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Es hätte ein so guter Tag werden können, der gestrige Montag. Nach über einer Woche, in der mich eine Bronchitis ins Bett verbannte, war ich zum ersten Mal wieder in der „realen Welt“. Einige unaufschiebbare Dinge waren zu erledigen und die frische Luft tat gut. Da sich in meinem Kühlschrank nach dem letzten Wochenende gähnende Leere breit machte und ich auch wirklich kein Verlangen mehr nach Hühnersuppe, Kräutertee und ähnlichem hatte, entschloss ich mich, auf dem Rückweg bei Freunden in einem hiesigen Gasthaus einzukehren. Ein frischer Spargelsalat, vitaminreich und leicht, das war jetzt genau richtig. Doch der Appetit sollte mir schnell vergehen, denn um 12.00 Uhr kamen aus dem Radio jene Nachrichten, die mich zu tiefst erschütterten: Unbekannte hatten in der Nacht von Sonntag auf Montag einen Brandanschlag auf die Wormser Synagoge verübt (siehe z.B. Wormser Zeitung, Open Report1, Open Report2). Dass 72 Jahre nach der so genannten „Reichskristallnacht“ in Deutschland wieder jüdische Synagogen in Brand gesteckt werden, beschämt und erschüttert mich als ehemaliger Bürger der Stadt Worms, als Demokrat und insbesondere als Christ. Es ist dies auch nicht der erste Anschlag auf jüdische Einrichtungen der Stadt Worms.
Bereits 1999 und dann 2006 wurden Anschläge auf den jüdischen Friedhof („Heiliger Sand“) verübt: Jahrhundertealte Grabsteine wurden mit Hakenkreuzen und SS-Runen beschmiert. Die Reinigung der Grabmale zerstörte diese zum Teil, da das alte Sandsteinmaterial die Behandlung mit chemischen Reinigungssubstanzen nicht vertrug. So ist diese verabscheuungswürdige Schandtat dauerhaft für jeden Besucher des Friedhofs sichtbar.
Und nun ein Brandanschlag auf die Synagoge. An sechs bis acht Stellen wurden Brandherde gelegt und ein Molotowcocktail wurde in ein Fenster der Synagoge geworfen. Diese Tatsachen sprechen m. E. für Planung, eine hohe kriminelle Energie und einen großen Zerstörungswillen. Der oder die Täter wollten ganz offensichtlich sicher gehen, dass der Brand das ganze Gebäude erfasste. Nur einer aufmerksamen und wachen Anwohnerin ist es zu verdanken, dass die Feuerwehr schnell verständigt werden und durch ihren Einsatz der Schaden gering gehalten werden konnte. Zahlreiche Politiker haben den Brandanschlag inzwischen verurteilt (Klick). Dabei aber darf es nicht bleiben. Sollte sich (wie es bei früheren Anschlägen der Fall war) zeigen, dass die Tat einen rechtsradikalen Hintergrund hat, so müssen die verantwortlichen Stellen endlich die lange bekannten braunen Tümpel um Worms herum austrocknen. Es kann doch nicht sein, dass mit Abstand von einigen Jahren immer wieder Anschläge auf jüdische Einrichtungen verübt werden und dem nicht endlich ein Ende gemacht wird. Dankbar macht mich die Tatsache, dass an einer ersten Mahnwache in Worms bereits über 100 Menschen teilgenommen haben (Klick) und ich hoffe, dass die Wormser Bürger und insbesondere die Christen in Worms in dieser Angelegenheit ein deutliches Zeichen gegen jede Form des Antisemitismus setzen. In der Konfrontation mit dem Antisemitismus, dem Neonazismus, kann es für Christen keine Grauzone geben. In dieser Konfrontation haben Christen nur einen Platz und zwar den an der Seite unserer jüdischen Mitbürger und Mitbürgerinnen. Christen und Juden vertreten verschiedene Glaubensinhalte. Das gilt es zu respektieren und auszuhalten. Aber es verbindet uns der Glaube an einen Schöpfer. Und es ist dieser Schöpfer, der dem jüdischen Volk eine ewige Zusage gegeben hat:
„So spricht der Ewige, welcher die Sonne zum Lichte bei Tage gegeben hat, die Ordnungen des Mondes und der Sterne zur Leuchte bei Nacht; der das Meer erregt, daß seine Wellen brausen, der Ewige der Scharen ist sein Name: Wenn diese Ordnungen vor meinem Angesichte beseitigt werden können, spricht der Ewige, dann soll auch der Same Israels aufhören, ein Volk vor mir zu sein!“
(Jeremia 31, 34f.)
Die Aussage dieser Worte ist deutlich: genauso wenig, wie geschaffene Menschen die Ordnungen des Schöpfers beseitigen können, genauso wenig werden sie die Existenz Israels beeinflussen können. Diese Zusage des Schöpfers an Sein Volk entlässt uns nicht aus unserer Verantwortung, dem Antisemitismus, wo immer er uns begegnet, mutig und entschieden entgegen zu treten. Aber sie verleiht uns Zuversicht und Stärke, denn sie macht eines deutlich: Antisemitismus und Neonazismus sind zum Scheitern verurteilt. Sie werden nicht siegen. Ihr Urteil ist bereits gesprochen.
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