Einheit praktisch leben

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Wie ich bereits im Zusammenhang mit einem anderen Abschnitt des Epheserbriefes dargelegt habe (zum Hintergrund des Epheserbriefes siehe hier: Klick!), können wir diesen Brief des Apostels Paulus grob in zwei Abschnitte aufteilen: In Teil 1 (Epheser 1, 1Epheser 3, 21) liegt der Schwerpunkt der Belehrung auf den geistlichen Segnungen, die der Gläubige empfangen hat (die Gotteskindschaft, das ewige Leben, die Sohnschaft, die Innewohnung des Heiligen Geistes). Teil 2 (Epheser 4, 1Epheser 6, 24) enthält dagegen praktische Belehrungen für das christliche (Alltags-)Leben des Gläubigen in der Versammlung (= Gemeinde), der Familie und der Welt.  Diesem zweiten Teil des Epheserbriefes ist unser heutiges Textwort (Epheser 4, 2b – 3) entnommen. Diese Verse gehören zu einem größeren Abschnitt, in dessen Kontext sie betrachtet werden müssen:

“Ich ermahne euch nun, ich, der Gefangene im Herrn, dass ihr würdig wandelt der Berufung, mit der ihr berufen worden seid, mit aller Demut und Sanftmut, mit Langmut, einander ertragend in Liebe, euch befleißigend, die Einheit des Geistes zu bewahren in dem Band des Friedens. Da ist ein Leib und ein Geist, wie ihr auch berufen worden seid in einer Hoffnung eurer Berufung. Ein Herr, ein Glaube, eine Taufe, ein Gott und Vater aller, der über allen und durch alle und in [uns] allen ist.“

(Epheser 4, 1 – 6)

Den Zusammenhang beachten!

Nachdem der Apostel in den Kapiteln 13 die lehrmäßige Grundlage gelegt hat, folgt in den Kapitel 46 die praktische Anwendung. Diesen Zusammenhang dürfen wir auf keinen Fall außer Acht lassen. Fordert man nämlich von Gläubigen, das in den Kapiteln 46 aufgezeigte Verhalten “an den Tag zu legen“ ohne ihnen die in den Kapiteln 13 dargelegten Voraussetzungen für dieses Verhalten zu vermitteln, gerät man sehr schnell in die Gefahr, “christliche Moralvorstellungen“ zu verkündigen, nicht aber den gesamten Ratschluss Gottes. Es besteht die große Gefahr, dass die in Epheser 4, 1 ff. genannten Verhaltenweisen auf diese Weise zu neuen Gesetzen werden, die es einzuhalten gilt. Das aber entspricht nicht dem Evangelium! Erinnern wir uns: Das Gesetz fordert nur, es kann kein Leben geben (2. Korinther 3, 4 – 8). Das Gesetz ist durch den Kreuzestod des Herrn Jesus Christus zu seinem Ende gekommen (vgl. Galater 3, 19; Epheser 2, 15; Kolosser 2, 14). Darum sagt der Apostel Paulus den Gläubigen in Rom (und mit ihnen allen Christen): „Ihr seid nicht unter Gesetz, sondern unter Gnade.“ (Römer 6, 14). Das Gesetz kann daher auch keine Lebensregel für Christen mehr sein. Das gilt auch für menschlich erdachte „Gebötlein“ und „Verbötlein“. Nicht das Gesetz oder irgendwelche menschlichen Gebote sind die Lebensregel des Christen, sondern der Herr Jesus Christus selbst:

“Ihr aber habt den Christus nicht so gelernt, wenn ihr wirklich ihn gehört habt und in ihm gelehrt worden seid, wie die Wahrheit in dem Jesus ist: dass ihr, was den früheren Lebenswandel betrifft, abgelegt habt den alten Menschen, der nach den betrügerischen Begierden verdorben wird, aber erneuert werdet in dem Geist eurer Gesinnung und angezogen habt den neuen Menschen, der nach Gott geschaffen ist in wahrhaftiger Gerechtigkeit und Heiligkeit.“

(Epheser 4, 20 – 24)

Nicht das Gesetz (oder von Menschen erdachte Gesetze) regeln das Leben des Christen, sondern die Gnade Gottes:

“Denn die Gnade Gottes ist erschienen, Heil bringend für alle Menschen, und unterweist uns, damit wir, die Gottlosigkeit und die weltlichen Lüste verleugnend, besonnen und gerecht und gottselig leben in dem jetzigen Zeitlauf.“

(Titus 2, 11 – 12)

Das Gesetz ist kraftlos und wenn schon das von Gott gegebene Gesetz keine Kraft zum ewigen Leben entfalten konnte, wie viel weniger werden menschlich erdachte Regeln und Gebote dem Gläubigen Kraft vermitteln können? Das Evangelium Gottes hingegen schenkt nicht nur die Gnade zur Erlösung, sondern mit ihr auch die Kraft, entsprechend dieser Erlösung zu leben. Diese Voraussetzungen gilt es zu beachten, ehe wir uns den Versen in Epheser 4, 1 – 3 zuwenden können.

Einheit – Probleme und Lösungen

Die Epheser werden von Paulus aufgefordert, die „Einheit des Geistes im Band des Friedens“ zu bewahren. Warum war eine solche Aufforderung überhaupt nötig? Aus der Apostelgeschichte (insbesondere Kapitel 6, 1  und Kapitel 15, 1 – 5) wissen wir, dass es zwischen den Gläubigen aus dem Judentum und den Gläubigen aus dem Heidentum – vorrangig wegen lehrmäßigen Fragen – häufig zu Spannungen kam. In Epheser 2, 13 – 16 hat Paulus darum ausführlich dargelegt, dass Gläubige aus dem Judentum und Gläubige aus den heidnischen Nationen in Christus eins geworden sind. Wenn er nun in Epheser 4, 1 fordert: „(…) dass ihr würdig wandelt der Berufung, mit der ihr berufen worden seid, (…), dann bedeutet das, dass die Gläubigen ihren Wandel, ihre Lebenspraxis, ihrer Berufung angleichen sollten. Was aber war die Berufung der Gläubigen? Sie waren – völlig unabhängig ihrer ethnischen Herkunft – zur Einheit in Christus berufen. Wie wir aus Galater 3, 28 wissen, können nicht nur ethnische Unterschiede (vielleicht verbunden mit besonderen Lehrmeinungen) unter Gläubigen für Spannungen sorgen, sondern auch soziale oder geschlechtsspezifische Unterschiede. Das sind Probleme, mit denen wir auch heute in Versammlungen (= Gemeinden) konfrontiert werden und die u. U. mit der fortschreitenden Globalisierung noch häufiger auftreten werden. Aber in Galater 3, 28 wie im Epheserbrief, macht der Apostel deutlich, dass es diese Unterschiede, auf die Menschen so gerne pochen um sich “von der Masse“ abzuheben, in Christus überhaupt nicht mehr gibt! Wer das als Christ nicht versteht und entsprechend lebt, lebt an seiner Berufung vorbei!

In Epheser 4, 2 führt der Apostel drei Tugenden auf, die es im Leben des Gläubigen zu kultivieren gilt und die uns dabei helfen werden, die “Einheit des Geistes im Bande des Friedens“ zu bewahren: Demut, Sanftmut und Langmut. Diese Tugenden werden – je mehr wir uns mit der Person Jesu beschäftigen – in uns herangebildet (2. Korinther 3, 17 – 18). Sie sind Aspekte der einen Frucht des Geistes, die in uns heranreift, je mehr wir dem Geist Gottes Raum in uns geben (Galater 5, 22). Ein demütiger Gläubiger wird seinen andersethnischen Mitgläubigen immer als gleichrangig betrachten, niemals sich selbst als höher gestellt (Philipper 2, 3). Sanftmut ist das Gegenteil von Selbstbehauptung. Ein sanftmütiger Gläubiger hat seine Emotionen unter Kontrolle. Er muss Mitgläubige, die sich irgendwie von ihm unterscheiden – sei es durch ihren sozialen Stand, ihre Bildung oder ihr Geschlecht – nicht “niedermachen“, um selbst besser da zu stehen. Langmut ist die Fähigkeit, selbst unter schwierigen Umständen durchzuhalten. Ein langmütiger Christ wird sich in seinen Bestrebungen, die “Einheit des Geistes im Bande des Friedens“ zu bewahren, nicht durch Rückschlägen entmutigen lassen. Ein langmütiger Mensch wird auch nicht “Gleiches mit Gleichem“ vergelten oder sich erbittern lassen (1. Petrus 3, 9). Er weiß um seine Berufung und den Wunsch Gottes und wird immer wieder versuchen, diesen umzusetzen. Demut, Sanftmut und Langmut sind Kennzeichen jener Christen, die von ihrem Herrn Jesus Christus gelernt haben und in enger Gemeinschaft mit Ihm leben:

“Kommt her zu mir, alle ihr Mühseligen und Beladenen, und ich werde euch Ruhe geben. Nehmt auf euch mein Joch und lernt von mir, denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig, und ihr werdet Ruhe finden für eure Seelen; denn mein Joch ist sanft, und meine Last ist leicht.“

(Matthäus 11, 28 – 30)

Wer in dieser Weise von Jesus Christus lernt und dem Geist Gottes Raum gibt, damit dieser das Leben des Gläubigen umgestalten kann, der gibt damit auch zu erkennen, dass er die Geduld und Langmut Gottes in seinem eigenen Leben wertzuschätzen weiß (Römer 2, 4). Wer als Christ hingegen meint, diese Lebensveränderung nicht nötig zu haben, der erweist sich als “Neuauflage“ des Schalksknechtes (Matthäus 18, 21 – 34).

Gemäß Epheser 3, 1 sollen Gläubige sich dieser Tugenden „befleißigen“. d.h. es gilt sie fleißig einzuüben und auszuüben! Die “Einheit des Geistes im Band des Friedens“ zu bewahren, ist nichts, was uns “einfach so“ zufällt. Das Wort, das in unseren deutschen Bibeln mit „befleißigen“ wiedergegeben wird, ist das griechische Wort  „σπουδάζω“ (“spoudazo“) und es bedeutet, eine Sache mit Ernst, vollem Einsatz, ganzer Kraft zu verfolgen. Warum ist das für Christen so wichtig? Können wir nicht einfach nach dem Grundsatz verfahren: sonntags kommen wir zusammen und nach den Gottesdienst geht jeder seine Wege, lebt sein Leben und stört den anderen möglichst nicht? Nein, eine solche oberflächliche Gemeinschaft kennt das Neue Testament nicht. Es geht um nichts weniger, als wahre christliche Liebe. Denn diese Liebe, die Christen einander entgegen bringen, ist das einzige Kennzeichen, an dem die Welt die Jünger Jesu Christi erkennen soll:

“Ein neues Gebot gebe ich euch, daß ihr einander liebet; daß, wie ich euch geliebt habe, auch ihr einander liebet. Daran wird jedermann erkennen, daß ihr meine Jünger seid, wenn ihr Liebe untereinander habt.“

(Johannes 13, 34 – 35)

Einheit, auf diese Weise bewahrt und gelebt, wird den Herrn Jesus Christus verherrlichen und mehr Menschen von der Wahrheit des christlichen Glaubens überzeugen, als viele Worte.

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