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Folgende Aufforderung des Apostels Paulus finden wir im vierten Kapitel des Epheserbriefes (zum Hintergrund des Epheserbriefes: Klick!):
“Kein faules Wort komme aus eurem Mund, sondern nur eins, das gut ist zur notwendigen Erbauung, damit es den Hörenden Gnade gebe!“
Wir alle kennen das Sprichwort “Reden ist Silber, Schweigen ist Gold.“ Es mag sein, dass es in bestimmten Situationen weise ist, nichts zu sagen, keinen Kommentar abzugeben. Aber den Wert des Schweigens allgemein so zu überhöhen ist sicherlich nicht angebracht. Die Bibel misst unseren Worten einen großen Wert zu. Dabei verschweigt sie nicht, dass unsere Worte positive, aber auch sehr negative Auswirkungen haben können. Einige dieser Auswirkungen wollen wir im Folgenden betrachten:
Worte, die prägen
Ein bekannter christicher Buchautor führte in der australischen Gemeinde, der er angehört, eine Umfrage durch. Die Befragten sollten dabei angeben, welche Worte bzw. Aussagen, die sie in ihrer Kindheit über sich gehört hatten, am stärksten in ihrer Erinnerung haften geblieben waren. Das Ergebnis war erschreckend. Die Mehrheit der Befragten erinnerte sich an negative Worte/Aussagen, wie: “Du bist dumm.“ * “Du bist faul.“ * “Du bist wie dein Vater/deine Mutter.“ * “Aus dir wird niemals etwas.“ * “Du bist hirnlos.“ * “Du bist nutzlos.“ u.v.a.m. Scheinbar hatte jene Elterngeneration, durch die diese Menschen erzogen worden waren, die Meinung: “Sage deinem Kind, dass es schlecht ist, dann wird es gut.“ Aber das ist ganz offensichtlich eine sehr schlechte Erziehungsmethode. An welche Worte erinnern Sie sich, wenn Sie zurückdenken?
Worte, die wie Schwerthiebe wirken
Schon im Alten Testament wird deutlich, dass Worte eine prägende und auch verletztende Wirkung auf den jeweiligen Hörer haben können:
“Ein Mann der Bosheit gräbt Unheil aus, und auf seinen Lippen ist es wie sengendes Feuer.“
“Wer unvorsichtig herausfährt mit Worten, sticht wie ein Schwert; aber die Zunge der Weisen bringt Heilung.“
Es ist in diesem Zusammenhang interessant – und ich habe an anderer Stelle bereits darauf hingewiesen, dass das Wort, das im griechischen Text des Neuen Testaments für den menschlichen Mund benutzt wird, nämlich das Wort “στόμα“/“stoma“, nach Thayer² sowohl den menschlichen Mund als auch die “Vorderseite“ oder “Spitze“ eines Schwertes bezeichnen kann. Sind wir uns dessen bewusst, dass unsere Worte eine solche, buchstäblich verletzende, Wirkung haben können?
Worte der Heilung
Aber es wäre falsch, nur bei diesen negativen Dingen stehen zu bleiben. Die Heilige Schrift zeigt uns auch die positiven Auswirkungen, die unsere Worte haben können:
“Freundliche Reden sind Honigseim, trösten die Seele und erfrischen die Gebeine.“
“Es ist einem Mann eine Freude, wenn er richtig antwortet, und wie wohl tut ein Wort zur rechten Zeit!“
Wir sollten uns nicht nur der negativen Folgen unserer Worte bewusst sein. Vielmehr sollten wir uns auch die positiven Auswirkungen, die unsere Worte hervorbringen können, immer wieder vor Augen führen. Unsere Worte können Freude bereiten, sie können aufrichten, trösten, ermutigen, motivieren, ja, die Heilige Schrift sagt uns, dass sie sogar eine heilende Wirkung auf andere haben können.
Worte, die dem neuen Leben in Christus entsprechen
Wenn der Apostel Paulus in Epheser 4, 29 die Gläubigen auffordert:
“Kein faules Wort komme aus eurem Mund, sondern nur eins, das gut ist zur notwendigen Erbauung, damit es den Hörenden Gnade gebe!“
dann geht es ihm hier nicht um Moralismus. Diese Aufforderung findet sich im zweiten Teil des Briefes, also in dem Teil, in dem der Apostel die praktischen Auswirkungen des neuen Lebens in Christus betrachtet (vgl. auch dazu auch: Klick!). Wenn Menschen Christen werden, dann wird auch ihr praktisches Leben diese Erneuerung ihres ganzen Seins widerspiegeln. Einem durch Christus erneuerten Leben muss auch ein erneuertes Reden folgen. Dabei ist kar, dass es hier auch nicht um einen Aufruf zur Selbstverbesserung geht. Es geht nicht darum, dass wir uns “jetzt endlich mal zusammenreißen“. Es geht darum, dass wir Christus die Herrschaft in allen Bereichen unseres Lebens, auch im Bereich unserer Sprache, übergeben und von Ihm lernen. Der Herr Jesus Christus hat in der Auseinandersetzung mit den Pharisäern deutlich gemacht, dass man an den Worten eines Menschen seinen Charakter erkennen kann:
“Otternbrut! Wie könnt ihr Gutes reden, da ihr böse seid? Denn aus der Fülle des Herzens redet der Mund. Der gute Mensch bringt aus dem guten Schatze Gutes hervor, und der böse Mensch bringt aus dem bösen Schatze Böses hervor. Ich sage euch aber, daß von jedem unnützen Worte, das irgend die Menschen reden werden, sie von demselben Rechenschaft geben werden am Tage des Gerichts; denn aus deinen Worten wirst du gerechtfertigt werden, und aus deinen Worten wirst du verdammt werden.“
Treffend hat der Volksmund diese Worte in dem Sprichwort zusammengefasst: “Wovon das Herz voll ist, davon geht der Mund über.“ Auch an unserem Reden, an unseren Worten, soll unsere Umwelt etwas erkennen: das neue Leben, das Christus uns geschenkt hat. Diese Veränderung geschieht nicht “über Nacht“. Sie ist, wie vieles andere in unserem Glaubensleben, ein Wachstumsprozeß, bei dem wir immer wieder der Gnade Gottes bedürfen (2. Petrus 3, 18). Es wird immer wieder vorkommen, dass wir auch in unseren Worten fehlen (Jakobus 3, 2) und Vergebung in diesem Bereich unseres Lebens nötig haben (1. Johannes 1, 7 – 9). Aber wenn wir uns bewusst auf diesen Wachstumsprozess einlassen, dann wird unser Reden mit der Zeit immer mehr unsere Berufung widerspiegeln, ja mit der geistlichen Realität unseres Leben übereinstimmen:
“Ich ermahne euch nun, ich, der Gefangene im Herrn, daß ihr würdig wandelt der Berufung, mit welcher ihr berufen worden seid, (…)“
“(…) daß ihr wandeln solltet würdig des Gottes, der euch zu seinem eigenen Reiche und seiner eigenen Herrlichkeit beruft.(…)“
Worte voller Wert sprechen (Epheser 4, 29)
Der Apostel Paulus fordert uns auf, keine “faulen Worte“ aus unserem Mund kommen zu lassen, denn solche Worte entsprechen nicht unserer hohen Berufung in Christus. Was ist unter “faulen Worten“ zu verstehen? Im griechischen Text steht hier das Wort “σαπρός“/“sapros“, das “faul, wertlos, unbrauchbar“ bedeuten kann. Es wurde u.a. für Fische verwendet, die man auf dem Markt nicht verkaufen konnte, weil sie krank oder von schlechter Qualität waren.
Wenn wir uns fragen, wie der geistliche Wachstumsprozess in Bezug auf unser Reden ganz praktisch aussehen kann, dann finden wir hier eine klare Antwort. Wir müssen uns über den Effekt unserer Worte bewusst werden und wir müssen uns fragen, welche Qualität unsere Worte haben. Sind sie wertlos, unbrauchbar, unnütz, destruktiv, eine Belastung für den, der sie hört? Dann sollten wir sie besser ungesagt sein lassen. Oder sind unsere Worte wertvoll, ermutigend, motivierend lösungsorientiert, konstruktiv? Vielleicht sind wir manchmal nicht ganz sicher, in welche der beiden Kategorien unsere Worte gehören. In Philipper 4, 8 gibt Paulus uns einige Kennzeichen für Worte, die Wert haben:
“Im übrigen, ihr Brüder, alles, was wahrhaftig, was ehrbar, was gerecht, was rein, was liebenswert, was wohllautend, was irgend eine Tugend oder etwas Lobenswertes ist, darauf seid bedacht! (..)“
Diese Dinge, die unser Denken erfüllen sollen, sollen auch unser Reden prägen. Aber wenn Paulus uns auffordert, dass unsere Worte zur Erbauung des anderen beitragen sollen, dann geht es hier nicht nur um “Nettigkeiten“, bei denen sich jeder wohlfühlt. Manchmal müssen wir anderen auch “harte Wahrheiten“ sagen, um sie vor Bösem zu bewahren, um ihnen zu helfen. Doch auch diese “harten Wahrheiten“ können wir unserem Nächsten so mitteilen, dass sie konstruktiv, auferbauend, wirken.
Der Herr Jesus Christus ist auch hier unser Vorbild. In den Sendschreiben, die Er den sieben Versammlungen in Offenbarung 2 und 3 zukommen lässt, hat der Herr Vieles zu tadeln. Er muss die Gläubigen mit deutlichen Worten zur Umkehr aufrufen. Dabei fällt auf, dass der Herr Seine Kritik am Verhalten der Betroffenen erst anspricht, nachdem Er das, was sie an Gutem vorzuweisen haben, gelobt hat. Daraus wird deutlich: Er ist ein gerechter Herr. Sein Blick ist nie einseitig auf das Negative gerichtet. Auch die vorhandenen guten Seiten sind Ihm bekannt und werden von Ihm nicht übersehen. Die Versicherung Seiner Liebe ist die Basis für Seine Kritik und Korrektur. Betrachtet man die Gespräche des Herrn, von denen uns die Evangelien berichten, so wird zudem deutlich, dass Er sich immer bewusst war, zu wem Er sprach. Mit den Pharisäern, die über eine umfangreiche Kenntnis des Alten Testaments verfügten, sprach Er anders, als z.B. mit der syrophönizischen Frau, also einer aus dem Heidentum stammenden Frau, die Ihn um Heilung für ihr Kind bat.
Genauso geht auch der Apostel Paulus vor. Als er den Korinthern schreiben und sie wegen unhaltbarer Zustände in ihrem Zusammenleben maßregeln muss, da spricht er doch zuerst all‘ die guten Dinge an, die unter ihnen auch noch sichtbar sind. Auch er ist sich immer bewusst, zu wem er spricht (vgl. z.B. 1. Korinther 3, 1).
Ziel allen unseren Reden soll die “Auferbauung“ des anderen sein. “Auferbauung“ bedeutet, wie gesagt, nicht “Nettigkeiten“. Manchmal ist dazu auch Kritik notwendig. Aber es wird keine Kritik sein, die nur das “halb leere Glas“ im Blick hat, sondern das “halb volle Glas“. Es wird Kritik sein, die die Mißstände anspricht, jedoch nie ohne gleichzeitig echte Lösungswege aufzuzeigen. In solch‘ einer Situation ist es wichtig, dass wir uns bewusst machen, mit wem wir sprechen, welche Kapazitäten bzw. Fähigkeiten dieser Mensch hat. Nur so wird unsere Kritik den Betreffenden weder unter- noch überfordern. Nur so wird es Kritik sein, die Hilfe anbietet, aus dem negativen Zustand herausführt, neue, positive Perspektiven aufzeigt, Kritik, die aufbaut, nicht niederreißt. Paulus nennt solche Worte “Worte, die Gnade (im Sinne von “Hilfe“) darreichen“.
Worte voller Wert zu sprechen, ist Teil unserer Berufung als Christen. Es wird uns gelingen, auch diesen Teil unserer Berufung zu erfüllen, wenn wir uns immer wieder neu daran erinnern, wie Christus zu uns gesprochen hat und noch heute zu uns spricht. Seine Kritik “Tue Buße, verlasse dein gottloses Leben!“ war hart, aber sie führte uns auf den Weg des ewigen Lebens und seitdem dürfen wir täglich “Worte der Gnade“ (Lukas 4, 22) von Ihm hören. Diese Gnade dürfen wir auch in Anspruch nehmen, wenn es darum geht, in der rechten Weise mit unserem Nächsten zu sprechen. Je mehr wir Seinem Wort in unserem Herzen Raum geben (Kolosser 3, 17), es vernehmen und in uns aufnahmen, desto mehr wird es unser Leben und auch unser Reden prägen, so dass auch unsere unvollkommenen Worte, Worte voller Wert für unsere Umwelt werden können.
Fußnoten:
¹= Revidierte Elberfelder Übersetzung 2008
²= vgl. Thayer, Joseph Henry: ‚Thayer’s Greek-English Lexicon of the New Testament“, New York: Harper & Brothers, 1889, Seite 589