Translation here.
Wie ich bereits in „Diese Generation wird nicht vergehen, bis …?“ schrieb, erhielt ich vor einiger Zeit das Script eines Vortrages, der sich mit Fragen zur Wiederkunft Christi befasste. Neben der spekulativen Auslegung von Matthäus 24, 34, auf die ich bereits eingegangen bin, kombiniert der Autor dieses Scripts eine Anzahl weiterer Bibelstellen um zu belegen, dass die Wiederkunft Christi in den nächsten 20 – 25 Jahren zu erwarten sei. Er sagt es zwar in seinem Script nicht ausdrücklich, man kann den Autor jedoch durchaus so verstehen, dass er dieses Ereignis für das Jahr 2032/2033 erwartet. Um diese Annahme zu untermauern, bezieht er u.a. sich auf die Aussagen in Psalm 90, 4:
„Denn tausend Jahre sind vor dir (= Gott; JNj.) wie der gestrige Tag, der vergangen ist, und wie eine Nachtwache …“
in Verbindung mit 2. Petrus 3, 8:
„Dieses eine aber sei euch nicht verborgen, Geliebte, dass ein Tag vor dem Herrn ist wie tausend Jahre, und tausend Jahre wie ein Tag! „
und knüpft damit an eine lange Tradition von Endzeitspekulationen an.¹ Denn viele vor ihm haben, auf diese beiden Verse aufbauend, ein 7.000-Jahre-Modell entworfen, das die biblische Heilsgeschichte und ihren zeitlichen Verlauf erklären soll. Nach diesem „Tag-gleich-Jahrtausend“-Modell wird gelehrt, dass die Zeit zwischen der Schöpfung der Erde und der Wiederkunft Christi – entsprechend den sechs Schöpfungstagen – 6000 Jahre umfasse (1 [Schöpfungs-]Tag = 1000 Jahre!). Da der siebente Tag der Schöpfung der Ruhetag Gottes war, sei dieser siebente Tag mit dem 1000jährigen Friedensreich, dem Millennium, gleichzusetzen. Diese Gleichung soll dadurch unterstützt werden, dass man aus den biblischen Geschlechtsregistern den Zeitpunkt der Schöpfung oder zumindest den Zeitpunkt der Erschaffung Adams zu errechnen versucht. Mit Hilfe unterschiedlicher Methoden kommt man auch hier zu dem Ergebnis, dass wir uns mit großen Schritten der 6.000 -Jahr-Grenze und damit der Wiederkunft Christi nähern würden. Viele weitere Bibelstellen werden herangezogen, um „zu beweisen“, dass in ihnen bereits symbolisch angedeutet wird, dass die Dauer der Heilszeit der Gnade 2000 Jahre umfassen würde. So deutet man z.B. Johannes 11, 6, wo gesagt wird, dass der Herr Jesus Christus „zwei Tage“ wartete, ehe Er sich aufmachte, um Lazarus aus den Toten zu erwecken, als Hinweis darauf, dass zwischen dem ersten Kommen Jesu als Erlöser und seinem zweiten Kommen zur Auferstehung 2000 Jahre liegen werden. In Matthäus 17, 1 f. berichtet uns der Evangelist, dass Jesus „nach sechs Tagen“ eine Gruppe von Jüngern mit sich auf einen hohen Berg nahm und dort vor ihren Augen verherrlicht wurde. Dieser Vers wird in dem besagten „Tag-gleich-Jahrtausend“-Modell dahingehend gedeutet, dass die hier erwähnten „sechs Tage“ symbolisch für die ersten 6000 Jahre der Menschheitsgeschichte stehen und Gott sich in seinem Sohn erst nach dieser Zeit, also zu Beginn des „7. Tages“ (= dem Beginn des Millenniums, des 1000jährigen Friedensreiches) in Herrlichkeit offenbaren könne.
Schon an diesen Beispielen wird deutlich, wie haltlos solche „Auslegungen“ sind. Hier wird eine vorgefertigte Anschauung in die Heilige Schrift hinein gelesen („eisegese“). Denn biblische Symbole können wir nur dann richtig auslegen, wenn mindestens ein Teil der folgenden vier Voraussetzungen erfüllt sind: Ein Symbol oder Typus muss
a) im Alten Testament,
b) im Neuen Testament,
c) im direkten Text-Zusammenhang und bzw. oder
d) ganz offensichtlich im historisch-kulturellen Zusammenhang
bereits erklärt worden sein. Ist das nicht der Fall, dann verlassen wir mit unserer Auslegung den sicheren Boden der Heiligen Schrift.² Genau das ist hier der Fall: Weder Psalm 90,4 noch 2. Petrus 3, 8 sprechen in ihrem direkten Kontext von einer, durch 1000-Jahr-Abschnitte berechenbaren, Wiederkunftserwartung. Auch keine andere Stelle im Alten oder Neuen Testament spricht davon oder von einer solchen „Tag-Jahr“-Einteilung der Heilsgeschichte. Man muss schon sehr viel Phantasie besitzen, um solche gewagten „Auslegungen“ zu entwickeln. Sie mögen bei dem einen oder anderen Zuhörer ein aufregendes Gefühl hervorrufen, biblisch haltbar sind sie nicht. Denn – auch auf die Gefahr hin, dass ich mich wiederhole – sie widersprechen eindeutig der klaren Lehre unseres Herrn selbst:
In Markus 13, 32 belehrt uns der Herr Jesus Christus bzgl. Seines Kommens indem Er sagt:
„Von jenem Tage aber oder der Stunde weiß niemand, weder die Engel, die im Himmel sind, noch der Sohn, sondern nur der Vater.“
In diesem Vers sagt der Herr Jesus Christus Selbst, dass a) niemand (d.h., kein Mensch), b) auch nicht die Engel im Himmel noch c) Er Selbst um den Tag oder die Stunde (d.h. den Zeitpunkt) Seiner Wiederkunft weiß. Wie bitteschön, hätte Er es dann irgendeinem Menschen offenbaren können, dass Seine Wiederkunft nach Beendigung des 6. Jahrtausends der Menschheitsgeschichte stattfinden wird? Wieso hätte Er, wenn Er doch Selbst weiß, dass Sein Vater sich dieses Wissen vorbehalten hat, solche Zeitpunkte als symbolische“Hinweise im Bibeltext gleichsam „verstecken“ sollen?
Wer solche Dinge verkündet, offenbart nicht nur einen äußerst oberflächlichen Umgang mit der Heiligen Schrift, nein, er versündigt sich geradezu an seinen Zuhörern, die ihm u.U. solchen Unfug unkritisch und ungeprüft abnehmen.
Es ist nicht die Aufgabe christlicher Verkündigung, die Gläubigen durch mit Bibelversen verbrämte Spekulationen in innere, gespannte Aufregung zu versetzen und diese Aufregung irrtümlich als lebendige Wiederkunftserwartung zu verkaufen. Der Auftrag unseres Herrn lautet nicht: „Rechnet, wann ich wiederkomme!“, sondern: „Handelt, bis ich wiederkomme!“ (Lukas 19, 13)
Genau an diesem Punkt – Ausdauer im Dienst für Gott – setzen auch die Aussagen von Psalm 90, 4 und 2. Petrus 3, 8 an, wie ich in einem weiteren Beitrag aufzeigen werde.
Fußnoten:
¹= Irenäus von Lyon: „Denn in so vielen Tagen, wie diese Welt gemacht wurde, in so vielen tausend Jahren soll sie beendet werden… Denn der Tag des Herrn ist wie tausend Jahre; und in sechs Tagen wurden die geschaffenen Dinge vollendet: es ist deshalb klar, dass sie im sechstausendsten Jahr zu einem Ende kommen werden“ in: Contra Haereses, Buch V, Kapitel 28, Abs. 3 (vgl. z.B. in: http://www.unifr.ch/bkv/kapitel744-2.htm)
²= John MacArthur bringt in „Bad Hermeneutics“ dazu einige weitere, sehr eindrückliche Beispiele (vgl.: http://www.youtube.com/watch?v=8wryBqgyW0E )
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