
Der ganze Tanach in seinen einzelnen Schriftrollen – Die erste Rolle enthält die Thora / den Pentateuch, d.h. die 5 Bücher Mose Foto: von Pete unseth (Eigenes Werk) [CC0], via Wikimedia Commons
Zum Hintergrund des 5. Buches Mose / Deuteronomium
Die meisten Leser werden die ersten fünf Bücher des Alten Testaments unter den Namen 1., 2., 3., 4. und 5. Buch Mose kennen. In der jüdischen Tradition werden die biblischen Bücher jedoch nach ihren Anfangsworten bezeichnet. Im 5. Buch Mose sind dies die Worte “Dies sind die Worte…“, hebr.: דְּבָרִים – Debarim oder auch Devarim. In der griechischen Übersetzung des Alten Testaments, der Septuaginta (LXX), wurde das Buch “Δευτερονόμιον“ (“Deuteronomion“) genannt, was “zweite Gesetz“ bedeutet. Diese Bezeichnung wurde auch in der lateinischen Vulgata übernommen, so dass das Buch in lateinischen Bibeln den Namen “Deuteronomium“ trägt. Diese Bezeichnung bezieht sich auf eine nicht ganz genaue Übersetzung von 5. Mose 17, 18. In diesem Gebot für die zukünftigen Könige Israels heißt es: “Und es soll geschehen, wenn er auf dem Thron seines Königreichs sitzt, so soll er sich eine Abschrift dieses Gesetzes in ein Buch schreiben, aus dem, was vor den Priestern, den Leviten, liegt.“ In der hebräischen Sprache heißt es: “(…) er soll sich eine Wiederholung der Weisung schreiben“. Aus diesen Worten hat man geschlussfolgert, dass die Aufgabe dieses Buches primär darin bestand, der neuen Generation von Israeliten, die das verheißene Land einnehmen sollte, ins Gedächtnis zu rufen. Doch dieses Buch enthält mehr, als nur eine Wiederholung der in den vorausgegangenen Büchern der Thora gegebenen Gesetze. Das Buch gibt sehr eindeutige Anweisungen für die Vorbereitung auf die Einnahme des verheißenen Landes.
Autor und Entstehungszeit
Gemäß zahlreicher Aussagen der Heiligen Schrift ist Mose der Autor des 5. Buches Mose / Deuteronomium (vgl. 5. Mose 1, 5 + 9; 5. Mose 5, 1; 5. Mose 27, 1 + 8; 5. Mose 29, 2; 5. Mose 31, 1 + 9 + 24 – 26 + 30; 5. Mose 33, 1 + 30; Josua 8, 32 – 35 i.V. m. 5. Mose 27, 8 – 12; Matthäus 19, 7 i.V.m. 5. Mose 24, 1; 1. Könige 2, 3; 1. Könige 8, 53; 2. Könige 14, 6; 2. Könige 18, 6 + 12). Der Herr Jesus Christus (Matthäus 19, 7 – 8; Markus 10, 3 – 5; Markus 12, 19; Johannes 5, 46 – 47) und weitere Personen des Neuen Testaments bestätigen die Autorenschaft des Mose für die Thora und damit auch für das 5. Buch Mose (vgl. Matthäus 22, 24 i.V.m. 5. Mose 25, 5; Apostelgeschichte 3, 22 und Apostelgeschichte 7, 37 – 38 jeweils i.V.m. 5. Mose 18, 15 – 16; Hebräer 12, 21 i. V. m. 5.Mose 9, 19; außerdem Hebräer 10, 28, sowie Römer 10, 19 und 1. Korinther 9, 9).
Eine Besonderheit stellt das letzte Kapitel des Buches dar, 5. Mose 34. Selbstverständlich wurde dieses Kapitel, in dem in der Tod und die Beisetzung des Mose beschrieben werden, nicht von Mose selbst verfasst worden sein. Wir können davon ausgehen, dass Josua, der Nachfolger Moses dieses Kapitel schrieb und damit das Buch beendete. Diese Tatsache bedeutet aber nicht automatisch, dass Mose die anderen 33 nicht verfasste, wie viele liberale Kritiker uns wahr machen wollen.
Gemäß 5. Mose 1, 3 ereigneten sich die in diesem Buch beschriebenen Begebenheiten in den Ebenen Moabs und zwar beginnend mit dem ersten Tag des elften Monats des vierzigsten Jahres nach dem Auszug der Israeliten aus Ägypten. Nach konservativer Rechnung begann der Auszug aus Ägypten um 1446 v. Chr. Da Mose am Ende der 40 Jahre andauernden Wüstenwanderung (4. Mose 32, 13) und vor der Einnahme des Landes auf den Bergen Moabs starb (5. Mose 34, 5), muss demnach sein Tod um 1406 v. Chr. erfolgt sein. Damit kann die Entstehung des Buches auf dieses Jahr datiert werden.
Schwerpunkt des Buches
Das 5. Buch Mose ähnelt dem 4. Buch Mose dergestalt, dass es wie dieses sehr viele Gebote und Anweisungen enthält. Darin unterscheidet sich dieses Buch von den anderen 3 Büchern der Thora (1., 2. und 3. Buch Mose), deren Fokus mehr auf dem historischen Bericht liegt. Verschiedene Ausleger betonen jedoch, dass die Gesetze im 5. Buch Mose dem Volk Israel mehr verkündigt als gelehrt werden. Der Schwerpunkt des Buches liegt in diesem Buch, ähnlich wie im 4. Buch Mose, auf dem “Gehorsam gegenüber Gott“. Allerdings hat der Gehorsam in diesem Buch im Gegensatz zu dem Gehorsam im 4. Buch Mose, nicht primär mit dem zu tun, was Gott in der Vergangenheit für sein Volk getan hat, sondern mit dem, was Gott in der Zukunft für Sein Volk tun will: Gott hatte Seinem Volk ein Land verheißen und der Gehorsam Seinen Geboten gegenüber sollte den Erfolg bei der Einnahme dieses Landes sicherstellen.
Themen- und Inhaltsübersicht
Wir können das 5. Buch Mose in sieben große Blöcke aufteilen:
Block I (5. Mose 1, 1 – 5) stellt die Einleitung des Buches dar.
Block II (5. Mose 1, 6 – 5. Mose 4, 40) können wir in zwei große Abschnitte unterteilen: Abschnitt A (5. Mose 1, 6 – 5. Mose 3, 29) ist ein Rückblick auf das vergangene Handeln Gottes mit seinem Volk: Zuerst wird uns davon berichtet, wie Gott Sein Volk vom Sinai nach Kadesch führte (5. Mose 1, 6 – 46). Anschließend erfahren wir, wie die Israeliten von Kadesch an die Grenze zum Reich der Amoriter gelangten (5. Mose 2, 1 – 23). Danach wird von dem Sieg der Israeliten über Sihon (5. Mose 2, 24 – 37) und Og (5. Mose 3, 1 – 11) berichtet. In 5. Mose 3, 12 – 20 geht es um die Verteilung des Ostjordanlandes an die Stämme Ruben und Gad sowie an den halben Stamm Manasse. Dieses Kapitel – und damit auch dieser Abschnitt -schließt mit der Erwartung, die Mose bzgl. des zukünftigen Segens Gottes hegte (5. Mose 3, 21 – 29).
Abschnitt B, der fast das ganze 4. Kapitel umfasst, ist ein Aufruf an das Volk Israel, das Gesetz Gottes zu bewahren und zu tun (5. Mose 4, 1 – 40). Darin finden wir zuerst eine Ermahnung, auf Gottes Gebote zu hören und sie zu befolgen (5. Mose 4, 1 – 8). Dann wird die Begegnung Gottes mit dem Volk am Horeb den Zuhörern in Erinnerung gerufen (5. Mose 4, 9 – 14). Damit einher geht eine deutliche Warnung vor dem Götzendienst (5. Mose 4, 15 – 24) und vor den aus dem Götzendienst resultierenden Konsequenzen (5. Mose 4, 25 – 31). Dieser Abschnitt endet mit einem Lobpreis der Einzigartigkeit Gottes und Seines Bundesvolkes Israel (5. Mose 4, 32 – 40).
Der dritten Block, der die letzten Verse des 4. Kapitels umfasst, beschreibt einen kurzen historischen Zeitraum zwischen dem beschriebenen historischen Rückblick und der Einnahme des verheißenen Landes. Dabei geht es zuerst um die Benennung von Freistädten im Ostjordanland (5. Mose 4, 41 – 43). Anschließend wird damit begonnen, das Gesetz vor der Einnahme des verheißenen Landes zu verkündigen (5. Mose 4, 44 – 49).
Block IV (Kapitel 5 – Kapitel 26) kann in drei Abschnitte unterteilt werden. Abschnitt A (Kapitel 5 – Kapitel 11) spricht von den wesentlichen Grundlagen, indem die Gebote des Sinai und die Rolle des Mose thematisiert werden. Dazu wird zuerst der Dekalog, also die 10 Gebote vom Sinai, wiederholt/verkündet (Kapitel 5). Anschließend wird das Volk ermahnt, Gott zu lieben (Kapitel 6), Der Abschnitt endet mit Beispielen, wie die Gebote praktisch angewandt werden sollen (Kapitel 7 – Kapitel 11).
Abschnitt B (Kapitel 12 – Kapitel 25) stellt eine Auslegung bestimmter Gebote, die sich aus den Geboten des Dekalogs ergeben, dar: In 5. Mose 12, 1 – 31 geht es um Gebote, die sich aus dem 1.Gebot ergeben. Von 5. Mose 12, 32 bis 5. Mose 13, 18 geht es um Gebote, die ihre Grundlage im 2. Gebot haben. In 5. Mose 14, 1 – 21 werden Gebote behandelt, die sich auf das 3. Gebot gründen. Von 5. Mose 14, 22 bis 5. Mose 16, 17 geht es um Gebote, die aus dem 4. Gebot entwickelt werden. Von 5. Mose 16, 18 bis 5. Mose 18, 22 werden Gebote, deren Grundlage das 5. Gebot des Dekalogs ist, besprochen. Gebote, die aus dem 6. gebot entwickelt werden, werden von 5. Mose 19, 1 bis 5. Mose 22, 8 behandelt. Der Abschnitt von 5. Mose 22, 9 – 5. Mose 23, 18 behandelt dann Gebote, die im 7. Gebot wurzeln. Von 5. Mose 23, 19 – 5. Mose 24, 7 geht es um Gebote, die auf das 8. Gebot zurückzuführen sind. Der Abschnitt 5. Mose 24, 8 bis 5. Mose 25, 4 legt die Gebote dar, die mit dem 9. Gebot zu tun haben. Und in 5. Mose 25, 5 – 19 geht es um die Gebote, die das 10. Gebot zur Grundlage haben.
In Abschnitt C (5. Mose 26) geht es um die feierliche Einweihung des Bundes, seine Bestätigung und abschließende Ermahnungen. Dabei geht es zuerst um die Darbringung der Erstlingsfrüchte (5. Mose 26, 1 – 15) und dann um den Zehnten des dritten Jahres (5. Mose 26, 16 – 19).
In Block V (5. Mose 27, 1 – 5. Mose 29, 1) geht es um die Vorbereitungen für die Erneuerung des Bundesschlusses zwischen Gott und Seinem Volk. Dieser Block kann in fünf Abschnitte eingeteilt werden: Zuerst wird in Abschnitt A über das Gebot bzgl. der Gedenksteine mit den Worten des Gesetzes gesprochen (5. Mose 27, 1 – 10), dann folgt die Anweisung, dass Segen und Fluch auf den Bergen Garizim bzw. Ebal verkündet werden sollen (5. Mose 27, 11 – 26). Abschnitt B enthält die Flüche, die bestimmten Zuwiderhandlungen folgen sollen. Sie werden in 5. Mose 27, 14 – 26 aufgeführt. In Abschnitt C werden die Segnungen, die dem Gehorsam folgen, dargestellt (5. Mose 28, 1 – 14). Von 5. Mose 28, 15 – 68 – Abschnitt D – folgt die Aufzählung der Flüche, die unbestimmten Zuwiderhandlungen folgen sollen.
Der letzte Abschnitt – E – (5. Mose 21, 1) beschreibt in wenigen Worten eine kurze Zwischenzeit bis zu der nächsten großen Gesetzesverkündung durch Mose, die in
Block VI (5. Mose 29, 2 – 5. Mose 30, 20) folgt. Diesen Block teilen wir in zwei Abschnitte ein: Abschnitt A (5. Mose 29, 2 – 29) ist ein Aufruf an die Israeliten, Gott treu zu bleiben. Mose blickt in diesem Zusammenhang auch zuerst einmal auf die Geschichte zurück (5. Mose 29, 2 – 8), verdeutlicht den Anwesenden den wichtigen Grund ihres Zusammenkommens (5. Mose 29, 9 – 15) und führt ihnen auch die Konsequenzen etwaigen Ungehorsam gegenüber Gott vor Augen (5. Mose 29, 16 – 29).
Abschnitt B, der Kapitel 30 umfasst, ist ein Ruf zur Entscheidung. Zuerst stellt Mose den Israeliten die Möglichkeit der Wiederherstellung in Aussicht (5. Mose 30, 1 – 10). Dann betont er erneut, wie wichtig Gehorsam gegenüber Gott ist (5. Mose 30, 11 – 20).
Der siebte und letzte Block (5. Mose 31 – 34) beschreibt die letzten Taten des Mose. Er kann in fünf Abschnitte eingeteilt werden: In Abschnitt A legt Mose die Verpflichtungen dar, die den zukünftigen Leiter des Volkes Israels betreffen (5. Mose 31, 1 – 29). In diesem Zusammenhang wird Josua als der zukünftige Leiter des Volkes vorgestellt (5. Mose 31, 1 – 8). Außerdem verkündet Mose das Gebot, dass das Gesetz alle sieben Jahre zum Zwecke der Bundeserneuerung verlesen werden soll. Anschließend wird Josua eingesetzt (5. Mose 31, 14 – 23) und Mose gebietet, wie das Wort Gottes bewahrt werden soll (5. Mose 31, 24 – 29).
Abschnitt B (5. Mose 31, 30 – 32, 44) enthält das “Lied des Mose“. 5. Mose 31, 30 bildet die Einleitung zu diesem Lied, 5. Mose 32, 1 – 43 enthält das eigentliche Lied und 5. Mose 32, 44 stellt den Abschluss des Liedes dar.
Abschnitt C (5. Mose 32, 45 – 52) fasst noch einmal die besondere Bedeutung des Wortes Gottes zusammen. In diesem Zusammenhang ermahnt Mose das Volk noch einmal zum Gehorsam (5. Mose 32, 45 – 47). Anschließend wird der Tod des Mose angekündigt (5. Mose 32, 48 – 52).
Abschnitt D, der das ganze 33. Kapitel umfasst, enthält den Segen Moses über die Stämme Israels.
Der letzte Abschnitt – E – berichtet von dem Tod und von der Beisetzung des Mose.