Anmerkungen zu Offenbarung 3, 8


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Anmerkungen zu Offenbarung 3, 8

Das Textwort für den letzten Sonntag in diesem Jahr findet sich in Offenbarung 3, 8 (Einleitende Gedanken zur Offenbarung siehe auch hier: Klick!). Um den Zusammenhang besser zu verstehen, lesen wir das gesamte Sendschreiben (Anmerkungen zu den Sendschreiben siehe hier: Klick!) an die Versammlung (= Gemeinde) in Philadelphia:

“Und dem Engel der Gemeinde in Philadelphia schreibe: Das sagt der Heilige, der Wahrhaftige, welcher den Schlüssel Davids hat; der öffnet, daß niemand zuschließt, und zuschließt, daß niemand öffnet:  Ich weiß deine Werke. Siehe, ich habe vor dir eine geöffnete Tür gegeben, die niemand schließen kann; denn du hast eine kleine Kraft und hast mein Wort bewahrt und meinen Namen nicht verleugnet. Siehe, ich verschaffe, daß solche aus der Synagoge des Satans, die sich Juden nennen und es nicht sind, sondern lügen, siehe, ich will sie dazu bringen, daß sie kommen und vor deinen Füßen niederfallen und erkennen, daß ich dich geliebt habe.  Weil du das Wort meiner Geduld bewahrt hast, will auch ich dich bewahren vor der Stunde der Versuchung, die über den ganzen Erdkreis kommen wird, zu versuchen, die auf Erden wohnen. Ich komme bald; halte fest, was du hast, damit niemand deine Krone nehme!  Wer überwindet, den will ich zu einem Pfeiler im Tempel meines Gottes machen, und er wird nicht mehr hinausgehen; und ich will auf ihn den Namen meines Gottes schreiben und den Namen der Stadt meines Gottes, des neuen Jerusalem, welches aus dem Himmel von meinem Gott herabkommt, und meinen Namen, den neuen. Wer ein Ohr hat, der höre, was der Geist den Gemeinden sagt!“

(Offenbarung 3, 7 – 13)

Zur Geschichte der Stadt Philadelphia und der dortigen Versammlung (= Gemeinde )

Die antike, kleinasiatische Stadt Philadelphia lag in der Landschaft Lydien, die Teil der römischen Provinz Asia war. Diese Provinz umfasste zum großen Teil die an die Ägäis grenzende heutige Westtürkei. Die Gründung der Stadt wird vor jene Zeit datiert, in der das Gebiet eine römische Provinz wurde. Sie wird auf den König von Pergamon,  Attalos II. Philadelphos (220 v. Chr. – 138 v. Chr.) zurückgeführt. Die Stadt erhielt ihren Namen, der in der deutschen Sprache “Bruderliebe“ bedeutet, aufgrund der engen Beziehung, die Attalos II. mit seinem Bruder, dem um 158 v. Chr. verstorbenen König Eumenes II., verband und die sich durch große Loyalität ausgezeichnet haben soll. Auch sein Beiname “Philadelphos“ rührt daher.
Die Stadt lag auf einer Ebene in einem Tal, dessen Boden Vulkanasche enthielt und daher sehr fruchtbar war. Im Lauf ihrer Geschichte wurde sie zu einem Zentrum des Weinanbaus und damit auch zu einem Zentrum der Verehrung jener antiken Götzen, die im Zusammenhang mit dem Weingenuss verehrt wurden: Bacchus und Dionysios. Aufgrund ihrer Lage an der Postroute, die von Rom durch Troas, Pergamos und Sardes in den Osten Kleinasiens führte, wurde die Stadt auch als Tor zum Osten der römischen Provinz Asia bezeichnet. Obwohl die Vulkane, denen diese Gegend ihre fruchtbaren Böden verdankte, bereits erloschen waren, wurde sie  häufig von Erdbeben erschüttert. Mehrfach wurde die Stadt, die in der Nähe der ebenfalls aus dem Neuen Testament bekannten Städte Kolossä und Sardes lag, durch die Naturgewalten zerstört. Trotzdem wurde sie immer wieder aufgebaut.
Aus der geistlichen Geschichte der Stadt ist wenig bekannt. So gibt uns das Neue Testament keinen Hinweis, durch wen zum ersten Mal das Evangelium in Philadelphia verkündet wurde oder wann sich die Gläubigen dort erstmalig zum Namen des Herrn Jesus hin zu versammeln begannen (Matthäus 18, 20). Mehr wissen wir über die säkulare Geschichte der Stadt. Während sich bereits der größte Teil Kleinasiens ab 1340 unter der Herrschaft der muslimischen Osmanen befand, konnte Philadelphia bis 1390 als letzte byzantinische Stadt seine Freiheit verteidigen. Nachdem die Osmanen Philadelphia eingenommen hatten, wurde die Stadt umbenannt. Sie trägt seit dieser Zeit den Namen “Alaşehir“, zu deutsch “Stadt  Allahs“. Ludwig Albrecht merkt in seinem Kommentar zu Offenbarung 3, 7 ff. an:

“Die christliche Gemeinde in Philadelphia ist im Lauf der Jahrhunderte wunderbar bewahrt worden. Als der (…) Mongolenhäuptling Timur (Tamerlan, gest. 1405) die christlichen Gemeinden Kleinasiens vernichtete, wurde das ringsum bedrohte Philadelphia wie durch ein Wunder errettet; ja, es ward sogar noch ein Zufluchtsort für die Gemeinde von Sardes. “ ¹

Bis in das 20. Jahrhundert soll es in Philadelphia bzw. “Alaşehir“ eine lebendige christliche Versammlung (= Gemeinde) gegeben haben.

Der Heilige und Wahrhaftige, der die Schlüssel Davids hat

Wenden wir uns jetzt den Aussagen von Offenbarung 3, 7 – 8 zu:

“Und dem Engel der Gemeinde in Philadelphia schreibe: Das sagt der Heilige, der Wahrhaftige, welcher den Schlüssel Davids hat; der öffnet, daß niemand zuschließt, und zuschließt, daß niemand öffnet:  Ich weiß deine Werke. Siehe, ich habe vor dir eine geöffnete Tür gegeben, die niemand schließen kann; denn du hast eine kleine Kraft und hast mein Wort bewahrt und meinen Namen nicht verleugnet.

* “Dem Engel der Gemeinde in Philadelphia schreibe (…)“: dass es sich bei dem “Engel“, an den dieses Sendschreiben zuerst gerichtet wird, um einen bzw. mehrere Repräsentanten der jeweiligen örtlichen Versammlung (= Gemeinde) gehandelt hat, habe ich bereits an anderer Stelle ausführlich dargelegt (siehe 8. Absatz hier: Klick!).

* “Das sagt der Heilige, der Wahrhaftige, welcher den Schlüssel Davids hat (…)“: Der verfolgten und bedrängten Versammlung (= Gemeinde) stellt sich der auferstandene Herr auf dreifache Weise vor: Er ist der Heilige, der Wahrhaftige und Er ist derjenige, in dessen Hand alle Macht liegt. Diese drei Kennzeichen – Seine Heiligkeit (Offenbarung 4, 8; Psalm 16, 10; Markus 1, 24; Lukas 4, 34; Apostelgeschichte 3, 14), Seine Wahrhaftigkeit (Offenbarung 3, 14; Offenbarung 1, 5; Offenbarung 6, 10Matthäus 24, 35; Johannes 14, 6; 1. Johannes 5, 20) und Seine Autorität (Matthäus 9, 6; Matthäus 10, 1; Lukas 4, 36; Lukas 24, 19; Johannes 5, 21 + 27; Johannes 10, 18; Johannes 17, 2; Apostelgeschichte 10, 38; Hebräer 1, 3) werden an vielen Stellen der Heiligen Schrift bezeugt. Letztere kommt ganz besonders auch im Symbol der “Schlüssel Davids“ zum Ausdruck, dessen Bedeutung ich bereits an anderer Stelle dargelegt habe (siehe “Die Schlüssel in der Bibel und ihre Bedeutung“ (1), Absatz 5: Klick!). Wenn der Herr Jesus Christus sich den Gläubigen auf diese Weise vorstellt, so will Er ihnen damit vermitteln, dass das, was Er ihnen mitteilt der Wahrheit entspricht und sicher eintreffen wird, denn Er selbst ist der Heilige und Wahrhaftige, Er ist Gott (1. Johannes 5, 20; zur Gottheit Jesu siehe: Klick!), in dem keine Falschheit oder Lüge ist (Hebräer 6, 18). Darum können Ihm die Gläubigen vollkommen vertrauen. Mehr noch: Er schenkt Ihnen nicht nur glaubwürdige Verheißungen, Er hat auch die Macht und Autorität, diese Verheißungen zu erfüllen. Wo Er diese Macht ausübt und den Gläubigen die Türen öffnet, hat niemand die Macht, diese Türen wieder zu verschließen. Wo Er Türen schließt, wird sie auch niemand anderes je wieder öffnen können.
Die Tatsache, dass sich der Herr Jesus Christus den Christen in Philadelphia als der vorstellen kann, der “die Schlüssel Davids“ hat, macht auch deutlich, dass es sich bei diesen Christen nicht um pure Konsumenten regelmäßiger Predigten handelte. Ganz offensichtlich praktizierten sie ein gründliches Studium der ihnen vorliegenden Schriften des Alten Testaments und wussten darum die typologische Bedeutung Davids in Bezug auf den Messias und Sein kommendes Reich. Nur so lässt sich die unkommentierte Benutzung dieses Begriffs durch den Herrn Jesus Christus erklären. Würden wir unseren Herrn erkennen, wenn Er sich uns unter einem Seiner alttestamentarischen Titel vorstellen würde? Kennen wir Sein Wort oder genügt und die Information aus zweiter Hand, d.h. eine Andacht oder Predigt? Lesen und studieren wir Sein Wort mit Eifer und Hingabe, wie die Christen in Beröa (Apostelgeschichte 17, 11) und die Christen in Philadelphia?

Werke trotz kleiner Kraft

* “Ich kenne deine Werke (…)“: Der Herr Jesus Christus weiß um die Arbeit der Gläubigen in Philadelphia. Wie aus Offenbarung 3, 8 hervorgeht, hatten sie nur “eine kleine Kraft“. Aber das Wissen um ihre “kleine Kraft“ hatte sie nicht entmutigt.  Sie hatten nicht gesagt: “Unsere Kraft ist sowieso zu klein, da können wir auch gleich ganz aufgeben. Der Unglaube in dieser Region ist so groß und die Anzahl der Christen so klein, da richten wir sowieso nichts aus.“ Nein, sie hatten ihren Blick weder auf sich selbst noch auf ihre Umwelt gerichtet, sondern auf den Herrn Jesus Christus. Und dann hatten sie mit ihrer kleinen Kraft treu das getan, was sie tun konnten. Damit lagen sie ganz genau auf der Linie des Willens Gottes. Denn wenn Er uns keine besonderen Aufträge erteilt, dann ist es Sein Wille, dass wir mit dem, was wir empfangen haben – und sei es noch so wenig – treu handeln (1. Korinther 4, 2). Genau das taten die Christen in Philadelphia. Sie stellten sich ihrer Verantwortung und verwiesen nicht auf ihre “kleine Kraft“, um so eine Ausrede für Untätigkeit zu haben. Sie vertrauten ihrem Herrn, von dem sie wussten, dass Er mächtig genug war, die ihnen gegebenen Verheißungen auch zu erfüllen.

Sein Wort bewahren – Seinen Namen nicht verleugnen

* “Du hast mein Wort bewahrt (…)“: Hier kommt ein weiteres Mal jener Charakterzug der Gläubigen in Philadelphia zum Vorschein, der schon im Zusammenhang mit der Erwähnung der “Schlüssel Davids“ deutlich wurde: Diese Gläubigen kannten das Wort Gottes, die Heilige Schrift. Mehr noch, sie bewahrten das Wort Gottes. Das hier gebrauchte griechische Wort “τηρέω“ (“tereo“) kann mit bewahren oder bewachen übersetzt werden. Es wird aber auch gebraucht, um auszudrücken, dass jemand etwas beachtet oder dass jemand einen Auftrag/ein Gebot erfüllt. Hier finden wir einen der Schlüssel zum Geheimnis der Gläubigen in Philadelphia. Es war ihre Treue zum Wort Gottes und damit zum Herrn Jesus Christus Selbst, der “das Wort Gottes“ ist (Offenbarung 19, 13; Johannes 1, 1; 1. Johannes 1, 1), die ihnen die Kraft verlieh, trotz geringer eigener Stärke in einer feindlichen Umwelt ihren Glauben leben zu können. Ihre Liebe zu ihrem Herrn und Erlöser spiegelte sich in der Liebe zu Seinem Wort. Ein Kommentator fasste diese Eigenschaft der Gläubigen in Philadelphia in einem Merkspruch so zusammen: “Wir lieben den Herrn immer nur so sehr, wie wir auch Sein Wort lieben.“

* “(…) und meinen Namen nicht verleugnet“: Wenn der Herr Jesus Christus den Gläubigen in Philadelphia eine “geöffnete Tür“ verheißt, dass ist damit primär die Möglichkeit der Evangeliumsverkündigung gemeint. Denn in diesem Zusammenhang wird der Begriff der “geöffneten Tür“ an anderen Stellen des Neuen Testaments gebraucht (vgl. 1. Korinther 16, 9; 2. Korinther 2, 12; Kolosser 4, 3). Auch für diesen Dienst war die Liebe und Treue der Gläubigen zum Wort Gottes ausschlaggebend. Nur wer Gottes Wort kennt, ja darin lebt, kann es auch in Vollmacht verkündigen. Die eigene Kraft oder Stärke spielt dabei keine Rolle. Der Apostel Paulus ist dafür ein überzeugendes Beispiel: Er schreibt von sich, dass er schwach war (1. Korinther 12, 7 – 10) und dennoch hat kein anderer Gläubiger zu seiner Zeit soviel für die Ausbreitung des Evangeliums getan, wie er! Woher nahm er die Kraft dazu? Christus stärkte ihn, aber nicht durch irgendetwas, sondern durch Sein Wort. Denn aus Gottes geschriebenem Wort wird Seine Kraft empfangen:

“Das Gesetz des HERRN ist vollkommen und erquickt die Seele. Das Zeugnis des HERRN ist gewiss und macht die Unverständigen weise. Die Befehle des HERRN sind richtig und erfreuen das Herz. Die Gebote des HERRN sind lauter und erleuchten die Augen.“

(Psalm 19, 8 – 9)

“(…) und dass du von Kind auf die Heilige Schrift kennst, die dich unterweisen kann zur Seligkeit durch den Glauben an Christus Jesus. Denn alle Schrift, von Gott eingegeben, ist nütze zur Lehre, zur Zurechtweisung, zur Besserung, zur Erziehung in der Gerechtigkeit, dass der Mensch Gottes vollkommen sei, zu allem guten Werk geschickt.“

(2. Timotheus 3, 15 – 17)

“Genauso, wie ein neugeborenes Kind auf Muttermilch begierig ist, sollt ihr auf Gottes Wort begierig sein, auf diese unverfälschte Milch, durch die ihr heranwachst, bis das Ziel, eure endgültige Rettung, erreicht ist.“

(1. Petrus 2, 2 NGÜ)

Fußnoten:

¹= Das Neue Testament und Die Psalmen – Übersetzt und erläutert von Ludwig Albrecht, Brunnen Verlag Giessen und Basel, 14. Auflage 1988, Anmerkung zu Offenbarung 3, 7

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