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Ephesos: Blick vom Theater auf die Hafenstraße Foto: Hans Weingartz/Wikipedia
Im letzten Artikel dieser Serie über die sieben Sendschreiben (Offenbarung 2, 1 bis Offenbarung 3, 22) habe ich damit begonnen, Gründe aufzuzeigen, die Gläubige dazu veranlassen können, die “erste Liebe“ zu ihrem Erlöser zu verlassen.
In diesem Artikel setzen wir die Betrachtung dieser Gründe fort.
Das Sendschreiben an Ephesus
“Dem Engel der Versammlung in Ephesus schreibe: Dieses sagt, der die sieben Sterne in seiner Rechten hält, der da wandelt inmitten der sieben goldenen Leuchter: Ich kenne deine Werke und deine Arbeit und dein Ausharren, und daß du Böse nicht ertragen kannst; und du hast die geprüft, welche sich Apostel nennen, und sind es nicht, und hast sie als Lügner erfunden; und du hast Ausharren und hast getragen um meines Namens willen, und bist nicht müde geworden. Aber ich habe wider dich, daß du deine erste Liebe verlassen hast. Gedenke nun, wovon du gefallen bist, und tue Buße und tue die ersten Werke; wenn aber nicht, so komme ich dir und werde deinen Leuchter aus seiner Stelle wegrücken, wenn du nicht Buße tust. Aber dieses hast du, daß du die Werke der Nikolaiten hassest, die auch ich hasse. Wer ein Ohr hat, höre, was der Geist den Versammlungen sagt! Dem, der überwindet, dem werde ich zu essen geben von dem Baume des Lebens, welcher in dem Paradiese Gottes ist.“
Ephesus – der seelsorgerisch korrektive und auferbauende Aspekt (IV)
3) Ermahnung / Zurechtweisung (III)
Gründe, warum Gläubige die “erste Liebe“ verlassen (II)
Grund 2: Falsche Glaubenserwartungen
Ein zweiter, weit verbreiteter Grund für das Verlassen der ersten Liebe ist m. E. in falschen Lehren zu finden, mit denen Gläubige heute beeinflusst werden. Das Gebiet falscher, verführerischer Lehren ist sehr umfangreich und die Auseinandersetzung mit allen diesen Lehren kann nicht Aufgabe dieser kurzen Betrachtung sein. Ich werde mich daher auf eine Lehre konzentrieren, die nach meiner Überzeugung in besonders hohem Maße dazu beigetragen hat und noch dazu beiträgt, dass die erste Liebe in den Herzen vieler Christen nicht mehr so brennt, wie dies zu Beginn ihres Glaubenslebens der Fall war:
Falsche Glaubenserwartungen. Schaut man sich den “christlichen“ Büchermarkt an und analysiert, was im Internet an Predigten in gewissen christlichen Kreisen kursiert, so stößt man auf eine unüberschaubare Menge von Aussagen, die bei Christen falsche Glaubenserwartungen hervorrufen. Da ist die Rede von der weltweiten Erweckung, die kurz bevor steht, da ist die Rede von nie dagewesenen Wellen der Heilung und des Wohlstands, da berichten so genannte “Propheten“ von Zeichen, Wundern und Visionen, die in Kürze zum “Allgemeingut“ aller Gläubigen werden sollen. Verbunden werden diese Versprechungen meist mit irgendwelchen Bedingungen: Die angekündigte Erweckung wird Deutschland in Kürze erreichen – vorausgesetzt die Christen in Deutschland beten und fasten genug. Die Wellen der Heilung und des Wohlstands werden Europa in Kürze erfassen – vorausgesetzt die Christen in Europa haben endlich “genug Glauben“. Die angekündigten “hochgeistlichen“ Erfahrungen könnte jeder Gläubige bald selbst machen – vorausgesetzt man kauft das Buch des “Propheten“ XYZ und richtet sein Leben nach dessen Lehren ein.
In den vergangenen 30 Jahren bin ich – leider – immer wieder Christen begegnet, die auf so geschürte falsche Glaubenserwartungen hereingefallen sind. Um Missverständnisse zu vermeiden: Ich habe keinen Zweifel daran, dass Gott eine große Erweckung schenken kann, Menschen heilen kann, (Versorgungs-)Wunder tun kann und dies alles auch tut. Gott ist allmächtig und ich zweifle nicht daran, dass alle diese Dinge in Gottes Macht stehen. Aber Gott ist auch souverän und nur Er bestimmt, wann und wie Er diese Dinge tut. Das, was manche “Propheten“ als angeblichen “Plan Gottes“ verkünden, hat jedoch nichts mit dem Glauben an Gottes Allmacht zu tun, sondern stellt sich bei genauem Hinsehen als Auswuchs purer menschlicher Überheblichkeit dar.
Gläubige, die auf solche “Propheten“ hereingefallen sind, haben sich i. d. R. genau an die Bedingungen gehalten, die ihnen zum Erreichen des jeweiligen Ziels (Erweckung, Heilung, Wohlstand etc.) genannt wurden. Dabei haben sich viele dieser Menschen seelisch und glaubensmäßig verausgabt. Und trotz allem persönlichen Einsatz wurden die falschen Glaubenserwartungen am Ende nie erfüllt. In Gesprächen mit solchen Christen ist mir immer wieder aufgefallen, dass sie diese Glaubenserwartungen, die bei ihnen durch irgendwelche Predigten oder Bücher geschürt wurden, nie anhand ihrer Bibel überprüft, geschweigedenn hinterfragt hatten. Das aber wäre ihre Pflicht gewesen. Denn genau das ist es, wozu uns die Heilige Schrift auffordert:
“Und passt euch nicht diesem Weltlauf an, sondern verändert euer Wesen durch die Erneuerung eures Sinnes, um prüfen zu können, was der Wille Gottes sei, der gute und wohlgefällige und vollkommene.“
“(…) prüfet aber alles. Das Gute behaltet, enthaltet euch des Bösen in jeglicher Gestalt!“
Für Christen gibt es nur einen einzigen Maßstab, an dem sie prüfen können, ob etwas dem Wort Gottes bzw. Seinem Willen entspricht. Dieser Maßstab ist die Heilige Schrift. Die ersten Christen in Beröa hatten dies erkannt. Selbst die Aussagen des Apostels Paulus prüften sie anhand des ihnen vorliegenden Alten Testaments:
“Diese aber waren edler gesinnt als die zu Thessalonich, indem sie das Wort mit aller Bereitwilligkeit aufnahmen und täglich in der Schrift forschten, ob es sich also verhalte.“
Nur so werden Gläubige zu reifen Christen und sind nicht mehr
“(…) Unmündige (…), umhergeworfen und herumgetrieben von jedem Wind der Lehre, durch die Spielerei der Menschen, durch die Schlauheit, mit der sie zum Irrtum verführen (…)“
Bei jenen Gläubigen, die vorbehaltlos die genannten Erwartungen (Erweckung, Heilung, Wohlstand etc.) zum Fokus ihres Glaubens und Lebens gemacht hatten, konnte ich i.d.R. dann immer ein und dieselbe Reaktion feststellen: Nachdem die (ungeprüften!) hohen Erwartungen enttäuscht wurden, äußerten diese Christen zuerst: “Aber ich habe doch alles getan, was von mir verlangt wurde. Wenn Gott darauf nicht reagiert, dann liegt es an Ihm!“ und in der Folge davon gaben sie ihr Glaubensleben auf. Der Gedanke, dass sie selbst die geschürten Erwartungen anhand der Heiligen Schrift hätten überprüfen müssen, kam ihnen nicht. Viele von ihnen waren auch – entgegen den Aussagen des Neuen Testaments – gelehrt worden, dass sie alles ungeprüft anzunehmen hätten, was ihnen von irgendeinem Prediger mündlich oder schriftlich vermittelt werde. Manche waren sogar dergestalt eingeschüchtert worden, dass sie, falls sie die Lehre oder Predigt ihres “geistlichen Leiters“ anhand der Bibel überprüften, dem Heiligen Geist widerstehen würden. Dabei ist es doch der Heilige Geist, der die Worte in 1. Thessalonicher 5, 21 – 22 inspiriert hat und uns – wie wir gesehen haben – auffordert:
“(…) prüfet aber alles. Das Gute behaltet, enthaltet euch des Bösen in jeglicher Gestalt!“
Eine Überprüfung besagter Predigten/Bücher etc. hätte dann z.B. ergeben, dass viele der Bibelstellen, die solche “Propheten“ zur Untermauerung ihrer “Prophetien“ heranziehen, überhaupt nichts mit der Versammlung (= Gemeinde/Kirche) zu tun haben, sondern sich häufig auf das Volk Israel und die Zeit des Millenniums beziehen. Wenn wir jedoch Segnungen erwarten, die Gott gar nicht für uns vorgesehen hat, dann müssen wir uns nicht wundern, dass wir enttäuscht werden. Wir müssen unsere Bibel nicht nur lesen, sondern sie gründlich studieren:
“Befleißige dich, dich selbst Gott bewährt darzustellen als einen Arbeiter, der sich nicht zu schämen hat, der das Wort der Wahrheit recht teilt.“
Das Wort Gottes “recht zu teilen“ bedeutet, dass wir unterscheiden. Wir müssen unterscheiden zwischen der Versammlung (= Gemeinde) und dem Volk Israel. Wir müssen auch unterscheiden zwischen der Versammlung (= Gemeinde) und dem Reich Gottes. Außerdem müssen wir die Heilszeitalter unterscheiden. Gelten gewisse Aussagen der Versammlung (= Gemeinde), dann dürfen wir sie in Anspruch nehmen. Oder gelten gewisse Verheißungen dem Volk Israel, dann haben wir als Christen nichts damit zu tun. Und selbst wenn uns als Christen gewisse Verheißungen gelten, so müssen wir uns fragen, ob sie uns in diesem oder im zukünftigen Heilszeitalter gelten: Die Christen in Korinth waren sich der Tatsache bewusst, dass sie als Gläubige dazu berufen waren, mit Christus zusammen zu herrschen. Doch sie hatten vergessen, dass diese Berufung für die Zeit des Millenniums gilt, nicht für ihre Lebenszeit auf dieser Erde (2. Timotheus 2, 12; Offenbarung 5, 10; Offenbarung 20, 4 + 6; Offenbarung 22, 5). Ihr Verhalten war dementsprechend falsch und der Apostel Paulus musste sie deswegen zurechtweisen. Die einzige Herrschaft, die der Gläubige in diesem Leben aufgrund des Erlösungswerkes Christi ausüben kann, ist die Herrschaft über die Sünde (Römer 5, 17). Doch genau diese Herrschaft übten die Gläubigen in Korinth nicht aus. Zahlreiche Sünden waren dort offenbar, wegen derer sie der Apostel zur Umkehr aufrufen musste.
Wenn wir das Wort Gottes nicht “recht teilen“, d.h., nicht unterscheiden, wem welche Verheißungen, Bünde, Gebote etc. gelten, dann muss unser Glaube zwangsläufig immer wieder enttäuscht werden. Da falsche Lehren aber auch immer eine falsche Lebensweise nach sich ziehen, wird auch unser Zeugnis als Christen in dieser Welt darunter leiden.
Im nächsten Artikel werde ich auf die Frage eingehen, welche Hilfen uns das Wort Gottes an die Hand gibt, damit wir uns in der ersten Liebe zu Gott erhalten können.