Zum Abschluss dieser kurzen Artikelserie (siehe Teil 1, Teil 2, Teil 3) möchte ich in je einem Artikel auf zwei Fragen eingehen, die mir wichtig erscheinen bzw. die mir in der Seelsorge immer wieder begegnen. Da ist zum einen die Frage, wie wir mit dem Wissen um die Probleme von Mitmenschen/Mitchristen umgehen? Dann aber auch die Frage, was mit Mitchristen geschieht, die durch Selbstmord aus dem Leben scheiden.
„Novembernebel“
Foto: Bernd Boscolo/pixelio
Wie gehen wir damit um, wenn wir von den Sorgen/Problemen eines anderen hören oder lesen? Dass sich die Firma des im ersten Artikel erwähnten Industriellen durch Fehlspekulationen in großen Problemen befand, war durch viele Medienberichte weithin bekannt. In den Medien wurde sich auch hin- und wieder über die Fehler des Betroffenen lustig gemacht. Selbst „christliche“ Publikationen sparten nach seinem Suizid nicht mit ironischen anmutenden Überschriften. Vom „Tragischen Ende eines frommen Milliardärs“ war da z. B. die Rede. Plötzlich ist der Mitbruder nur noch „fromm“ (was immer das heißen soll) und nicht mehr „christlich“ oder „Christ“. Empfindet das noch jemand außer mir als eine Distanzierung? Der Mann war nur „fromm“, gehörte eigentlich gar nicht zu „uns“? Ich frage mich: Wie viele von jenen, die hinterher trefflich über seine Fehler herziehen konnten, haben, als die Krise seiner Firma bekannt wurde, das biblische Gebot erfüllt und für ihn gebetet? (1. Thessalonicher 5, 17 u.v.a.m.) Wie viele von jenen, die ihn trefflich verurteilen konnten, haben zum Stift gegriffen und ihm eine Karte oder einen Brief geschrieben, ihn ermutigt, im Glauben an Gott zu bleiben, ihn ihrer Fürbitte versichert? Es ist leicht über die Fehler eines anderen herzuziehen, aber es kostet etwas, sich im Gebet für ihn einzusetzen. Und Sie – wie gehen Sie damit um, wenn Sie von den Sorgen und Problemen ihrer Mitmenschen oder Mitgeschwister, hören? Wird das Problem des anderen bei Ihnen zum Gebet oder zu einer Informationen, die so schnell wie möglich verbreitet werden muss?
„Together“
Foto: Stephanie Hofschlaeger/pixelio
Der Tod eines Mitchristen durch Suizid ist mehr als nur eine persönliche Tragödie. Es ist ein Zeichen dafür, dass unter uns nicht genügend geistliche Kraft vorhanden war, diesem Menschen Hoffnung, Kraft und Mut zu geben. Die Heilige Schrift lehrt uns, dass wir als Christen Glieder eines Leibes (vgl. 1. Korinther 12, 27; Römer 12, 5) sind. Als solche sind wir geistlich eng miteinander verbunden. Freude und Leid des einen, Wohlfahrt oder Not des anderen, haben auf alle Glieder eine Auswirkung: „Und wenn ein Glied leidet, so leiden alle Glieder mit; und wenn ein Glied geehrt wird, so freuen sich alle Glieder mit.“ (1. Korinther 12, 26). Diese tiefe geistliche Wahrheit wird allzu oft vergessen. Dabei ist sie so wichtig. Unser Leben geschieht nicht in einem luftleeren Raum, es hat immer Auswirkungen auf unsere Mitgeschwister und auf unser gemeinsames Zeugnis als Leib Christi in dieser Welt. Wenn wir diese geistliche Wahrheit ernst nehmen, können wir nicht an unseren Mitchristen „vorbeileben“. Der Spruch: „Wenn jeder an sich denkt ist an alle gedacht!“ mag eine Maxime der Welt sein, nicht aber der christlichen Gemeinschaft. Als Glieder des einen Leibes Christi sind wir aufgefordert, einander Handreichung zu tun (vgl. Epheser 4, 16). „Handreichung“ im Kontext von Epheser 4, 16 natürlich vorrangig mit gegenseitiger geistlicher Auferbauung, Seelsorge an und Gebet füreinander zu tun. Das sind die Grundlagen geistlicher Gemeinschaft. Aber wir dürfen „Handreichung“ nicht nur in diesem Sinn verstehen. Das Beispiel der Chisten in der Apostelgeschichte und viele Stellen in den apostolischen Briefen (Römer 14, 7; Phillipper 2, 3 – 4; Galater 6, 2 u.v.a.m.) machen deutlich, dass biblisches Christsein seinen Ausdruck auch in ganz praktischen Handreichungen findet. Wenn wir von den Sorgen und Nöten unserer Mitmenschen und/oder Mitchristen erfahren, sollte unsere erste Reaktion Fürbitte für die Betroffenen sein und das nicht nur einmal, sondern immer wieder. Dann aber sollten wir Gott auch für uns um Weisheit und kreative Ideen bitten, wie wir ganz persönlich und praktisch den Betroffenen eine Hilfe werden können. Seelsorge besteht nicht nur im Zuhören und Ratgeben. Ein Tag Babysitting für eine überarbeitete Mutter, das Abnehmen der Bügelwäsche, die Nachhilfe für einen Schüler, die finanzielle Hilfe für ein junges Ehepaar u.v.a.m. kann Seelsorge sein: Sorge um die Seele meines Nächsten, damit sie zur Ruhe kommt, sich entspannen und neu (auf Gott) ausrichten kann. Für diese Art der Seelsorge braucht man kein ausgebildeter Seelsorger sein, da ist manchmal eine hauswirtschaftlich ausgebildete Mutter, ein handwerklich begaber Nachbar, ein in Englisch oder Mathe fitter Mitschüler viel besser am Platz. Die christliche Gemeinschaft braucht Sie (sie) alle. Wo lassen Sie sich von Gott gebrauchen?
Teil 5 a (Fortsetzung): Klick
Teil 5 b (Ende): Klick