Gott der Hoffnung


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Das ist das Leben?

Korinth. Wir schreiben das Jahr 55/56 n. Chr. Der gesamte Mittelmeerraum und große Teile des heutigen Europas einschließlich des südlichen Britanniens werden von den Römern beherrscht. Die Zeit der großen Kriege ist vorbei. Eine 300.000 Mann starke Armee sichert die römische Herrschaft an den Grenzen. Die Verkehrswege werden ausgebaut und so kann die römische Kultur bis in den letzten Winkel vordringen. Auch politisch scheint sich das Reich in einer ruhigeren Phase zu befinden. Nach dem allgemein begrüßten Ende der Gewaltherrschaft des Caligula (37 n. Chr. bis 41 n. Chr.), betrachtete man die Regentschaft des Claudius als einen politischen und moralischen Neuanfang für das Reich. Auch die ersten fünf Regierungsjahre Neros, der 54 n. Chr. Claudius als Kaiser beerbt, werden noch positiv eingeschätzt. Doch das Fundament dieser äußerlichen Konsolidierungs-, ja  Blütezeit ist fragil. Schnell verbreitet sich das Gerücht, Claudius sei von seiner Frau Agrippina vergiftet worden, die auf diese Weise die Nachfolge ihres Sohnes Nero habe sichern wollen. Nur ein Jahr später macht die Nachricht die Runde, Nero habe seinen Halbbruder und Rivalen Britannicus ermorden lassen. Wer immer sich bis dahin Hoffnungen auf einen politischen und/oder moralischen Neuanfang gemacht hatte, wusste spätestens jetzt, dass diese Hoffnungen sich mit großer Wahrscheinlichkeit nicht mehr erfüllen würden. Familiäre Intrigen, politischer Egoismus, ja Willkürherrschaft würden auch in Zukunft die Politik des Reiches bestimmen und das Leben jedes Einzelnen beeinflussen. Hoffnungslosigkeit war jedoch nicht nur in Bezug auf politische Veränderungen verbreitet. Auch für das persönliche Leben und/oder eine Weiterexistenz nach dem Tod, gab es für den “Durchschnittsbürger“ wenig bis gar keine Hoffnung. Eine römische Grabinschrift drückt es so aus:

“Ich war nicht, ich wurde. Ich war, ich werde nicht sein. Es kümmert mich nicht. Das ist das Leben.“¹

Das ist das Leben! Das ist das Leben? Nicht für alle römischen Bürger. In genau dieser Zeit verfasst der Apostel Paulus während eines Aufenthaltes in Korinth einen Brief an die Christen in Rom. Diese Christen waren erst kurz zuvor in die Stadt zurückgekehrt. Noch unter  Kaiser Claudius waren sie, insbesondere als Juden, die an “Chrestus“ (so der römische Historiker Sueton) glaubten, aus der Stadt vertrieben worden. Nach Claudius Tod kehrten sie zurück, obwohl sie jederzeit erneut Opfer einer Vertreibung oder Verfolgung werden konnten. An diese Christen richtet Paulus einen Brief und in diesem Brief finden wir eine erstaunliche Aussage:

“Der Gott der Hoffnung aber erfülle euch mit aller Freude und allem Frieden im Glauben, damit ihr überreich seid in der Hoffnung durch die Kraft des Heiligen Geistes.“

(Römer 15, 13)

Der Gott der Hoffnung

Erinnern Sie sich noch an Ihre Schulzeit und daran, was Sie im Geschichtsunterricht über die Götter der Griechen, Römer und Germanen (und eventuell vieler anderer Kulturen) gehört haben? War unter all‘ diesen Göttern ein Gott, der die Bezeichnung “Gott der Hoffnung“ trug? Nein, mit Sicherheit nicht². Da gab es einen Gott des Krieges, einen Gott des Donners, der Fruchtbarkeit, des Waldes, der …. aber einen Gott der Hoffnung, den gab dort es nicht. Damit unterscheidet sich der Gott der Bibel, radikal von allen bekannten Götzen.  Ein solcher Gott war – und ist – den Menschen außerhalb des biblisch-christlichen Glaubens unbekannt. Bereits zur Zeit des Alten Testaments wussten die Israeliten, dass allein in diesem Gott Hoffnung zu finden war (vgl. Jeremia 14, 8), denn von diesem Gott war bekannt, dass Er für sein irdisches Volk gute Gedanken hegte:

“Denn ich weiß, was für Gedanken ich über euch habe, spricht der Herr, Gedanken des Friedens und nicht des Unheils, um euch eine Zukunft und eine Hoffnung zu geben.“

(Jeremia 29, 11)

Wer diesen Gott kennenlernte, der wusste, dass sich dieser Gott radikal von den bisher bekannten Götzen unterschied: Hier war der Gläubige nicht schutzlos einem überirdischen Wesen ausgesetzt, dessen allzu menschliche Emotionen sich nach “Lust und Laune“ veränderten. Hier war ein Gott, der zu Seinem Wort, zu Seinen Verheißungen, stand. Ein Gott, dem man wirklich vertrauen konnte, ein Gott der echte Sicherheit bot, ein Gott, zu dem man in eine persönliche Lebensbeziehung treten konnte.

Hoffnung: radikal anders

So radikal, wie sich der biblische Gott von den heidnischen Götzen unterschied und unterscheidet, so radikal anders war und ist auch die Hoffnung, die dieser Gott zu geben vermag. Biblische Hoffnung hat nichts mit Optimismus oder positivem Denken zu tun. Hoffnung ist – biblisch gesehen – eine „gewisse Zuversicht“ (nicht: ich hoffe es, aber höchstwahrscheinlich wird es anders kommen, sondern wirkliche Gewissheit). Der Unterschied zwischen dem, was Hoffnung im biblischen Kontext bedeutet und dem, was wir landläufig als „Hoffnung“ bezeichnen, ist so groß, dass es im Grunde zwei Sachen sind:

“Im Gegensatz zum umgangssprachlichen Gebrauch beinhaltet der neutestamentliche Gebrauch des Wortes keinerlei Ungewissheit; es spricht von etwas als gesichert Feststehendem, das nur noch nicht verwirklicht ist. Die endgültige Bestimmung des Gläubigen ist es, an der Herrlichkeit Gottes teilzuhaben (Römer 8, 29 – 30; Johannes 17, 22; 2. Korinther 3, 18; Philipper 3, 20 – 21; 1. Johannes 3, 1 – 2) und diese Hoffnung wird Wirklichkeit werden, weil Christus selbst sich dafür verbürgt (1. Timotheus 1, 1). Ohne die deutlichen und feststehenden Verheißungen des Wortes Gottes hätte der Gläubige keine Grundlage für eine Hoffnung (Römer 15, 4; Psalm 119, 81 + 114; Epheser 2, 12; vgl. Jeremia 14, 8).“³

Wenn wir sagen, dass wir hoffen, dann gibt es immer die Alternative, dass unsere Hoffnung (auf einen neuen Arbeitsplatz, auf einen Gewinn im Lotto, auf die „große“ Liebe) nie Wirklichkeit wird. Das biblische Verständnis von Hoffnung kennt diese Alternative nicht. Sie braucht diese Alternative auch nicht. Denn die biblische Hoffnung gründet sich auf das, was Gott versprochen hat. Er steht zu Seinem Wort und wird es einlösen. Im Gegensatz zu den von ihren Launen geleiteten heidnischen Götzen ist der biblische Gott vertrauenswürdig. Treue ist Teil Seines Wesens:

“(…) wenn wir untreu sind, so bleibt er doch treu; er kann sich selbst nicht verleugnen.“

(2. Timotheus 2, 13)

“Doch Gott ist treu, so daß unser Wort an euch nicht Ja und Nein gewesen ist!“

(2. Korinther 1, 18)

Reich an Hoffnung werden

Wie die Bürger des römischen Reiches um 55/56 n. Chr. haben auch wir heute die Botschaft des Paulus von dem “Gott der Hoffnung“ dringend nötig. Nach dem Mauerfall schien alles möglich: Demokratie im ehemaligen Ostblock, wirtschaftliches Wachstum ohne Grenzen. Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit. Die erfolglosen Kriege in Afghanistan und dem Irak und die Bankenkrise von 2008 ließen diese Hoffnungen wanken. Doch dann wählten die Amerikaner einen neuen Präsidenten, dessen erfolgreichstes Buch den Titel trug: “The Audacity of Hope“ (zu Deutsch etwa: “’Die Dreistigkeit der Hoffnung“). Drei Jahre später ist diese dreiste Hoffnung an den realen politischen Verhältnissen gescheitert. Der Krieg in Afghanistan und im Irak dauert an, Guantanamo wurde nicht geschlossen, noch immer haben nicht alle Amerikaner eine bezahlbare Krankenversicherung, die Finanzkrise hat Millionen von ihnen arbeitslos gemacht. In Europa und Deutschland sieht es nicht viel besser aus. Die Finanzkrise hat sich zur Dauerkrise verfestigt, an der voraussichtlich noch mehrere Generationen zahlen werden. Die Politik entwirft ein Lösungsszenario nach dem anderen, ohne dass sich wirklich entscheidend etwas ändert. Ein Kabarettist brachte die Stimmung so auf den Punkt: „Nie waren sich Alt und Jung so nah  – beide haben die Zukunft hinter sich.“

Wie kann man in einer solchen Situation „reich an Hoffnung“ werden? Paulus macht deutlich, dass wir dies nicht aus eigener Kraft erreichen können. Nur die Kraft des Heiligen Geistes kann uns dazu befähigen. Dies geschieht, indem der Heilige Geist das geschriebene Wort Gottes auf unser Herz anwendet. Alles, was uns Gott in Seinem Wort hat aufzeichnen lassen, ist geschrieben worden, damit wir Hoffnung fassen (Römer 15, 4). Wenn ein Mensch die Erlösung annimmt, die Gott uns in Seinem Sohn Jesus Christus anbietet (Johannes 3, 16), dann wird er von neuem geboren zu einer “lebendigen Hoffnung“ (1. Petrus 1, 3).  Durch die Erlösung und den Glauben an Gottes Wort bekommen wir Zugang zu dieser reichen Hoffnung (vgl. Römer 5, 2). So, wie der Glaube aus dem Wort Gottes kommt (vgl. Römer 10, 17), genauso kann sich auch unsere Hoffnung nur auf das Wort Gottes gründen (Hebräer 11, 1). Je mehr wir Gott durch Sein Wort kennen lernen, je mehr wir Sein Wort in unserem Alltag anwenden und erfahren, dass dieses Wort unserem Leben ein tragfähiges Fundament gibt, desto mehr wird unser Glaube und auch unsere Hoffnung wachsen. Wir werden unsere Hoffnung nicht mehr auf vergänglichen Reichtum (1. Timotheus 6, 17) oder fehlbare Menschen (Jeremia 17, 5), sondern allein auf den Gott setzten, der sich als treu erwiesen hat. Wer so „reich an Hoffnung“ geworden ist, der hat es auch nicht mehr nötig,  hinter jeder neuen Strömung, sei sie politisch oder religiös, herzulaufen, weil sie vielleicht einen Funken neue “Hoffnung“ bringt. Nein, solch‘ ein Mensch kann aus dem Reichtum seiner Hoffnung an andere Menschen weitergeben (1. Petrus 3, 15) und so zu einem Multiplikator der Hoffnung in einer hoffnungslosen Welt werden.

Fußnoten:

¹ = Imre Peres: “Griechische Grabinschriften und neutestamentliche Eschatologie“, Wissenschaftliche Untersuchungen zum Neuen Testament Band 157, Seite 28, Mohr Siebeck, Tübingen 2003

² = Zwar kennt man in der griechischen Mythologie eine Göttin der Hoffnung (Elpis, römische Entsprechung: Spes), allerdings wurde diese Hoffnung von den Griechen nicht als etwas Gutes angesehen, sondern als eine Form erweiterten Leidens (wohl im Sinne einer enttäuschten oder zumindest sich lang hinziehenden Hoffnung). Dies aber steht im klaren Gegensatz zu der „gewissen (sicheren) Hoffnung“, die der Gott der Bibel zu vermitteln im Stande war und ist.

³ = John MacArthur, Kommentar zu Römer 5, 2 in “John MacArthur Studienbibel“, Seite 1610, 1. Auflage 2002, CLV Bielefeld.

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