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Zum Hintergrund
Rom. Wir schreiben das Jahr 67 nach Christi Geburt: Der Apostel Paulus verfasst im Gefängnis diesen zweiten und letzten Brief an seinen Mitarbeiter Timotheus. Paulus befindet sich (zum zweiten Mal) in Rom in Gefangenschaft. Seit drei Jahren ist die Metropole des römischen Imperiums für Christen nicht nur ein gefährliches, sondern ein lebensgefährliches Pflaster. Denn drei Jahre zuvor, vom 19. bis 26. Juli 64 n. Chr., hat ein von Kaiser Nero initiierter Großbrand die Stadt verwüstet. Um nicht selbst dafür zur Verantwortung gezogen zu werden, lässt der Verrückte das Gerücht ausstreuen, die Christen, die Anhänger jener merkwürdigen neuen Religion, die sich so sehr von allen bisherigen unterscheidet, hätten den Brand gelegt. Christen werden gefangenen genommen und zum Tod verurteilt. Die Strafe wird auf verschiedene Weise vollstreckt: Lässt Nero die Christen anfänglich in die Felle von Tieren einnähen und dann Hunden oder anderen Raubtieren zum Fraß vorwerfen, so geht er nur etwas später dazu über, die Verurteilten mit Teer bestreichen, an Pfähle heften und sie so nachts als lebende Fackeln in seinen Gärten verbrennen zu lassen. Es ist diese Situation, in der Paulus seinen zweiten Brief an Timotheus schreibt.
Timotheus: Seine Person, sein Dienst
Viele Bibelleser wissen um das enge Verhältnis, das Timotheus mit Paulus verband. Die Tatsache, dass der Apostel seinen Mitarbeiter in 2. Timotheus 2, 1 als ”Sohn” (griech. ”τέκνον” / ”teknon” = ”Kind”) im Glauben bezeichnet, deutet darauf hin, dass er das Werkzeug war, durch das Timotheus zum Glauben an Jesus Christus kam. Paulus hatte ihn auf seiner zweiten Missionsreise (ca. 51 n. – 54 n. Chr.) kennengelernt. Im Verlauf dieser Reise war er auch nach Lystra, eine Stadt in Kleinasien (im Südwesten der heutigen Türkei) gekommen und hatte die dort von ihm und Barnabas auf der ersten Missionsreise (ca. 46 n. – 49. n. Chr.) gegründeten Versammlung (= Gemeinde) besucht. Von Timotheus wissen wir, dass er der Sohn einer jüdischen Mutter und eines griechischen Vaters war (Apostelgeschichte 16, 1). Sein griechischer Name, dessen Übersetzung „Ehre Gott“ bzw. „Ehre Gottes“ bedeutet, wurde ihm wahrscheinlich von seiner Mutter gegeben. Aus 2. Timotheus 1,5 und 3, 15 geht hervor, dass beide – seine Mutter Eunike und seine Großmutter Lois – gläubige Frauen waren, die Timotheus seit seiner Jugend in den heiligen Schriften unterrichtet hatten. Obwohl noch ein junger Mann (1. Timotheus 4, 12) hatte Timotheus doch einen guten Ruf bei den Gläubigen in Lystra und auch in Ikonium [heute: Konya im Südwesten der Türkei] (Apostelgeschichte 16, 2). Wie wir aus den Briefen des Paulus an ihn entnehmen können, hatte er von Gott den Dienst eines Evangelisten empfangen (2. Timotheus 4, 5; 1. Timotheus 1, 18). Dieser Dienst war sowohl von Paulus (2. Timotheus 1, 6) als auch von den Ältesten der Versammlung (= Gemeinde) anerkannt worden (1. Timotheus 4, 14). Ab dem zweiten Besuch des Apostels in Lystra wurde Paulus der Mentor dieses jungen Evangelisten. Gemeinsam zogen sie durch Kleinasien (Apostelgeschichte 17, 14 – 16). Nach einer gemeinsamen Zeit in Athen erhielt Timotheus den Auftrag, die Versammlung (= Gemeinde) in Thessalonich zu besuchen. Als Paulus sich mit den vielfältigen Problemen der Gläubigen in Korinth befassen muss, steht Timotheus ihm auch dabei zur Seite (Apostelgeschichte 18, 5; 1. Korinther 4, 17; 16, 10 ff.; 2. Korinther 1, 19). Auch auf der dritten Missionsreise (ca. 54 n. Chr. – 58 n. Chr.) begleitet Timotheus den Apostel. Paulus sendet ihn dann zusammen mit Erastus nach Korinth (Apostelgeschichte 19, 22), um ihn später in Troas wieder zu treffen (Apostelgesichte 20, 2 – 6). Als Paulus zum ersten Mal in Rom gefangen gehalten wird, besucht Timotheus ihn dort. Aus Kolosser 1, 1; Philipper 1, 1 und Philemon 1 können wir ersehen, dass Timotheus während der Abfassung dieser Briefe noch bei dem Apostel in Rom war. Nach der Entlassung aus seiner ersten Gefangenschaft und vor seiner zweiten Inhaftierung, lässt Paulus seinen Mitarbeiter in Ephesus zurück und überträgt ihm die Fürsorge für die dort lebenden Gläubigen (1. Timotheus 1, 3). Wie sehr Paulus seinem Mitarbeiter vertrauen konnte, wird aus Philipper 2, 19 – 22 deutlich. Die enge, freundschaftliche Dienstgemeinschaft, die diese beiden Christen verband, erstreckte sich über mehr als 15 Jahre.
Der zweite Brief an Timotheus
Als Paulus diesen zweiten Brief schreibt, weiß er, dass die Zeit seiner irdischen Gemeinschaft mit Timotheus bald zu Ende gehen wird (2. Timotheus 4, 6 – 8 ) und er nicht mehr lange zu leben hat. Etliche Christen haben aufgrund der Verfolgung die Stadt bereits verlassen, einige, wie Demas, haben sich wieder der Welt zugewandt (2. Timotheus 4, 9 – 10). Auch während der ersten Gerichtsverhandlung gegen den Apostel, traute sich kein römischer Christ, zu seinen Gunsten als Zeuge aufzutreten (2. Timotheus 4, 16). Ganz offensichtlich waren sie abgetaucht, zu “U-Boot-Christen“ geworden.
Verfolgung, Folter und den sicheren Tod vor Augen: das ist keine Situation, in der man einem geliebten Bruder zwei, drei nette Tipps oder ein paar ermutigende Floskeln mit auf den Weg gibt. Das ist der Zeitpunkt, an dem der Apostel in seinem letzten Brief – quasi wie in einem geistlichen Testament – noch einmal die wichtigsten Anliegen zusammenfasst. Paulus weiß um die schwierige Situation, in der sich die Christen im römischen Reich befinden und ihm ist auch bewusst, dass dies nicht die letzte Christenverfolgung sein wird (2. Timotheus 3, 12; 1. Thessalonicher 3, 3). Auch Timotheus wird diesen Schwierigkeiten ausgesetzt sein.
Doch Verfolgung und Bedrohung von Seiten der ungläubigen Welt ist nicht die einzige Front, an der Timotheus zu kämpfen hat und auch das ist Paulus bekannt: In Ephesus (2. Timotheus 1, 16 – 18, vgl. mit 2. Timotheus 4, 19) ist der Mitarbeiter mit Problemen konfrontiert, die mehr und mehr auch in anderen Versammlungen (= Gemeinden) auftreten werden und die der Herr Selbst in den Sendschreiben (Offenbarung 2 – 3) tadeln wird. Der geistliche Zustand der Gläubigen hatte sich verändert, aber leider nicht zum Guten. Sie hatten die erste Liebe zu ihrem Erlöser verlassen (vgl. Offenbarung 2, 4). Wie konnte dies geschehen? Unbewusst oder bewusst hatten sie zugelassen, dass sich andere Dinge in ihr Herz drängten und den Platz einnahmen, der nur Christus gebührte. Konnte der Apostel im 1. Timotheusbrief von der Versammlung (= Gemeinde) noch als dem “Haus Gottes“ sprechen (1. Timotheus 3, 15), so muss er sie unter der Leitung des Heiligen Geistes in diesem zweiten Brief als “das große Haus“ (2. Timotheus 2, 20 ff.) bezeichnen. Und in diesem “großen Haus“ waren nicht mehr nur “Gefäße zur Ehre“ Gottes zu finden, sondern auch “Gefäße, die dem Herrn Unehre“ bereiteten. Einige, die den Schein christlichen Glaubens gehabt hatte, entpuppten sich als Irrlehrer (2. Timotheus 2, 16 – 18 ). Andere offenbarten durch ihren unmoralischen Lebenswandel, dass sie nie wirklich Buße getan hatten und ihr Bekenntnis zu Christus nur ein Lippenbekenntnis war (2. Timotheus 3, 1 – 9). Etliche hatten sich falschen Lehrern zugewandt, die ihnen nur die Dinge verkündigten, die sie hören wollten (2. Timotheus 4, 2 – 4). In Ephesus offenbarte sich zu diesem Zeitpunkt bereits der Verfall der Versammlung (= Gemeinde) und ihre Vermischung mit der Welt, wie es der Herr Jesus in den prophetischen Gleichnissen im 13. Kapitel des Matthäusevangeliums angekündigt hatte.
Timotheus erlebte also eine doppelte Belastung: Von außen droht Gefahr durch die römische Staatsmacht. Verfolgung, vielleicht sogar Tod. Aber auch innerhalb der Versammlung (= Gemeinde) sind gefährliche Entwicklungen erkennbar. In dieser Situation fordert ihn Paulus auf:
“Halte im Gedächtnis Jesus Christus, auferweckt aus den Toten, aus dem Geschlecht Davids, nach meinem Evangelium, worin ich Trübsal leide bis zu Fesseln wie ein Übeltäter; aber das Wort Gottes ist nicht gebunden.
Der Auferstandene
Paulus verweist Timotheus auf den auferstandenen Herrn. Auch Er, der Messias Israels, der Erlöser der Welt, hatte Ablehnung und Verfolgung von beiden Seiten erlitten: Sein eigenes Volk, also jene, die Ihm am nächsten hätten stehen müssen, verwerfen Ihn (Johannes 1, 11). Gemeinsam mit der ungläubigen Welt, der Er ebenfalls das Heil anbietet, bringen sie um (Apostelgeschichte 4, 27 – 28). Timotheus darf in der schweren Situation, die er durchlebt, wissen: Sein Herr und Heiland ist schon lange vor ihm durch solche Leiden gegangen und Er hat überwunden. Der Herr weiß ganz genau, was dieser junge Mitarbeiter jetzt durchlebt und Er wird Ihm darin beistehen:
“Daher mußte er in allen Dingen seinen Brüdern gleich werden, auf daß er barmherzig würde und ein treuer Hoherpriester vor Gott, zu versöhnen die Sünden des Volks. Denn worin er gelitten hat und versucht ist, kann er helfen denen, die versucht werden.“
Diese Zusage gilt jedem Gläubigen, nicht nur jenen, die einen Dienst versehen. Egal von wie vielen Seiten wir bedrängt werden, der Herr Jesus Christus ist bei uns, Er verlässt uns nicht. Er, der als der unbekannte Vierte bei den drei Männern im Feuerofen war (Daniel 3, 23 – 26), Er geht auch mit Dir und mir durch die „Feuerproben“ unseres Lebens. Wie schnell sind wir geneigt, Schwierigkeiten in unserem Leben als Ausdruck dafür zu werten, das Gott uns verlassen hätte, dass Er Seinen Segen zurück gezogen hätte. Lassen wir uns nicht verführen! Christus, der „Urheber unseres Heils wurde durch Leiden vollendet“ (Hebräer 2, 10). Auch der Gläubige ist nicht aus den Bedrängnissen der Welt herausgenommen (Johannes 16, 33). Aber sie sind keine Strafe Gottes, sondern müssen dazu dienen, dass sein Glaube sich bewährt (1. Petrus 1, 6 – 7). Selbst wenn der Gläubige einmal versagen sollte, wird Gott ihn nicht verwerfen. Auch daran erinnert der Apostel Timotheus (und uns!):
“Sind wir untreu, so bleibt er doch treu, denn er kann sich nicht verleugnen.“
Für jeden in Gläubigen, der in einer Prüfung versagt, bleibt die Tür der göttlichen Vergebung offen (1. Petrus 5, 10).
Paulus schreibt: „Halte fest, Jesus Christus, auferweckt aus den Toten“. Der leidende und darum mitfühlende Herr, ist (auch) der Auferstandene. Er ist der Sieger über den Tod und alle Mächte der Finsternis (1. Korinther 15, 55). Selbst wenn Timotheus für seinen Glauben sterben müsste, wäre das nicht das Ende. So sicher, wie Christus auferstanden ist, würde der Herr auch Timotheus zu unvergänglichem, ewigem Leben auferwecken (1. Korinther 15, 20; 1. Thessalonicher 4, 14).
Halte fest!
Diesen Erlöser gilt es fest im Gedächtnis zu halten und zwar als den leidenden Sohn Gottes, der in allem, außer der Sünde, uns gleich wurde und darum mit uns mitleiden und uns verstehen kann (Hebräer 2, 17) und als den Auferstandenen, den Sieger über den Tod und die Hölle, der auch uns sicher durch alle Bedrängnisse in das Haus Seines Vaters bringen wird:
“Denn meine Schafe hören meine Stimme, und ich kenne sie; und sie folgen mir, und ich gebe ihnen das ewige Leben; und sie werden nimmermehr umkommen, und niemand wird sie mir aus meiner Hand reißen.“
(Johannes 10, 27 – 28; vgl. Johannes 18, 9)
Wie halten wir fest?
Um einen Gegenstand festhalten zu können, muss man erst einmal in Kontakt mit ihm kommen. Nur wenn meine Hand etwas ergreift, kann ich es auch festhalten. So ist es auch hier. Nur wer Christus im Glauben ergreift, in eine Beziehung zu Ihm tritt, kann Ihn dann auch erleben und festhalten. Vielleicht haben Sie noch nie eine Beziehung zu Jesus Christus gehabt. Dann haben Sie heute die Möglichkeit, Ihn zu ergreifen. Wer immer sein Leben ohne Gott von Herzen bereut und im Gebet zu Gott umkehrt, den wird Er aufnehmen (Lukas 15, 11 – 31), zu dem wird Er in eine ewige Beziehung treten. Aber vielleicht sind Sie auch schon lange ein Kind Gottes und fragen sich, wie Sie in allen Bedrängnissen und Ablenkungen Ihres Lebens an dem Auferstandenen festhalten können. Was tun Sie, wenn Sie einen wertvollen Gegenstand in Ihrer Hand halten und ein Dieb Ihnen diesen Gegenstand entwinden will? Sie werden umso mehr und umso fester ihre Hand um diesen Gegenstand klammern. Konzentration ist das entscheidende Wort. Sie werden ihre ganze Kraft darauf konzentrieren. In den Schwierigkeiten unseres Lebens kommen wir schnell dahin, auf die Probleme zu blicken. Doch je mehr wir uns damit beschäftigen, umso leichter gelingt es dem Bösen, uns unsere Freude, unseren Frieden, unsere Kraft, unsere Hoffnung, ja alles, was uns aus dem Blick auf den Auferstanden zufließt, zu entwinden. Was wir brauchen, ist ein realistischer Blick auf unsere Probleme. Das bedeutet, dass wir sie nicht verneinen oder verdrängen. Das bedeutet, dass wir – wie Hiskia – unsere Probleme vor Gott ausbreiten und mit Seiner Hilfe rechnen (Jesaja 37, 8 – 38). Sollte Ihm, der den Tod überwunden hat, irgendetwas unmöglich sein? Dabei ist es wichtig, dass wir uns nicht auf eine bestimmte Art und Weise versteifen, wie Gott uns helfen soll. Das müssen wir ganz Ihm überlassen. Unsere Aufgabe ist es, die Gemeinschaft mit Ihm durch das Lesen Seines Wortes und im Gebet, immer mehr zu vertiefen und dadurch fester werden zu lassen. Je beständiger unser Blick auf Ihn wird, desto mehr werden wir Ihn auch in Seiner Barmherzigkeit, Seiner Liebe, Seiner Macht und Herrlichkeit erkennen und in unseren Gedanken und Herzen bewahren:
“Deshalb nun, da wir eine so große Wolke von Zeugen um uns haben, lasst auch uns, indem wir jede Bürde und die leicht umstrickende Sünde ablegen, mit Ausharren laufen den vor uns liegenden Wettlauf, hinschauend auf Jesus, den Anfänger und Vollender des Glaubens, der, die Schande nicht achtend, für die vor ihm liegende Freude das Kreuz erduldete und sich gesetzt hat zur Rechten des Thrones Gottes. Denn betrachtet den, der so großen Widerspruch von den Sündern gegen sich erduldet hat, damit ihr nicht ermüdet, indem ihr in euren Seelen ermattet.‘