selbst zu tun hatten, war ihnen jedoch noch nicht bewusst. Als der Herr sie dann in Seine Nachfolge ruft, verlassen sie nicht nur ihren Beruf, sondern auch ihre Familien. Allerdings war dies keine verantwortungslose Entscheidung. Ihr Vater blieb nicht ohne Hilfe (und damit ohne Unterhalt), denn der Vater verfügte über genügend Mittel, um Tagelöhner bezahlen zu können. Auf diese Weise konnte er das Fischereigeschäft auch ohne Hilfe seiner Söhne weiterführen. Auch bei Jakobus und Johannes fällt also die radikale, sofortige Entscheidung auf, wodurch die Autorität und Vollmacht Jesu deutlich wird.
Indem der Evangelist Markus uns von beiden Jüngerberufungen nacheinander berichtet, zeigt er auf, dass diese Berufungen nach einem gewissen Muster ablaufen: Alle Jünger haben bereits eine gewisse Erkenntnis Jesu, sie stehen mitten im Leben, der Herr beruft sie und sie folgen Ihm sofort. Außerdem liegt diesen Berufungen auch ein gemeinsames Ziel zugrunde: Aus den Berufenen werden Menschenfischer. Jüngerschaft und Missionsarbeit sind also untrennbar verbunden, auch, wenn nicht jeder Jünger des Herrn als Missionar in ein anderes Land zieht. Indem die Jünger sich mit Jesus Christus als ihrem Herrn verbinden, verbinden sie sich auch mit Seinem Dienst in dieser Welt. Dieser Dienst drückt sich am besten in den Worten Jesu aus, die uns Lukas in seinem Evangelium überliefert:
„Denn der Sohn des Menschen ist gekommen, zu suchen und zu erretten, was verloren ist.“
(Lukas 19, 10)
Es ist an uns, auf den Ruf Jesu zu reagieren. Werden wir uns von Ihm in Seine Nachfolge und in den Dienst als “Menschenfischer“ rufen lassen?
Fußnoten:
¹= Andere, wie Annette M. Lamprecht, schreiben diese Aussage dem ev. Theologen Adolf Schlatter zu, vgl. Annette M. Lamprecht: ”Christlicher Glaube im Alter – Eine Untersuchung zu Bedeutung und Funktion”, Seite 184, Lit-Verlag Berlin, 2006
²= Warren W. Wiersbe: “The Bible Expositon Commentary“, Scripture Press, Wheaton, 1989, Band I, Seite 112
³=vgl. dazu auch der Artikel: “Das offenbar gemacht Geheminis Gottes: Jesus Christus – Anmerkungen zu 1. Korinther 2, 1 – 5″: Klick!