Bibelbeobachtungen (4): Menschen des Augenblicks (Markus 6, 51)

 

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Buch der Bücher * Foto: Lupo / pixelio.de

Im Zusammenhang mit meinen Anmerkungen zu Markus 6, 45 – 52 hat mich die Aussage des Evangelisten darüber, dass die Jünger angesichts der Brote (bei der Speisung der 5.000) “um nichts verständiger geworden waren“, noch längere Zeit beschäftigt. In Markus 6, 49 – 52 heißt es:

“Und als sie ihn sahen auf dem See gehen, meinten sie, es wäre ein Gespenst, und schrien; denn sie sahen ihn alle und erschraken. Aber sogleich redete er mit ihnen und sprach zu ihnen: Seid getrost, ich bin’s; fürchtet euch nicht!, und trat zu ihnen ins Boot, und der Wind legte sich. Und sie entsetzten sich über die Maßen; denn sie waren um nichts verständiger geworden angesichts der Brote, sondern ihr Herz war verhärtet.

Aus dem, was man mit Gott erlebt und dem, was man von Gott hört, lernen

Wie ich bereits an anderer Stelle dargelegt habe (Klick!), spielt Markus mit diesen Worten auf die Speisung der 5.000 an, die erst wenige Stunden vor dieser gefährlichen Bootsfahrt stattgefunden hatte. Der Evangelist benutzt hier ein interessantes Wort, wenn er sagt, dass die Jünger nicht ”verständiger” geworden seien: ”συνίημι” (”suniemi”). Die grundlegende Bedeutung dieses Wortes ist ”etwas zusammensetzen”, um es zu verstehen. In unserer deutschen Sprache würden wir sagen: ”Die Jünger hätten verstanden, dass ihnen in der Person Jesu Gott selbst begegnete, hätten sie nur zwei und zwei zusammengezählt!
”Zwei und zwei zusammenzählen” ist unsere Umschreibung dafür, dass man Dinge verbinden und aus den Zusammenhängen die richtigen Schlüsse ziehen muss. Die Jünger hätten aus allem, was sie bisher in der Gemeinschaft mit dem Herrn Jesus Christus erlebt hatten, lernen, die richtigen Schlüsse ziehen sollen. Doch wie die Israeliten, die zahllose Wunder Gottes mit eigenen Augen gesehen hatten, so vergaßen auch die Jünger angesichts der gegenwärtigen Not alles, was der Herr bisher für sie getan hatte.
Um die  richtigen Schlüsse aus dem ziehen zu können, was wir mit Gott erlebt und von Gott gehört haben, ist es notwendig, dass wir nicht von ”Augenblick zu Augenblick” leben, sondern das Erlebte und Gehörte in unseren Herzen bewegen (vgl. Lukas 2, 19), es reflektieren, darüber nachsinnen.

Menschen des Augenblicks

Im weiteren Nachdenken über die Aussage des Evangelisten Markus, ist mir aufgefallen, wie oft die Heilige Schrift über diese Art des Umgangs mit Gottes Reden zu uns bzw. unseren Erfahrungen mit Gott,  spricht. Zuerst einige negative Beispiele:

“Als nun eine große Menge zusammenkam und sie aus den Städten zu ihm zogen, sprach er in einem Gleichnis: Der Sämann ging aus, um seinen Samen zu säen. Und als er säte, fiel etliches an den Weg und wurde zertreten, und die Vögel des Himmels fraßen es auf. Und anderes fiel auf den Felsen; und als es aufwuchs, verdorrte es, weil es keine Feuchtigkeit hatte. Und anderes fiel mitten unter die Dornen; und die Dornen, die mit ihm aufwuchsen, erstickten es. Und anderes fiel auf das gute Erdreich und wuchs auf und brachte hundertfältige Frucht. Und als er das sagte, rief er: Wer Ohren hat zu hören, der höre! (…)  Das Gleichnis aber bedeutet dies: Der Same ist das Wort Gottes. Die am Weg sind die, welche es hören; danach kommt der Teufel und nimmt das Wort von ihren Herzen weg, damit sie nicht zum Glauben gelangen und gerettet werden. Die aber auf dem Felsen sind die, welche das Wort, wenn sie es hören, mit Freuden aufnehmen; aber sie haben keine Wurzel; sie glauben nur eine Zeitlang, und zur Zeit der Versuchung fallen sie ab. Was aber unter die Dornen fiel, das sind die, welche es gehört haben; aber sie gehen hin und werden von Sorgen und Reichtum und Vergnügungen des Lebens erstickt und bringen die Frucht nicht zur Reife. Das in dem guten Erdreich aber sind die, welche das Wort, das sie gehört haben, in einem feinen und guten Herzen behalten und Frucht bringen in standhaftem Ausharren.

(Lukas 8, 4 – 8 + 11 – 15; SCHL’2000)

Im Matthäusevangelium wird ein solcher Mensch, der das Wort Gottes zwar mit Freuden (wir würden vielleicht sagen “Begeisterung“) aufnimmt, dann aber nicht daran festhält, als “(Mensch) des Augenblicks“ bezeichnet:

“Bei dem aber auf das Steinige gesät ist, dieser ist es, der das Wort hört und es sogleich mit Freuden aufnimmt; er hat aber keine Wurzel in sich, sondern ist nur ein Mensch des Augenblicks; und wenn Bedrängnis entsteht oder Verfolgung um des Wortes willen, nimmt er sogleich Anstoß.

(Matthäus 13, 20 – 21; REVELB)

Schon im Buch des Prophet Hosea beschreibt Gott solche Menschen:

“Was soll ich dir tun, Ephraim? was soll ich dir tun, Juda? Denn eure Liebe ist wie eine Morgenwolke und wie ein Tau, der frühmorgens vergeht.

(Hosea 6, 4)

Die Liebe, Treue, Hingabe solcher Menschen ist “flüchtig wie der morgendliche  Nebel“, der sich bei dem Erscheinen der ersten Sonnenstrahlen auflöst.
Dass ein solches Verhalten auch bei Gläubigen zu beobachten ist, zeigen uns die apostolischen Briefe des Neuen Testaments. Jakobus gibt uns eine sehr eindrückliche Beschreibung dieser Menschen:

“Denn wer [nur] Hörer des Wortes ist und nicht Täter, der gleicht einem Mann, der sein natürliches Angesicht im Spiegel anschaut; er betrachtet sich und läuft davon und hat bald vergessen, wie er gestaltet war. Wer aber hineinschaut in das vollkommene Gesetz der Freiheit und darin bleibt, dieser [Mensch], der kein vergeßlicher Hörer, sondern ein wirklicher Täter ist, er wird glückselig sein in seinem Tun.“

(Jakobus 1, 23 – 25; SCHL’2000)

Menschen des Augenblicks sind Menschen, die das mit Gott Erlebte bzw. das von Gott Gehörte nicht in ihrem Herzen bewahren, indem sie es bewegen, reflektieren bzw. darüber nachsinnen. Sie vergessen, was sie erlebt oder gehört haben. Weil “Menschen des Augenblicks“ das Erlebte bzw. Gehörte nicht bewahren, indem sie darüber nachdenken und die richtigen Schlüsse daraus ziehen, folgen bei ihnen auch keine Taten. Weil “Menschen des Augenblicks“ nicht aus dem Erlebten bzw. Gehörten lernen, kann es bei ihnen auch nicht zu einer aktiven Umsetzung   des Gelernten kommen. Ihr Leben bleibt im Großen und Ganzen ohne Frucht. Wo liegt der eigentliche Grund dafür? Menschen des Augenblicks sind Menschen, die sich “von außen“ bestimmen lassen. In Matthäus 13, 21 heißt es:

“(…) wenn Bedrängnis entsteht oder Verfolgung um des Wortes willen, nimmt er sogleich Anstoß.“

Andere Übersetzungen sagen “lässt er sich sogleich zur Sünde verleiten“ oder “ärgert er sich sogleich“. Das Verhalten eines solchen Menschen wird also von dem bestimmt, was von außen, von anderen, an ihn herangetragen, ihm vermittelt wird. Für Besinnung, Reflektion oder Stille haben solche Menschen keine Zeit. Es gibt ja so viel zu tun, ihr Umfeld und ihr Alltag verlangen ihnen ja soviel ab. Das mag wahr sein, aber zugleich ist wahr, dass sie sich von diesen Anforderungen und nicht von Gott bestimmen lassen. Es ist auch wahr, dass wir in diesem Bereich immer einen Kampf auszufechten haben. Dieser geistliche “Kampf“ ist Teil unserer christlichen Existenz (Epheser 6, 10 – 18). Aber “Menschen des Augenblicks“ stellen sich dieser Auseinandersetzung erst gar nicht. Sie verlassen kampflos das Feld, sie halten jeden Sieg auf diesem Gebiet für illusorisch. Damit zeigen sie – ganz einfach – dass sie – zumindest für diesem Bereich – keinen Glauben haben.
Andererseits mag es sein, dass solche Menschen viele “christliche Aktivitäten“ vorzuweisen haben und damit sogar andere Gläubige “in den Schatten stellen“. Doch dort, wo geistliche Aktivität am meisten von Nöten ist, nämlich bei der Veränderung des inneren Menschen (Römer 12, 2, Epheser 4, 23 – 24), dort ist bei einem solchen Menschen wenig bis gar keine Aktivität zu entdecken. Ein “Mensch des Augenblicks“ kann in äußerlichen Dingen und Aktivitäten Ausdauer und Geduld zeigen, in den Dingen jedoch, die die Veränderung des inneren Menschen betreffen, lässt er  Geduld und Ausdauer vermissen. Aus diesem Grund  besitzt er auch innerlich keine wirkliche Festigkeit bzw. Standhaftigkeit. Wie Matthäus sagt:

“(…) er hat aber keine Wurzel in sich, (..)“

(Matthäus 13, 21)

Entweder hat ein solcher Mensch nie Wurzeln in Gott geschlagen oder aber er ist – ähnlich einer Fichte – nur ein Flachwurzler und hat sich nie tiefer in Gott und Seinem Wort verankern lassen. Wie bei einem natürlichen Flachwurzler, so kann jeder “Sturm“ einen solchen Menschen schnell umwerfen oder aber zumindest “verbiegen“.
Ein “Mensch des Augenblicks“ zeichnet sich nicht durch Ausdauer, Geduld oder Beharrlichkeit aus.  Er ist nicht fest in Gott verwurzelt. Da er auch keinen Wert auf die Veränderung seines inneren Menschen legt, hat er nicht die für Ausdauer, Geduld und Beharrlichkeit notwendige Stabilität und Widerstandskraft. Das führt dazu, dass er von außen, von anderen Menschen, von Situationen und Umständen, bestimmt wird. Auf diese Weise aber wird er in einem “Hamsterrad“ gefangen gehalten, denn diese Fremdbestimmung führt wiederum dazu, dass er gar keine Zeit und Kraft findet,  sich der Veränderung des inneren Menschen zu widmen. Nur ein radikaler (Aus-)Bruch aus/mit diesem Hamsterrad(leben) kann hier Befreiung schenken. Und ein solcher Bruch ist nur mit der Hilfe Gottes möglich. So schwer ein solcher (Aus-)Bruch aus dem Hamsterrad  auch sein kann, so lohnend ist er zugleich. Wenn  wir Lukas 8, 4 – 8 + 11 – 15 lesen, dann sehen wir, dass solche Menschen keine Frucht für Gott bringen und damit am Ende auch keinen Lohn von Gott ererben werden. Ganz anders ist es um jene Menschen gestellt, die “
das Wort, das sie gehört haben, in einem feinen und guten Herzen behalten“. Von ihnen wird uns gesagt, dass sie “Frucht bringen in standhaftem Ausharren.“ Sie bringen Frucht und sie werden darum auch Lohn  erhalten. Das  Leben eines solchen Menschen mag nicht einfach sein, aber es ist ein Leben, das sich lohnt und zwar in vielfacher Hinsicht – für sie selbst, für andere, für Gott. Darum lohnt es sich auch, mit der Hilfe Gottes und vielleicht eines Seelsorgers, den (Aus-)Bruch mit dem beschriebenen “Hamsterrad“ zu wagen. Kein Mensch muss ein “Mensch des Augenblicks“ bleiben, jeder kann zu einem “Menschen der Ewigkeit“ werden. Was “Menschen der Ewigkeit“ kennzeichnet, wird Thema eines weiteren Artikels sein.

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2 Antworten zu Bibelbeobachtungen (4): Menschen des Augenblicks (Markus 6, 51)

  1. Elke Maravolo schreibt:

    Also, das ist das Rundeste und Beste, das ich seit langem gelesen und gehört habe. Ich bin selbst jemand, der unter den Flachwurzlern und Untreuen Menschen des Augenblicke leide. Die haben heute das Zeugnis, dass sie an Deiner Seite gehen, Projekte durchziehen, … heute rufen sie:“ Hosianna!“… und morge:“ Kreuzige!“
    Dabei lief ich selbst im Hamsterrad und wurde
    Von außen bestimmt, war selbst ein Mensch
    Des Augenblicke.
    20 Jahre betete ich verzweifelt, dass Gott mich aus dieser Sklaverei rausholen möge.
    Er hat es getan. Es ist ein krasser Weg. Er kostet mich alles…und es lohnt sich. ER macht aus mir einen Menschen, der stehen kann, selbst wenn die ganze Welt gegen mich aufsteht und das, was ich glaube.
    UND ER macht einen Menschen aus mir, der genau weiß, dass er selbst nix kann und nix ist, sondern nur durch ihn.
    Preis dem Herrn für diesen Beitrag. Denn ich bin immer wieder reingefallen auf die Menschen des Augenblicke… und war bitter enttäuscht. Was soll man erwarten? Nichts! Statt weiter zu gehen, bin ich bisher bei Ihnen geblieben, hab gewartet, geredet erklärt, gehofft. Da sollte ich weitergehen, zeigte mir Gott, macht das in jetzt MIR und dieser Beitrag hilft dabei.
    Danke!!!!

  2. JNj. schreibt:

    Liebe Frau Maravolo,

    herzlichen Dank für Ihren Kommentar. Aus Krankheitsgründen komme ich erst heute dazu, Ihnen zu antworten.

    Es freut mich sehr, dass unser treuer Erlöser Ihre Gebete erhört und in die Freiheit geführt hat. Er wird Sie auch weiterhin führen, leiten und bewahren. Denn wir haben ja Seine Zusage, dass er das in uns begonnene Werk auch vollenden wird. (Philipper 1, 6).

    In der Liebe und Gnade unseres Erlösers Jesus Christus verbunden
    grüße ich Sie herzlich,
    JNj.

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