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Von Gott verheißen und erfüllt
Im vorletzten Kapitel des Buches Sacharja findet sich eine sehr bemerkenswerte prophetische Aussage. Dort lesen wir:
“Schwert, mache dich auf über meinen Hirten, über den Mann, der mein Nächster ist, spricht der HERR der Heerscharen; schlage den Hirten, so werden die Schafe sich zerstreuen, und ich will meine Hand zu den Kleinen wenden.“
Kurze vor seiner Gefangennahme spricht der Herr Jesus Christus diese Weissagung im Kreis Seiner Jünger an und bezieht die göttliche Aussage über den Hirten, der geschlagen wird, dabei auf sich:
“Und Jesus spricht zu ihnen: Ihr werdet euch alle an mir ärgern. Denn es steht geschrieben: «Ich werde den Hirten schlagen, und die Schafe werden sich zerstreuen.» .“
Die Evangelien berichten uns, wie dieses “Schlagen des Hirten“ Wirklichkeit wurde und auch, wie sich die „Schafe“, die Jünger des Herrn, zerstreuten: Petrus spricht seinen Treueschwur aus, in dem er ankündigt, dem Herrn Jesus Christus bis in den Tod folgen zu wollen (Markus 14, 29 – 31). Der Herr begibt sich mit den Jüngern in den Garten Gethsemane und fordert sie auf, dort mit Ihm “eine Stunde zu wachen“ (Markus 14, 32 – 42). Dreimal betet der Herr für sich selbst und dreimal kehrt Er zu den Jüngern zurück. Bei jeder Rückkehr findet Er sie schlafend vor. Auch Petrus, der zuvor noch mit großen Worten seinen Einsatz für den Herrn angekündigt hatte, konnte nicht einmal diese eine Stunde an der Seite Jesu wachen. Doch jetzt ist dafür auch keine Zeit mehr. Judas erscheint und in seiner Nachhut befinden sich die Knechte der Hohenpriester und Schriftgelehrten um den Herrn Jesus Christus gefangen zu nehmen. Wie zuvor besprochen, verrät Judas seinen Meister mit einem Kuss. Zwischenzeitlich scheint Petrus nicht nur aus seinem äußerlichen, sondern auch aus seinem inneren Schlaf erwacht zu sein. Er greift zum Schwert und schlägt Malchus, einem Knecht des obersten Priesters, ein Ohr ab (Johannes 18, 10). Der Herr rügt Petrus und heilt den Verwundeten. Er, “der von Gott mit heiligem Geist und Kraft gesalbt war und umherzog, indem er wohltat und alle heilte, die vom Teufel überwältigt waren“ (Apostelgeschichte 10, 37) wendet sich selbst in der Stunde Seines Verrats noch denen zu, die Heilung brauchen. Kurz darauf erfüllt sich die prophetische Voraussage Sacharjas:
“Da verließen ihn alle und flohen. Und ein Jüngling folgte ihm, der ein Leinengewand auf dem bloßen Leibe trug; und sie ergriffen ihn, er aber ließ das Leinengewand fahren und entfloh nackt. „
Der Hirte wird geschlagen und seine Schafe fliehen. Ein Jünger folgt Ihm noch eine kurze Zeit länger, doch auch der muss schlussendlich fliehen. Gott erfüllt seine Voraussagen zu 100 %, nicht zu zehn Elfteln.
Die Kleinen
Es vergeht nur wenig Zeit, bis die Hohenpriester und Schriftgelehrten im Zusammenwirken mit dem römischen Statthalter ein Urteil fällen und – wie Petrus später sagen wird – “den Fürsten des Lebens“ töten werden (Apostelgeschichte 3, 15; Markus 15, 22 – 46). Als der Herr Jesus Christus am Kreuz von Golgatha das Lamm Gottes wird und die Sünde der Welt trägt, da sind es nur wenige Menschen, die diese Stunde mit Ihm teilen. Markus schreibt:
“Es sahen aber auch Frauen von ferne zu, unter ihnen auch Maria Magdalena und Maria, des jüngern Jakobus und Joses Mutter, und Salome, die ihm, als er in Galiläa war, nachgefolgt waren und ihm gedient hatten, auch viele andere, die mit ihm nach Jerusalem hinaufgezogen waren.“
Und Johannes berichtet uns in seinem Evangelium:
“Es standen aber bei dem Kreuze Jesu seine Mutter und die Schwester seiner Mutter, Maria, des Klopas Frau, und Maria Magdalena. Als nun Jesus die Mutter sah und den Jünger dabei stehen, den er lieb hatte, spricht er zu seiner Mutter: Weib, siehe, dein Sohn! Darauf spricht er zu dem Jünger: Siehe, deine Mutter! Und von der Stunde an nahm sie der Jünger zu sich.“
Es ist Joseph von Arimathia, der, bevor der Sabbbath anbricht, bei Pilatus die Erlaubnis erwirkt, den Herrn in seinem eigenen Grab bestatten zu dürfen. Von Johannes (Johannes 19, 38 – 42) wissen wir, dass Nikodemus (vgl. Johannes 3, 1 – 6) dabei behilflich war. Markus erwähnt außerdem, dass auch “Maria Magdalena aber und Maria, Joses‘ Mutter“ dabei zugegen waren (Markus 14, 47).
Es sind diese – und einige andere – Frauen, die wir am Morgen des Auferstehungstages in aller Frühe wieder dort vorfinden:
“Und als der Sabbat vorüber war, kauften Maria Magdalena und Maria, des Jakobus Mutter, und Salome Spezereien, um hinzugehen und ihn zu salben. Und sehr früh am ersten Tage der Woche kamen sie zur Gruft, als die Sonne aufging. Und sie sagten zueinander: Wer wälzt uns den Stein von dem Eingang der Gruft? Und als sie aufblickten, sahen sie, daß der Stein weggewälzt war. Er war nämlich sehr groß.“
Die Evangelisten geben uns ergänzende Informationen über diese Frauen. Während Johannes nur Maria von Magdala nennt (Johannes 20, 1), erwähnt Matthäus Maria von Magdala und „die andere Maria“, bei der es sich um Maria, die Mutter des Jakobus handelt, und Salome (Matthäus 28, 1). Lukas nennt neben Maria von Magdala und Maria, der Mutter des Jakobus noch Johanna und „die übrigen“ (Lukas 24, 10). Wie bemerkenswert! Frauen werden die ersten Zeugen und auch die ersten Verkündiger der Auferstehung des Erlösers der Welt (Johannes 20, 17; Matthäus 28, 10)! Frauen, also jene Wesen, die zur damaligen Zeit weder in der jüdischen noch in der heidnischen Welt viel zählten. Zweite-Klasse-Menschen, sozusagen. Der Althistoriker Dr. Jürgen Spieß merkt in diesem Zusammenhang an:
„Für Lapide ist es besonders bemerkenswert, dass Frauen als erste Zeugen des Auferstandenen genannt werden. Denn damals galt das Zeugnis von Frauen nichts. (“Das Zeugnis der Frau ist nicht rechtsgültig wegen der Leichtfertigkeit und Dreistigkeit des weiblichen Geschlechts“, so der jüdische Historiker Flavius Josephus (38-100 nach Christus)). Was machte es dann also für einen Sinn, Frauen als Zeugen für ein nicht geschehenes Ereignis zu erfinden?“¹
Wenn wir das Geschehen um die Kreuzigung und Auferstehung des Herrn Jesus im Markusevangelium betrachten, dann fällt auf, dass der Herr diese wichtigen Stunden und Ereignisse nicht mit besonderen Menschen teilt. Nicht die materiell Reichen, nicht die politisch oder religiös Einflussreichen, ja, noch nicht einmal Seine Jünger, sind in diesen Stunden bei Ihm. Jene, die diese Stunden mit Ihm teilten, werden von vielen Kommentatoren als „die kleinen Personen der Geschichte“ bezeichnet. Wir könnten auch sagen, dass es die Randfiguren waren: Frauen, die nichts galten, zwei heimliche Jünger, die im Gegensatz zu denen, die noch wenige Stunden zuvor unaufgefordert Treueschwüre abgelegt hatten (und dann feige geflohen waren), jetzt den Mut aufbringen, sich vor den staatlichen und religiösen Behörden, die Tod ihres Herrn initiierten, zu „outen“ und damit gesellschaftliche Ächtung oder sogar selbst Gefängnis in Kauf nehmen.
Im Buch der Sprüche ist ebenfalls die Rede von einer Gruppe, die die „Kleinen der Erde“ genannt werden:
“Vier sind die Kleinen der Erde, und doch sind sie mit Weisheit wohl versehen: die Ameisen, ein nicht starkes Volk, und doch bereiten sie im Sommer ihre Speise; die Klippendächse, ein nicht kräftiges Volk, und doch setzen sie ihr Haus auf den Felsen; die Heuschrecken haben keinen König, und doch ziehen sie allesamt aus in geordneten Scharen; die Eidechse kannst du mit Händen fangen, und doch ist sie in den Palästen der Könige.“
Es ist interessant zu sehen, dass bei den Frauen, die wir am Auferstehungsmorgen am Grab des Herrn finden, alle vier Charakteristika dieser „Kleinen der Erde“, die Gottes Wort als weise kennzeichnet, vorhanden waren:
Sie waren vorsorgend (wie die Ameisen), denn Lukas berichtet uns:
“An dem ersten Wochentage aber, ganz in der Frühe, kamen sie zu der Gruft und brachten die Spezereien, die sie bereitet hatten.„
Sie waren weise wie die Klippdachse, die sich in unsicheren Zeiten in ihren Höhlen verbergen, denn wir wissen – ebenfalls von Lukas -:
“Als sie aber zurückgekehrt waren, bereiteten sie Spezereien und Salben; und den Sabbath über ruhten sie nach dem Gebot.„
Es wäre nicht angebracht gewesen, am Sabbath zum Grab zu gehen und das Gebot zu brechen. Das hätte, gerade zur Zeit des Passahfestes, Aufsehen erregen und unter Umständen sogar zu ihrer Verhaftung führen können.
Als aber dann die Zeit endlich gekommen war, da brauchten diese Frauen (wie die Heuschrecken) niemanden, der ihnen sagen oder gar befehlen musste, was sie zu tun hatten. Die Liebe zu ihrem Erlöser ließ sie so früh wie möglich aufbrechen, um Ihm, wie sie dachten, diesen letzten Dienst zu erweisen:
“An dem ersten Wochentage aber, ganz in der Frühe, kamen sie zu der Gruft und brachten die Spezereien, die sie bereitet hatten.“
Gott große Kraft für die Kleinen der Erde
Erinnern Sie sich noch an die Prophetie aus Sacharja 13, 7? Dort lasen wir:
“Schwert, mache dich auf über meinen Hirten, über den Mann, der mein Nächster ist, spricht der HERR der Heerscharen; schlage den Hirten, so werden die Schafe sich zerstreuen, und ich will meine Hand zu den Kleinen wenden.„
Wie wir aus Markus 14, 27 gesehen haben, haben sich die ersten beiden Aussagen erfüllt: der Hirte wurde geschlagen und die Schafe zerstreuten sich. Was aber ist mit dem Versprechen Gottes, dass Er sich den Kleinen zuwenden würde? Während die ersten beiden Aussagen sich in der Gefangennahme (und späteren Kreuzigung) des Herrn und in der Flucht der Jünger erfüllten, ließ die letzte Verheißung mit ihrer Erfüllung bis zum Auferstehungsmorgen auf sich warten. Als die Frauen, diese Randfiguren der Geschichte auf dem Weg zu Grab sind, bestimmt eine Frage ihre Gespräche:
“Und sie sprachen untereinander: Wer wälzt uns den Stein von des Grabes Tür?“
Denn die Frauen waren ja Zeugen gewesen, als dieser große Stein vor das Grab gerollt worden war:
“Und Joseph nahm den Leib und wickelte ihn in reine, feine Leinwand, und legte ihn in seine neue Gruft, die er in dem Felsen ausgehauen hatte; und er wälzte einen großen Stein an die Tür der Gruft und ging hinweg. Es waren aber daselbst Maria Magdalene und die andere Maria, die dem Grabe gegenüber saßen.“
Doch jetzt ist Gottes Zeitpunkt, Seine Verheißung zu erfüllen und sich den Kleinen zuzuwenden. Bevor sie sich noch weiter Gedanken machen können, sehen sie das offene Grab und empfangen die wunderbare Botschaft:
“Entsetzt euch nicht; ihr suchet Jesus, den Nazarener, den Gekreuzigten. Er ist auferstanden, er ist nicht hier. Siehe da die Stätte, wo sie ihn hingelegt hatten. Aber gehet hin, saget seinen Jüngern und Petrus, daß er vor euch hingeht nach Galiläa; daselbst werdet ihr ihn sehen, wie er euch gesagt hat.“
Bestürzung ergreift die Frauen, die fliehen, sie fürchten sich und zuerst berichten sie auch niemandem etwas von dem Erlebten. Doch diese Bestürzung und Furcht war nur von kurzer Dauer. Den Grund dafür berichtet uns Matthäus:
“Und sie gingen eilends hinweg von dem Grab mit Furcht und großer Freude und liefen, es seinen Jüngern zu verkündigen. Und siehe, da begegnete ihnen Jesus und sprach: Seid gegrüßt! Sie aber traten herzu und umfaßten seine Füße und huldigten ihm. Da sprach Jesus zu ihnen: Fürchtet euch nicht! Gehet hin, verkündiget meinen Brüdern, daß sie nach Galiläa gehen sollen; dort werden sie mich sehen.“
Es die Begegnung mit dem Auferstandenen, dem Fürsten des Lebens, den der Tod nicht halten konnte, die ihnen – wie später den zwei Jüngern auf dem Weg nach Emmaus – die Kraft verleiht, Seinen Auftrag zu erfüllen. Plötzlich haben sie – wie die Eidechsen, die nicht davor zurückschrecken in die Paläste der Könige einzudringen, Kraft und Mut, die unglaubliche Geschichte der Auferstehung zu verkündigen. Nichts hält sie mehr davon ab, mögen selbst die Jünger sie für “verwirrte Weibsbilder“ haben. Und nichts wird sie in Zukunft davon abhalten, diesem Erlöser zu folgen und Ihn zu verherrlichen. Die Zeit der Hoffnungslosigkeit, der Trauer und der Mutlosigkeit ist ein- für allemal vorbei, weil die große Kraft Gottes sich den Kleinen der Erde zugewandt hat. Und das hat sich seit dem Auferstehungsmorgen nicht geändert. Es sind die, die sich selbst nicht für weise halten (1. Korinther 3, 18 – 19), sondern wissen, dass Christus ihnen zur Weisheit gemacht wurde (1. Korinther 1, 30), denen sich Gottes Kraft zuwendet. Es sind die, die wissen, dass sie aus eigener Kraft nichts vermögen (2. Korinther 12, 9), aber alles in Gemeinschaft mit dem, der sie mächtig macht (Philipper 4, 13). Es sind die, die nicht glauben, aufgrund ihrer eigenen Werke, sondern allein aufgrund der unendlichen Gnade Gottes (Epheser 2, 8 – 9) erlöst zu werden, erlöst für Zeit und Ewigkeit, die, die darauf vertrauen, dass niemand, noch nicht einmal ihre eigene Sünde, sie mehr aus der Hand des Erlösers reißen kann (Johannes 10, 28 – 29), denen sich Gottes Kraft zuwendet. Es sind jene, die ihr geistliches Selbstbild nicht von besonderen Predigern abhängig machen (1. Korinther 3, 1 – 9), es sind die, deren Herz einzig und allein für ihren Erlöser schlägt (Johannes 21, 15 – 19), denen sich Gottes Kraft zuwendet. Von diesen Menschen sagt Gottes Wort:
„Aber dieses letzte Drittel will ich ins Feuer bringen und es läutern, wie man Silber läutert, und will es prüfen, wie man Gold prüft. Es wird meinen Namen anrufen, und ich will ihm antworten; ich will sagen: «Das ist mein Volk!» und es wird sagen: «Der HERR ist mein Gott!».„
Fußnoten:
¹ = Dr. Jürgen Sieß: „Die Auferstehung Jesu Christi aus der Sicht eines Historikers“, abrufbar als pdf unter: http://www.google.de/url?sa=t&rct=j&q=spie%C3%9F%20auferstehung&source=web&cd=6&ved=0CEsQFjAF&url=http%3A%2F%2Fwww.institutfuerglaubeundwissenschaft.de%2Ftexte%2Fauferstehung_neu.pdf&ei=ZvWIT8jsLojItAaMuIXDCw&usg=AFQjCNHWZ-TPX8fK0DOkI5UHdvy4WVRcKQ&cad=rja