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Mit den Christen in Korinth verband den Apostel Paulus eine intensive Beziehung: Im Rahmen seiner zweiten Missionsreise (ca. 51 – 54 n. Chr.) war er in diese Stadt gekommen und hatte auch hier das Evangelium verkündigt. Viele Menschen nahmen die Heilsbotschaft an, bekehrten sich, wurden getauft und so entstand die erste Versammlung (= Gemeinde/Kirche) in Korinth. Diese neuen Gläubigen bedurften der Seelsorge und der intensiven Unterweisung in der christlichen Lehre. Darum blieb Paulus insgesamt 18 Monate in Korinth.
Nach seiner Abreise sandte er den Korinthern einen ersten Brief, auf den er in 1. Korinther 5, 9 Bezug nimmt. Dieser Brief ist uns nicht überliefert worden.
Die Korinther antworteten ihm daraufhin mit einem Brief, in dem sie ihm Fragen stellten. Diese Fragen beantwortet er in dem Brief, den wir als den 1. Korintherbrief kennen. Darin geht er auch auf Probleme in der Versammlung ein und gibt Anweisungen zu deren Lösung.
Während sich Paulus dann im Rahmen seiner dritten Missionsreise in Ephesus aufhält, erreichen ihn Nachrichten, dass die Probleme in Korinth immer noch nicht gelöst sind. Daraufhin besucht er die Gläubigen (2. Korinther 2, 1; 2. Korinther 12, 14; 2. Korinther 13, 1 – 2). Diesen Besuch bezeichnet er als „schmerzhaft“, denn selbst durch seine Anwesenheit konnten nicht alle Konflikte gelöst werden (2. Korinther 2, 5 – 8; 2. Korinther 7, 12).
Nach Ephesus zurückgekehrt, schreibt Paulus einen weiteren, sehr ersten Brief, den er den Korinthern durch Titus und einen weiteren Bruder überbringen lässt (2. Korinther 2, 3 – 4; 2. Korinther 7, 8 – 12; 2. Korinther 12, 18). Auch dieser Brief ist uns nicht überliefert worden. Mit großer Spannung erwartet der Apostel die Rückkehr seines Mitarbeiters und dessen Bericht. Doch aufgrund von Verfolgung muss er die Stadt verlassen (Apostelgeschichte 20, 1). Er verbringt eine Zeit in Troas und reist dann Richtung Mazedonien, um auf diesem Weg Titus zu treffen (2. Korinther 2, 12 – 13). Dieser überbringt dem Apostel positive Nachrichten: Die Mehrheit der Gläubigen in Korinth ist von den falschen Wegen umgekehrt (2. Korinther 7, 6 – 16; 2. Korinther 2, 5 – 11). Nur wenige in Korinth lehnen den Dienst des Paulus immer noch ab (2. Korinther 10, 1 — 13, 10).
Es ist diese Thematik – der Dienst des Paulus – und die damit verbundenen Fragen, denen sich der Apostel dann in dem Brief widmet, den wir als 2. Korintherbrief kennen.
Den 2. Korintherbrief können wir in fünf große Abschnitte aufteilen: Abschnitt 1 (2. Korinther 1, 1 – 11) beinhaltet Begrüßung und Dank, Abschnitt 2 (2. Korinther 1, 12 – 7, 16) befasst sich mit den Angriffen auf den Dienst des Apostels, Abschnitt 3 (2. Korinther 8, 1 – 9, 15) enthält Anweisungen für die Sammlung für die bedürftigen Gläubigen in Judäa, in Abschnitt 4 (2. Korinther 10, 1 – 13, 10) greift Paulus noch einmal die Beschwerden über seinen Dienst auf und kündigt seinen nächsten Besuch an. Abschnitt 5 (2. Korinther 13, 11 – 14) enthält Grüße und Segenswünsche.
Kontrastprogramm: Christlicher Dienst.
2. Korinther 4, 1 – 18 – und damit auch das heutige Textwort – befindet sich in jenem Abschnitt, in dem Paulus sich und seinen Dienst gegen Angriffe verteidigt.
Sind Sie aufgrund ihres Glaubens schon einmal missverstanden worden? Sind Sie schon einmal „schief angesehen“ worden, weil Sie ein anderes Leben führen, als die Welt um Sie herum? Haben Sie schon einmal Bedrängnisse erdulden müssen, weil Sie an Jesus Christus glauben? Und scheint es Ihnen so, dass Sie weniger erfolgreich und wohlhabend sind, als Ihre Kollegen, Verwandten, Kommilitonen? Haben Sie schon einmal darüber nachgedacht, „mit dem Strom zu schwimmen“, weil es einfacher ist? Sind Sie schon einmal verzweifelt gewesen, nahe dran, aufzugeben? So, wie Paulus, der Apostel und Autor einer Vielzahl von Briefen des Neuen Testaments (2. Korinther 1, 8 – 9)? Warum lässt Gott so etwas im Leben Seines Dieners zu? Paulus weiß es: „(…) damit wir nicht auf uns selbst vertrauten, sondern auf den Gott, der die Toten auferweckt“.
Ausgehend von dieser grundlegenden Wahrheit des christlichen Glaubens, dass der Gläubige eben nichts aus sich selbst heraus kann – und auch nicht muss! – (vgl. Johannes 15, 1 – 8), sondern in allem abhängig ist von Gott, antwortet Paulus nun durch den ganzen Brief hindurch auf die Anklagen seiner Gegner:
Stark! Gesund! Erfolgreich!
Seine Gegner warfen ihm vor, dass seine körperlichen Leiden doch eindeutig bewiesen, dass er kein Gesandter Gottes sei? Ein solcher würde gesund und kräftig sein! Wer wirklich/richtig glaubt, der ist doch immer gesund, oder? Wir sind doch „Königskinder“ und Gott will doch immer nur das Beste für Seine Kinder! Ein echter Bote Christi wäre erfolgreich, würde ein siegreiches Leben führen – oder etwa nicht? Wenn Paulus wirklich ein von Gott berufener und mit Seinem Geist ausgerüsteter Verkündiger wäre, dann würde es schon viel mehr Gemeindemitglieder hier in Korinth geben! Dann wäre Gott auch wirklich mit ihm. Die Kritiker in Korinth hatten ihr eigenes Bild von einem Verkündiger des Evangeliums: stark, gesund, erfolgreich! Aus ihrer Sicht hatte Paulus vielleicht einen guten Start hingelegt, aber jetzt brauchte man in dieser kosmopolitischen Stadt doch eine andere Botschaft, als die der Leiden und des Kreuzes Christi. Korinth als wohlhabende, multikulturelle und multireligiöse Stadt, deren Bürger auf Luxus und Entspannung ausgerichtet waren, brauchte eine „ansprechendere“ christliche Verkündigung. Paulus antwortet auf diese Anklagen wie folgt:
Gnade! Treue! Die Ewigkeit im Blick!
* Sein Dienst – und damit aller wahrer christlicher Dienst – beruht auf der Barmherzigkeit und Gnade Gottes (2. Korinther 4, 1). Er ist aus Gnaden berufen worden, nicht aufgrund seiner Fähigkeiten, seiner Herkunft, seiner körperlichen Verfassung, seiner Ausbildung, seiner … Darum verliert er seine Hoffnung nicht. Gottes Gnade ist genug, um ihn zum weiteren Dienst am Evangelium zu motivieren. Auch und gerade angesichts all‘ der Schwierigkeiten, die damit verbunden sind.
* Es gibt nur eine Evangeliumsbotschaft und diese muss unverändert verkündigt werden (2. Korinther 4, 2). Vielleicht haben ihm die Korinther Vorschläge gemacht, wie man die Verkündigung anders, moderner, niedrigschwelliger gestalten könnte, um so die Menschen in Korinth „noch besser zu erreichen“. Paulus macht klar: an solchen Sachen wird er sich nicht beteiligen. Er wird das Evangelium nicht verfälschen, er wird keine Tricks einsetzen, um Menschen zu überzeugen, er wird von der klaren Botschaft des Kreuzes auch nichts verheimlichen. Er wird genau die Botschaft bringen, die allen Verkündigern des Evangeliums anvertraut ist:
„Da öffnete er ihnen das Verständnis, daß sie die Schrift verstanden, und er sprach zu ihnen: Also ist’s geschrieben, und also mußte Christus leiden und auferstehen von den Toten am dritten Tage und predigen lassen in seinem Namen Buße und Vergebung der Sünden unter allen Völkern und anheben zu Jerusalem.“
Sind Sie ein Verkündiger des Evangeliums? Wünschen Sie sich, dass viel mehr Menschen auf diese Botschaft reagieren, als es bisher der Fall war? Nicht, weil sie dann groß raus kommen, sondern weil sie wissen, dass das Evangelium die einzige Botschaft ist, die der Welt wirkliche Hoffnung geben kann? Waren Sie schon einmal versucht, die christliche Botschaft „abzumildern“, sie „kompatibler“, ja „kundenfreundlicher“ zu machen? Dann erinnern Sie sich bitte unbedingt daran, wozu sie berufen sind: zur Verkündigung und zwar nur zur Verkündigung! Für die Ergebnisse, für die Frucht, sind Sie gar nicht zuständig! Bereits in 1. Korinther 3, 7 – 8 hat Paulus den christlichen Verkündiger als einen „Gärtner“ beschrieben, der die Aufgaben hat, zu pflanzen und zu begießen. Das Wachstum jedoch kann und wird nur einer schenken: Gott Selbst. Auf diesem Hintergrund sind die Vorstellungen der Gegner, das Gemeindewachstum sei von Paulus abhängig, völlig unsinnig und jede Veränderung des Evangeliums ein Affront gegen Gott Selbst. Darum wird Paulus die Botschaft nicht verändern, Er wird sie so ausrichten, wie Gott sie ihm gegeben hat. Damit befindet er sich in einer Linie mit den wahren Propheten Israels (vgl. 1. Könige 22, 13 – 14) und mit dem Herrn Jesus Christus (Johannes 7, 16; Johannes 8, 28; Johannes 12, 49).
* Paulus versteht die Verlorenheit des Menschen (2. Korinther 4, 3 – 4). Es gibt eine geistliche Macht, die dem Evangelium widersteht und Menschen verblendet, so dass sie die Herrlichkeit Gottes nicht erkennen können. Der Gott dieser Welt, an anderen Stellen im Neuen Testament als Satan bezeichnet, wird nicht bezwungen, indem man das Evangelium abmildert oder verändert. Ganz im Gegenteil, damit leistet man ihm Beihilfe. Nur die einfache, klare Verkündigung des Evangeliums, so wie Gott es uns anvertraut hat, entfaltet jene Kraft, die selbst geistlich blinde Augen zu öffnen vermag (2. Korinther 4, 5 – 6). Unsere Aufgabe ist es, die Verlorenheit des Menschen, seine geistliche Situation, zu verstehen, das klare, biblische Evangelium zu verkündigen und für diese Menschen zu beten.
* Leben und Lehre sind eins (2. Korinther 4, 5 + 7 – 16). Paulus betont, dass er und seine Mitarbeiter nicht „sich selbst predigten“. Hätte er das getan, hätte er seine Gelehrsamkeit, seine geistlichen Erfahrungen, ja seine Person in den Mittelpunkt der Verkündigung gestellt, es wäre bei den Korinthern gut angekommen! Damit hätte man vor den ungläubigen Mitbürgern angeben können: „Stellt euch vor, wir haben einen Gesandten Gottes in unserer Mitte!“ oder: „Am nächsten Sonntag spricht bei uns der Apostel Paulus, der schon YXZ Kranke geheilt hat!“ usw. usf. Nein, Paulus wusste, dass er gar nichts vermochte. Alles, was in seinem Dienst geschah, geschah nur, weil Christus es durch ihn tun konnte (Philipper 4, 13). Das ist heute nicht anders und darum predigten auch wir nicht uns selbst, unsern Dienst, unsere Erfahrungen oder Erfolge, sondern Jesus Christus als den Herrn (1. Korinther 1, 23).
Wenn wir treue Verkündiger des Evangeliums sind, wird nicht nur unsere Lehre, sondern auch unser Leben dem Herrn Jesus Christus entsprechen (2. Korinther 4, 7 – 16). Christus hat seinen Dienern kein Leben „auf Rosen gebettet“ verheißen. Leiden, Spott, Verfolgung und Ablehnung um Seines Namens willen (Matthäus 10, 24 – 25; Johannes 15, 20 – 21) sind das Kennzeichen christlicher Nachfolge. Nachfolger Christi sind berufen, Sein Kreuz zu tragen (Markus 8, 34; Lukas 14, 27) und das bedeutet, in eine Sterbeprozess einzutreten, der sich täglich neu vollzieht. Das bedeutet, täglich dem eigenen Leben zu sterben, damit das Leben Christi in uns und durch uns offenbar werden kann (2. Korinther 4, 10). Wer nicht bereit ist, das Kreuz Christi auf sich zu nehmen, der kann nicht Sein Jünger, Sein Nachfolger sein. Man kann nicht die Lehre Christi am Sonntag verkündigen und am Montag, die Ansprüche, die Christus an seine Jünger stellt, verleugnen. Man kann nicht am Sonntag Vergebung predigen und am Montag Vergeltung einfordern. Man kann nicht am Sonntag von Dienst am Nächsten sprechen und am Montag den Bettler vor der Haustür abwimmeln. Man kann nicht am Sonntag Mut zum Bekenntnis einfordern und am Montag, wenn der Chef fragt, nicht die Zähne auseinander bekommen. Leben und Lehre sind eins. Wer nicht bereit ist, seinen Glauben an Christus mit allen Konsequenzen zu leben, der ist auch nicht berufen, Christi Wort zu verkündigen. Paulus kann gegenüber seinen Kritikern darauf verweisen, dass er seinen Glauben mit allen Konsequenzen gelebt hat und noch lebt. Die Verfolgungen und Leiden sind darum nicht ein Zeichen des Misserfolgs, sondern (s)einer echten Nachfolge Christi. Auch in diesem Zusammenhang betont Paulus: Das alles lässt Gott zu, „damit die überschwängliche Kraft von Gott sei und nicht von uns“ (2. Korinther 4, 7).
* Dienst und Leben – aus der Perspektive der Ewigkeit gesehen. Es gibt viele Dinge, die einen Verkündiger des Evangeliums hoffnungslos machen können, die ihn dahin bringen können, aufzugeben. Paulus ruft uns deshalb auf, unseren Dienst und unser Leben aus der Perspektive der Ewigkeit zu betrachten. ihm geht es nicht um kurzfristige Erfolge auf dem „religiösen Markt“, wie seinen Gegnern in Korinth. Er hat eine Langzeitperspektive. Christlicher Dienst ist ein Kontrastprogramm. Darum erinnert er uns daran, dass Glaube immer ein Überzeugtsein von Tatsachen ist, die man nicht sieht (Hebräer 11, 1). Der Tag wird kommen, an dem alles Sichtbare vergehen wird und einer neuen Realität, der Ewigkeit bei Gott, Platz machen muss. Die Nachfolge Christi bringt Leiden mit sich, sie ist ein täglicher Sterbeprozess. Das ist es, was man sehen kann. Doch was die Gegner nicht sehen, ist, dass wahre Nachfolge Christi auch ein Auferstehungsprozess ist: Durch die Kraft Christi wird der Jünger von Tag zu Tag erneuert und so umgestaltet in das Bild Christi selbst (2. Korinther 4, 16). Und es sind die „unsichtbaren Dinge“, nicht der sichtbare Erfolg, die in der Ewigkeit fortbestehen werden. Wir können sehen, wenn ein Mensch aufgrund seines Glaubens tätig wird, aber den Glauben selbst, den sehen wir nicht. Wir können erkennen, wie Menschen durch die Liebe Gottes verändert werden, aber sie selbst bleibt unseren Augen verborgen. Wir können feststellen, wozu Menschen, die von Hoffnung erfüllt sind, fähig sind. Doch die Hoffnung selbst können wir weder einfärben noch auf Zelluloid bannen. Der überwiegende Teil des geistlichen Lebens und des geistlichen Dienstes spielt sich auf einer Ebene ab, die unsichtbar ist. Wir sehen gewisse Auswirkungen, aber wir sehen (noch) nicht alles. Darum ist es falsch, vorher ein Urteil zu fällen (1. Korinther 4, 5) und darum gibt es keinen Grund zum Aufgeben.
Quellenhinweis:
Angaben zum Bild „Missionsreisen des Paulus“: http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Datei:Missionsreisendespaulus.png&filetimestamp=20070624192144, erstellt durch den User: Janz